piwik no script img

Kommentar Bundespräsidenten-WahlIn der Sackgasse eingerichtet

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Einen einen Kandidaten für die Bundespräsidenten-Wahl müsste die SPD zusammen mit der Linkspartei wählen - und das traut sie sich nicht.

Bild: taz

Stefan Reinecke ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.

Wollen hätte sie schon gekonnt, aber dürfen hat sie sich nicht getraut - oder verhält es sich umgekehrt? So ungefähr kann man beschreiben, wie sich die SPD zu einer möglichen Wiederwahl von Horst Köhler verhält.

Eigentlich würde sie gern einen eigenen Kandidaten aufstellen, denn die schwarz-gelbe Mehrheit für Köhler ist hauchdünn und nach der Landtagswahl in Bayern vielleicht ganz perdu. Aber den müsste sie zusammen mit der Linkspartei wählen - und das traut die SPD sich nicht. Denn sie hat ja, unter der Führung ihres Vorsitzenden Kurt Beck, für 2009 jede Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen. Wenn sie nun bei der Bundespräsidentenwahl mit Lafontaine gemeinsame Sache macht, blinkt sie in die falsche Richtung.

Die Wahl des Bundespräsidenten hat in der Geschichte, etwa im Fall von Gustav Heinemann 1969, schon oft den politischen Wechsel vorweggenommen. Deshalb müsste die SPD erklären, warum sie mit der Linkspartei einen Bundespräsidenten wählen, aber keinesfalls mit ihr regieren will. Das Gestotter kann man sich lebhaft vorstellen.

Die konfuse Debatte in der SPD um Köhler zeigt, dass die Partei aus dem Glaubwürdigkeitsdesaster in Hessen die falsche Schlussfolgerung gezogen. Oder vielmehr: gar keine. Mit ihrem kategorischen Nein zur Linkspartei im Bund hat sie sich ohne Not selbst die Sackgasse gebaut, in der sie nun steckt. Dabei ist die Köhler-Wahl nur die Ouvertüre zur Bundestagswahl 2009. Denn auch dann gilt: Wenn die FDP nicht mit der SPD will, bleibt der SPD nur die letzte Ausfahrt große Koalition.

Was bleibt? Entweder die SPD bringt die Courage auf, von ihrem Fundi-Nein zur Linkspartei im Bund abzurücken und so die Linkspartei nebenher gehörig unter Druck zu setzen. Oder sie wird, murrend und widerwillig, Horst Köhler wiederwählen.

Sie wird dies widerwillig tun - nicht, weil Horst Köhler ein unbrauchbarer Präsident ist. Sondern weil die symbolische Aussage dieser Wahl klar ist: Die Weichen stehen auf eine Fortsetzung der großen Koalition. Jenseits davon hat die SPD kaum eine machbare Perspektive. Eine ziemlich deprimierende Botschaft für die Sozialdemokratie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!