Empfehlung in Frankreich: Ohne Burka in die Metro
Ein generelles Verbot der Vollverschleierung wird es in Frankreich nicht geben, so die "Burka-Kommission". Jedoch soll es mit verhülltem Gesicht keinen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen geben.

Wieviele Frauen in Frankreich Burka oder Nikab tragen, ist unklar. Bild: dpa
Die französische "Burka-Kommission" lüftete am Montag den Schleier und veröffentlichte nach monatelangen Beratungen und Hearings ihre Empfehlungen. Bis zum Schluss gehen die Meinungen zur Frage, ob die integrale Verschleierung mit einer Burka oder einem Nikab gesetzlich verboten werden müsse, auseinander.
Die aus allen im Parlament vertretenen Parteien zusammengesetzte Kommission unter Leitung des Kommunisten André Gérin und des Abgeordneten Eric Raoult von der Regierungspartei UMP konnte oder wollte sich jedenfalls nicht auf das generelle Burka-Verbot einigen, wie es vor allem andere Vertreter der Regierungspartei und speziell der UMP-Fraktionschef Jean-François Copé eindringlich gefordert hatten.
Die Divergenzen gehen jedoch quer durch die Parteien. So fordert beispielsweise der Sozialist Manuel Valls ein striktes Verbot, während seine Parteikollegin Sandrine Mazetier der Meinung ist, die heutigen Gesetze seien durchaus ausreichend, um gegen frauenfeindliche Schleierpraktiken religiöser Extremisten vorzugehen.
Copé hatte mit Unterstützung von Premierminister François Fillon ein generelles Verbot verlangt und bereits vor Abschluss der Kommissionsarbeiten eine entsprechende Vorlage für diesen Monat angekündigt. Er hat damit die durch das schweizerische Minarettverbot noch angeheizten internen Spannungen in der Regierungsmehrheit in dieser brisanten Debatte zusätzlich verschärft. Sein Parteikollege Bernard Accoyer, der Vorsitzende der Nationalversammlung, kritisierte Copés übereilten Vorstoß. Denn gerade in einem so heiklen Bereich, in dem es um die Glaubensfreiheit gehe, wäre ein breiter Konsens erwünscht gewesen.
Kommissionspräsident Gérin, der als einer der Ersten Alarm geschlagen hatte, als in seinem Lyoner Vorort Vénissieux jene ganz in Schwarz verhüllten Gestalten auftauchten, hofft weiterhin, dass vor der Verabschiedung einer Gesetzesvorlage sämtliche Parteien einer feierlichen Erklärung zustimmen, in der gesagt werden soll, dass eine völlige Verschleierung in Frankreich "nicht willkommen" sei, wie sich auch Staatspräsident Nicolas Sarkozy ausgedrückt hatte.
Die Kommission schlägt statt eines pauschalen Verbots vor, dass mit einem verhüllten Gesicht der Zugang zu öffentlichen Diensten und Einrichtungen (Behörden, Krankenhaus, Schule, Uni, Sozialdienste) und auch in den Verkehrsmitteln zukünftig untersagt wird. Auch das Lenken eines Fahrzeugs wäre mit einem Vollschleier nicht zulässig. Diese gezielten Restriktionen sollen nicht nur gewisse verfassungsrechtliche Einwände entkräften, sondern auch den Eindruck vermeiden, dass es sich um eine gegen den Islam gerichtete Beeinträchtigung der Religionsfreiheit handle. Copé hält an seinem strikten Verbot fest. Er sagte gestern zum Kompromiss der Kommission, er sehe nicht ein, weshalb der Schleier in einem Bus verboten sein soll, nicht aber auf der Straße.
Wie viele Frauen in Frankreich einen totalen Schleier von Typ Burka oder Nikab tragen, der höchstens einen Sehschlitz offen lässt und anderen wie ein unheimliches "Gefängnis aus Stoff" vorkommen muss, bleibt unklar. Ein erster Bericht des polizeilichen Nachrichtendienstes der "Renseignements Généraux" sprach von knapp fünfhundert. Das Innenministerium schätzt ihre Zahl mittlerweile auf fast zweitausend.
Leser*innenkommentare
Brigitte
Gast
@Martin
wenn ich von meinem Motorrad absteige, nachdem ich gefahren bin und z.B. in der Tankstelle bezahen moechte und den Helm nicht abnehme, loese ich dort einen Alarm aus wg. Ueberfallgefahr. Fuer mich ist die Burka eine Vermummung und vermummt darf ich weder in oeffentlichen Gebaeuden sein, noch darf ich vermummt Autofahren oder im Zug sitzen. Die Helmpflicht, die ein Ueberlebensschutz ist, als Vermummung hinzustellen, ist schon ziemlich daneben... den Brautschleier... nunja...
Ich, als Frau fuehle mich unwohl, wenn ich einer vollverschleierten Frau (?) begegne. Zum einen, weil ich nicht weiss, ob diese es wirklich freiwillig tut und wenn das der Fall ist, ich ihr in keinster Weise helfen kann und zum anderen, weil ich davon ausgehen muss, dass diese Frau oder ihre maennlichen Begleiter mich und andere unverschleierte Frau als H.ren ansehen....
aso
Gast
@ rolfmueller:
„...Eine Burka-Frau, die keine Burka mehr tragen darf, kann das Haus nicht mehr verlassen..“:
Dabei heißte es doch immer, sie täten es „freiwillig“...
Jedenfalls ein Grund mehr, um umso energischer gegen solche vorsintflutlichen patriachalischen Traditionen vorzugehen,
die für eine wenig Artgerechte Haltung von Frauen in Minizelten, oder ersatzweise Hausarrest stehen. Von Bedrohungen wie Ehrenmord ganz zu schweigen.
Diese Art von „Folklore“ sollte nicht wieder in Europa eingeführt werden.
Migranten haben sich den landesüblichen Sitten anzupassen, und nicht umgekehrt.
NADI
Gast
Wieviele Frauen in Frankreich tragen eine Burka? Ich kann mich nicht erinnern, dort überhaupt eine einzige gesehen zu haben. Und wenn ich richtig informiert bin, tragen fast nur pathanische Frauen so ein Kleidungsstück. Ich habe ja große Sympathien für Frankreichs neutralen Staat, aber hier wird mit Raketen auf Spatzen gefeuert.
rolfmueller
Gast
Was diesen ganzen "Feministen" um Sarkozy offenbar egal ist: Eine Burka-Frau, die keine Burka mehr tragen darf, kann das Haus nicht mehr verlassen.
Max Kasparek
Gast
ich stimme HUBERtus vollkommen zu,
ein solches Gesetz würde nämlich wohl kaum dazu beitragen Frauen, die die Burka unter zwang tragen, davor zu schützen. Vielmehr kann ein solcher Schutz doch wirklich nur von der Gesellschaft ausgehen, wie Hubertus schon richtig anmerkte. Aber wie soll die Gesellschaft denn in solch einem Fall dazu gebracht werden ihrer Empörung darüber Luft machen wenn sie nicht mit diesem Problemen in Krankenhäusern, Schulen etc. konfrontiert werden? Die Wahrheit ist doch dass heutzutage die meisten nur noch aktiv werden wenn sie Probleme oder Missstände direkt vor ihrer Nase haben.
Was ein solches Gesetz für die Integration dieser Frauen bedeuten würde kann sich wohl jeder denken.
Schutz von Frauen die diese und andere Missstände ertragen müssen gerne und sofort - Aber dieses Gesetz ist mehr als ein Schritt in die falsche Richtung
Else
Gast
Es wird immer schlimmer in Europa, zuerst wird das Kreuz im Klassenzimmer verboten und jetzt dürfen Muslima sich nicht mehr verschleiern, wann hören diese Eingriffe gegen die Religionsfreiheit endlich auf?
Immer mehr Leuten werden ihre Traditionen verboten...
Stefan
Gast
Unglaublich dass die Umfrage hier >60% Zustimmung zeigt.. Wer ist denn hier eigentlich unterwegs?
HUBER tus
Gast
Es geht den französischen Staat einen Scheißdreck an, ob die Frauen eine Burka tragen oder nicht.
Wenn die betreffenden Frauen dies unter Zwang tun, ist vielmehr die Unterstützung der Bevölkerung gefragt, als ein paar Statements von einzelnen Politikern.
Auch in Deutschland braucht man immer ein Gesetz, was den Menschen vorschreibt wie sie sich zu verhalten haben.
Warum werden die unterdrückten Frauen nicht von den Menschen in ihrem Lebensumfeld unterstützt? Durch Diskussion und aktive Hilfe wären viele Ungerechtigkeiten schon längst beseitigt - ein Gesetz hilft da gar nichts.
Gordon
Gast
The real problem:
Many people in Europa can no longer see the difference between Muslims and Islamic Fundamentalists.
The future? Racism, witch-hunts, religions being sent underground by rabble-rousing politicians, thugs attacking mosques?
My personal experience with Muslims has always been fine; I don't start having panic attacks when I see head-scarved women in the U-bahn.
People have other problems oder?
Peace, G
Martin
Gast
Wenn man religiöse Unterdrückung von Frauen bekämpfen will, dann bitte in allen Religionen. Also auch Sanktionen gegen die katholische Kirche mit ihrem Berufsverbot für Frauen.
Olivier Djappa
Gast
Sollte dieses Verbot tatsächlich Gesetz werden, fahre ich sofort nach Frankreich und mache dort von meinem gottgegeben Recht Gebrauch, mich wo ich will, wann ich will nach Herzenslust zu vermummen, zu verschleiern und in jedwede Tücher zu wickeln. Sollen sie mich doch einsperren, diese unaufgeklärten Fremdenhasser. Vive la liberté!
Olivier Djappa
Gast
Der Irrglaube, dass man mit Verboten Freiheit schaffen könne, scheint weit verbreitet. Das Gegenteil ist der Fall. Dieses Verbot soll ausgrenzen, polarisieren und vor allem einer dumpfen, unbegründeten Angst vieler Europäer Rechung tragen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, Menschen, die älter als 18 Jahre sind, vorzuschreiben, wie diese sich wo zu kleiden haben. Das geht den Staat nichts an.
Schleierschnecke
Gast
Gilt das auch für Nonnen und Hindu-Frauen ?
Egal, auf auf Europa:
im Leitkultur-Gleischschritt...Marsch !!!
eppelein
Gast
Da Verhüllung nix mit Koran zu tun hat ist das völlig richtig und überfällig. in Europa bleibt das Gesicht frei!!! Lernt von Tunesien!
Marcello
Gast
Wir müssen nicht vergessen dass der Burka auch eine kulturelle Komponente ist und eine persönliche Entscheidung sein muss.
Ansonsten würde ich gerna auch Handys, Autos, Plastik usw. verboten - oder ?
Wir brauchen mehr Fähigkeit zum Vergleich, wenn wir mit andere Leute in Einigkeit leben wollen.
Duda
Gast
Ist denn Ausgrenzen wichtiger als Eingliedern?
Ist es hilfreich Konflikte mit neuen Gesetzen zu schüren, anstatt mehr in Bildung und soziale Betreuung zu investieren, damit die nachfolgende Generation die Verhüllung aus eigener Erkenntnis und Emanzipation ablegt?
clementine
Gast
Gut so. Schön, dass die Franzosen sich den Laizismus nicht ausreden lassen.
Myrna4Loy
Gast
Die Krawatte als Symbol einer gedemütigten Männlichkeit im maroden Matriarchat des spätkapitalistischen Europa soll fürderhin nicht mehr als toleriertes Mahnmal, sondern in seiner Verabscheuungswürdigkeit gänzlich den Blicken aufgehetzter Weiber an öffentlichen Plätzen entzogen werden.
gez. Orandschade
keetenheuve
Gast
Also hat die islamophobe Alice Schwarzer vielleicht doch recht? "Der Islam als (politische Strategie) ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts"
http://www.aliceschwarzer.de/aktuelles.html
Dann wäre das Burkaverbot jedenfalls zu begrüßen.
kyle
Gast
Neulich habe ich ein kleines Mädchen (ca.6-8) mit Kopftuch gesehen. Ich finde das sollte viel eher verboten werden.
G. H. Pohl
Gast
Burka, Schador und Kopftuch sind gezielte Erniedrigungen für Frauen und Mädchen.
So lange in islamischen Ländern – wie kürzlich wieder im Sudan – Frauen für das Tragen von
Hosen oder zu kurzen Röcken Auspeitschungen oder sonstigen Mißhandlungen unterworfen sind, kann ich den praktizierten Islam nicht respektieren, wobei dies nur die geringeren Übel sind… ( Hand abhacken als Strafe für Diebe etc. ) Ich plädiere für ein grundsätzliches Verbot der o.a. „Kleidungsstücke“ in der westlichen Welt.
Martin
Gast
... einer geht noch:
Gäbe es dann Sondergenehmigungen für Bräute, die mit Schleier die Kirche betreten wollen?
Martin
Gast
Ich muß ergänzen:
"Auch das Lenken eines Fahrzeugs wäre mit einem Vollschleier nicht zulässig."
Somit wären verspiegelte Helmvisiere oder Sturmhauben im Winter für Motorradfahrer generell beim Fahren verboten.
Martin
Gast
Und was passiert dann mit einem Skifahrer, der mit Mütze, Sonnenbrille und Schal bis übers Gesicht eine öffentliche Seilbahn betritt? Was mit einem Motorradfahrer mit Helm und Sturmmaske, der auf eine Fähre fährt?
Majo
Gast
Und das ist auch richtig so, weil im öffentlichen Raum niemand vermummt unterwegs sein sollte. Eine ganz einfache selbstverständliche Höflichkeit, oder ?