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Kommentar BrennelementesteuerKluge Regierungstaktik

Kommentar von Jochen Stay

Jeder, der jetzt über die neue Steuer jubelt, stärkt diejenigen, die den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke wollen. Stattdessen muss jetzt der Druck für die Stilllegung erhöht werden.

B undesregierung und Stromkonzerne ringen um die Einführung einer Brennelementesteuer für Atomkraftwerke. Eine Verknüpfung der neuen Steuer mit Laufzeitverlängerungen für die AKWs ist in Union und FDP umstritten. Es ist noch nicht einmal ausgemacht, ob und wie lange die Reaktoren länger betrieben werden.

In dieser Situation ist es fahrlässig, wenn die Opposition die geplante Brennelementesteuer lobt. Zwar klingt es reizvoll, auf diese Weise die Gewinne der Atomstromer zu schmälern; doch Voraussetzung für diese Steuer ist der Weiterbetrieb der AKWs, und der lässt die Einnahmen der Konzerne explodieren.

Die Regierungsparteien sind in der Atompolitik tief gespalten. An der Basis von Union und FDP werden die atomkritischen Stimmen immer lauter. Das Asse-Desaster hat auch in konservativen Kreisen das Vertrauen auf die Lösbarkeit des Atommüllproblems nachhaltig erschüttert.

Jochen Stay

ist freier Autor und Aktivist in der Anti-Atom-Bewegung. Er ist Sprecher der Anti-AKW-Initiative "ausgestrahlt". Mehr unter: www.ausgestrahlt.de

Der letzte Strohhalm für die Konzerne heißt in dieser Situation Norbert Röttgen. Sein Kurs einer "maßvollen" Laufzeitverlängerung als angebliche "Brücke" zu den Erneuerbaren, verbunden mit einer Brennelementesteuer, die Milliarden in die öffentlichen Kassen spült, kann als Kompromiss verkauft werden, der die Anhänger der Regierungsparteien zufriedenstellt. Er ermöglicht aber gleichzeitig, alle AKWs weiterzubetreiben bis zur nächsten Verlängerungsdebatte in ein paar Jahren.

Jeder, der jetzt der neuen Steuer zustimmt, stärkt diejenigen, die den Weiterbetrieb wollen. Bleibt dagegen der gesellschaftliche Druck erhalten, indem sich die atomkraftkritischen Kräfte klar und deutlich der Röttgen-Linie verweigern, dann kann nicht nur eine Laufzeitverlängerung verhindert werden, sondern die Stilllegung zahlreicher AKWs wird möglich.

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2 Kommentare

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  • S
    Sponti

    Kluger Kommentar!

     

    Die Brennelementesteuer kann nur in Verbindung mit verlängerten Betriebszeiten durchgesetzt werden, sonst wäre das ein Ausbruch aus dem Atomkonsens ohne Gegenleistung. So viel juristisches Verständnis besitzen nicht viele AtomkraftgegnerInnen.

  • V
    vic

    Diese sogenannte Steuer wäre das Ende des Atomausstiegs. Das ist nur ein Dienst an den Befürwortern und Konzernen, und ein Placebo für die zahlreichen Ausstiegsbefürworter.

    Stattdessen muss am Atomausstieg festgehalten werden und den Konzernen rückwirkend und künftig alle Transport, Rückbau, Versuchs- und "Endlager" Kosten auferlegt werden.