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Kommentar Bund der VertriebenenVertrautes völkisch-dumpfes Gelände

Kommentar von Christian Semler

Viele Vertriebenenfunktionäre verurteilen im ersten Satz das Naziregime, im zweiten relativieren sie seine Verbrechen. So entziehen sie dem BdV die Legitimation.

D eutsche Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg? Moment mal, Frankreich und England sind mitschuldig, sie warteten nur auf die Gelegenheit, uns den Krieg zu erklären! Millionenfache Zwangsarbeit im Nazireich? Und was war mit den deutschen Zwangsarbeitern nach 1945? Der deutsche Angriffs- und Vernichtungskrieg als ursächlich für die spätere Flucht und Vertreibung der Deutschen? Oh nein, die Polen und Tschechen packten nur die Gelegenheit beim Schopf, endlich die Deutschen loszuwerden.

Diese gesammelte geschichtsklitternde, die Naziverbrechen kleinredende Suada konnte man von zwei Mitgliedern des Stiftungsrates hören, die der Bund der Vertriebenen (BdV) in den Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung,Versöhnung" entsandt hat.

Die Entrüstung, die danach über die beiden Stiftungsmitglieder hereinbrach, hat keineswegs zu deren Versuch geführt, Spuren zu verwischen. Im Gegenteil! Sie trumpfen mit jedem Interview weiter auf, hierin bestärkt durch ihre Chefin Erika Steinbach, die uns erklärt, hier würde nur auf sattsam bekannte historische Fakten hingewiesen.

Der Autor

Christian Semler ist langjähriger Mitarbeiter der taz.

Vorbei die Zeit, als Erika Steinbach sich als Vorreiterin für die universelle Geltung der Menschenrechte gerierte und damit auch Zuspruch bei liberalen Geistern fand. Jetzt landet der BdV wieder auf vertrautem völkisch-dumpfen Gelände.

Denn was uns die beiden Ratsmitglieder mitteilten, war keineswegs Produkt einer irrelevanten Restgruppe von "Ewiggestrigen", wie man früher die obstinaten Nazis nannte. Solche Ansichten gehören zum über die Generationen hinweg tradierten Bestandteil des Geschichtsbildes vieler (nicht aller!) Vertriebenenfunktionäre. Im ersten Satz wird das Naziregime verurteilt, im zweiten werden seine Verbrechen relativiert. Gegenüber diesem Sachverhalt verweisen die Vertriebenenfunktionäre voller Stolz auf ihre Charta von 1950 als Ausweis ihrer Friedfertigkeit und ihres Versöhnungswillens.

Tatsächlich können die heutigen BdV-Dumpfbacken sich mit einigem Recht auf dieses Dokument stützen. Wird in ihm doch die nazistische Vorgeschichte der Vertreibungen und damit deren Ursache vollständig ausgeblendet. Und den deutschen Vertriebenen eine singuläre Opferrolle zuerkannt. Gerade dies aber und nicht etwa die legitime Forderung, an das Leid der Vertriebenen zu erinnern, ist nach wie vor der politische Daseinsgrund des Bundes der Vertriebenen.

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12 Kommentare

 / 
  • X
    xXx

    Tja, die Polen hatten auch allen Grund die Deutschen loswerden zu wollen... wie oft hätten sie den polnischen Staat denn noch auseinanderreissen wollen, die Intelligenz zum Auswandern zwingen wollen???? Mal ein bisschen über polnische Geschichte lesen, würde Ihnen allen gut tun!

     

    Ignoranten...

  • P
    Peter

    ....die, die gegen die Relativierung sind (z.B. Holocaust) sind bei dem Thema der Vertriebenen für die Relativierung. Immer wie´s (links und grün) gefällt!?

  • K
    K.G.

    Schade, einen so eindimensionalen, die alten Parolen der 80er wiederholenden Kommentar vom revanchistischen Deutschen (diesmal als BDV-Schreck) und dem osteuropäischen Gutmenschen hatte ich hier gar nicht erwartet. Die sudentendeutsch-tschechische Geschichte vor 1933 liest schon eher wie der Prolog zum Bürgerkrieg als zur Völkerverständigung. Dann bei der Vertreibung und Ermordung singulär auf Vergeltung von Weltkriegsgreul zu setzten scheint mir arg blauäugig.

    Was fehlt: Eine eindeutige und uneingeschränkte Entschuldigung für das Unrecht der Vertreibung und für die dazu (scheinheilig) erlassenen völkerrechtswidrigen "Gesetze". Was ist denn daran so schwer?

    Hat nicht gerade Deutschland der Welt gereigt, wie man mit unsäglichen Verbrechen der Vergangenheit umgehen kann (auch wenn nie alles getan sein wird). Das Unrecht der Vergangenheit wird erst zur Ruhe kommen, wenn die Schuld eingestanden ist und tatkräftig um Vergebung gebeten wird. Unrecht hebt sich nicht gegenseitig auf. Es verschwindet nicht. Es kann nur vergeben werden. Positiv betrachtet ist der BDV genau um diese Versöhnung bemüht. Darauf können wir nicht verzichten.

  • S
    stefan

    "Tatsächlich können die heutigen BdV-Dumpfbacken sich mit einigem Recht auf dieses Dokument stützen. Wird in ihm doch die nazistische Vorgeschichte der Vertreibungen und damit deren Ursache vollständig ausgeblendet."

     

    Man darf dabei aber nicht vergessen, daß es sich hier um Betroffene, ja oft auch traumatisierte Menschen handelt. Man kann von solchen Menschen nicht erwarten, daß sie distanziert und neutral sprechen. Sie habe ein Recht zu einer gewissen Einseitigkeit und die Dinge aus ihrer Warte zu sehen. Es ist schon erschreckend wie herzlos und verständnislos gerade linke Politiker und Journalisten gegenüber solchen Schicksalen sind, die sonst soviel Mitgefühl und Anteilnahme für ähnliche Schicksale sei es in Bosnien, Kovovo, Palästina oder Dafur vorgeben. Wer sein Mitgefühl von der Nationalität der Opfer abhängig macht, zeigt nur, daß er gar kein echtes Mitgefühl besitzt sondern in den Schicksalen nur Bestätigung für sein ideologisches Gedankengut sucht.

  • K
    kd0627

    Der Autor ist zu entschuldigen!

    Wahrscheinlich....

     

    ....als Abiturient eines Kurzschuljahres mit viel Unterrichtsausfall und dann noch Studium der Soziologie und Gesellschaftswissenschaften an der FU Berlin.....

     

    Kultivierung von Feindbildern hat er sicherlich gelernt, aber ein differenziertes Urteilsvermögen?

     

    Der Kommentar spricht nicht für Letzteres!

  • B
    bambi

    Mag sein,das den Deutschen 1919 übel mitgespielt wurde.Aber den 2.Weltkrieg haben die Deutschen nun mal vom Zaun gebrochen. Man kann Unrecht nicht mit größerem Unrecht egalisieren.Man kann geflissentlich darüber diskutieren, aber Fakt ist,das Tschechen und Polen die deutschen Besatzer nun mal vertrieben haben.Ich bin fest davon überzeugt,andersrum hätten die Deutschen genauso gehandelt.

    Als beendet diese unsinnigen Diskussionen !

  • A
    Atan

    Man muss die Vertriebenenverbände nicht mögen, und es gibt inzwischen durchaus auch Stimmen, die diesen Verbänden ihr "Vertretungsmonopol" absprechen, die historische Größe aber, eben explizit aus gewaltsamen Revanchismus zu verzichten, sollte man anerkennen.

    Von daher erscheint mir die Kritik reichlich kleinkariert, denn die Welt ist nun mal voll von Vertriebenen, die ihren wesentlichen Zweck darin sehen, auch mit Gewalt die alte Heimat zurückzuerobern.

    Wie hätte die "Erfolgsgeschichte BRD" funktionieren können, wenn 18 Millionen Vertriebene z.B. ständig zum bewaffneten Kampf für die alte Heimat aufgerufen hätten?

  • M
    Martin

    mal wieder ein sehr einfaches Geschichtesbild, und das von einem Linken der sonst gern alles durchleuchtet bis am Ende immer das Kapital oder der Faschismus oder beide als Ursache herauskommen.. wiederlich...

  • TS
    Thomas Sch.

    Es heißt immer, Unrecht darf nicht gegen Unrecht aufgerechnet werden. Auf diesen hehren Anspruch folgt meistens, daß genau das dann doch getan wird, indem aus der Tatsache, daß, falls man Deutscher und Vertiebener war, genau aus dieser Kombination ein Mitschuldautomatismus getrickt wird. Meine Eltern waren in der Kriegszeit Kinder, bzw. Jugendliche also wohl hinreichend unverdächtig genug, an Kriegsgreul beteiligt gewesen zu sein. Und die sollen trotzdem irgendwie (wie ?) mitschuldig daran sein, daß sie aus Ostpreußen oder dem Sudetenland vetrieben worden sind ? Bin ich als Schreiber dieser Zeilen irgendwie mitschuldig daran, daß zur Zeit meines Lesebriefes hier in Dafur irgendwelche Reiterhoden gerade Kinder zerhacken ? Bin ich da jetzt irgendwie mitschuldig daran ? Wie denn, bitteschön ? Mein Einfluß auf marodierende Reiterhorden im Sudan jetzt ist genauso groß wie der Einfluß sudendeutscher Jungs oder ostpreußischer Mädchen auf die nationalsozialistische Regierung damals.

  • L
    Luftschloss

    „Oh nein, die Polen und Tschechen packten nur die Gelegenheit beim Schopf, endlich die Deutschen loszuwerden.“

     

    War es den nicht so? Geschichte vor 1933 mal ohne Scheuklappen lesen.

     

    „Im ersten Satz wird das Naziregime verurteilt, im zweiten werden seine Verbrechen relativiert.“

     

    Wo wird den relativiert. Reden sie doch kein Quatsch, Tatsachen bleiben Tatsachen. Wann jemand was erwähnen das ist seine persönliche Sache und außerdem, wenn sie vertrieben worden wären würden sie sicher auch öfters drüber reden. Gott sei dank blieb es Ihnen erspart. Das ist aber kein Grund die BDVler zu kritisieren nur weil sie das machen was sich keiner mehr in Deutschland traut. Auf dem Unrecht welches Deutschen widerfahren ist aufmerksam zu machen. Das hat die Linke ja noch nie gemacht.

  • A
    A.Grech

    Ich seh hier kein Problem. Es muss nicht jeder die politisch-korrekte Mainstream-Meinung vertreten. Über Ursache und Wirkung bei sozialen Sachverhalten kann man nun mal - mangels wirklich fundiertem Wissen - beliebig lange streiten.

  • JR
    Josef Riga

    Sie reden immer von der nazistischen Vorgeschichte der Vertreibungen, so als ob damit alles geklärt sei. Aber jede Vor-geschichte hat auch wieder eine Vor-Geschichte. Und die besagt z. B. dass in den Nationalstaaten seit 1919 nationale Minderheiten -wie die Deutschen in Polen oder der CSR- einen schweren Stand hatten. Den Deutschen ist 1919 schweres Unrecht geschehen, ihr Fehler war nur, dass sie dachten, die Nazis könnten das mit ihren Methoden wieder gerade rücken, Leider machten die nur alles noch viel schlimmer. Aber "unschuldig" sind die Tschechen und Polen natürlich genauso wenig wie irgendwelche anderen Menschenkinder. Oder glauben Sie an ein besonderes Unschuldsgen für Nichtdeutsche bzw. eine Art Erbschuld für deutsche Menschen?