Kommentar Brennelementesteuer: Kluge Regierungstaktik
Jeder, der jetzt über die neue Steuer jubelt, stärkt diejenigen, die den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke wollen. Stattdessen muss jetzt der Druck für die Stilllegung erhöht werden.
B undesregierung und Stromkonzerne ringen um die Einführung einer Brennelementesteuer für Atomkraftwerke. Eine Verknüpfung der neuen Steuer mit Laufzeitverlängerungen für die AKWs ist in Union und FDP umstritten. Es ist noch nicht einmal ausgemacht, ob und wie lange die Reaktoren länger betrieben werden.
In dieser Situation ist es fahrlässig, wenn die Opposition die geplante Brennelementesteuer lobt. Zwar klingt es reizvoll, auf diese Weise die Gewinne der Atomstromer zu schmälern; doch Voraussetzung für diese Steuer ist der Weiterbetrieb der AKWs, und der lässt die Einnahmen der Konzerne explodieren.
Die Regierungsparteien sind in der Atompolitik tief gespalten. An der Basis von Union und FDP werden die atomkritischen Stimmen immer lauter. Das Asse-Desaster hat auch in konservativen Kreisen das Vertrauen auf die Lösbarkeit des Atommüllproblems nachhaltig erschüttert.
ist freier Autor und Aktivist in der Anti-Atom-Bewegung. Er ist Sprecher der Anti-AKW-Initiative "ausgestrahlt". Mehr unter: www.ausgestrahlt.de
Der letzte Strohhalm für die Konzerne heißt in dieser Situation Norbert Röttgen. Sein Kurs einer "maßvollen" Laufzeitverlängerung als angebliche "Brücke" zu den Erneuerbaren, verbunden mit einer Brennelementesteuer, die Milliarden in die öffentlichen Kassen spült, kann als Kompromiss verkauft werden, der die Anhänger der Regierungsparteien zufriedenstellt. Er ermöglicht aber gleichzeitig, alle AKWs weiterzubetreiben bis zur nächsten Verlängerungsdebatte in ein paar Jahren.
Jeder, der jetzt der neuen Steuer zustimmt, stärkt diejenigen, die den Weiterbetrieb wollen. Bleibt dagegen der gesellschaftliche Druck erhalten, indem sich die atomkraftkritischen Kräfte klar und deutlich der Röttgen-Linie verweigern, dann kann nicht nur eine Laufzeitverlängerung verhindert werden, sondern die Stilllegung zahlreicher AKWs wird möglich.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet