Atom-Gespräch im Kanzleramt: Konzerne drohen mit Stellenstreichung
Beim Gespräch im Kanzleramt kämpft die Energiebranche gegen die Brennelementesteuer. Eine Klage der Industrie wird nicht ausgeschlossen
BERLIN taz/dpa/afp Die Industrie geht wegen der geplanten Brennelementesteuer für Atomkraftwerke auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung. "Höhere Steuern gefährden die Industrien, die den Aufschwung tragen sollen", sagte der Klimaexperte des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Christopher Grünewald, am Mittwoch. BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf sagte: "Das kostet Wachstum und Jobs." Die Chefs der vier großen Stromkonzerne trafen sich am Nachmittag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Gespräch dauerte zu Redaktionsschluss noch an.
Die Brennelementesteuer soll pro Jahr 2,3 Milliarden Euro bringen und unabhängig von der Laufzeitverlängerung erhoben werden. Eine Klage der Industrie wird nicht ausgeschlossen. Sie pocht auf den Beschluss zum Atomausstieg, der eine steuerliche Zusatzbelastung der Atomkonzerne ausschließt.
Die Regierung betont, dies sei eine politische, aber nicht rechtlich bindende Vereinbarung gewesen. "Die Bundesregierung hat ihren rechtlichen Standpunkt dazu, die Vertreter der Unternehmen haben den ihrigen öffentlich deutlich gemacht", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Er zeigte sich angesichts einer möglichen Klage gelassen. "Gerade die Frage der Zulässigkeit einer solchen Brennelementesteuer ist sorgsam geprüft worden." Er könne rechtliche Bedenken nicht teilen.
Ein weiteres Thema des Gesprächs waren die geplanten längeren Laufzeiten für Atomreaktoren. Einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers und ehemaligen Bundesministers Rupert Scholz zufolge muss die Bundesregierung sich diese offenbar nicht vom Bundesrat absegnen lassen.
Nach einem Bericht der Bild-Zeitung kommt Scholz zu dem Ergebnis, dass die Aufsichtstätigkeit der zuständigen Behörden in den Ländern sich durch längere AKW-Laufzeiten nicht verändern würde. Damit geht er auf Konfrontation zum ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und dem Rechtsexperten Joachim Wieland, die eine Zustimmung des Bundesrates für erforderlich halten. SPD und Grüne erwägen eine Verfassungsklage.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begleitet die Verhandlungen derweil mit einer Aktion unter dem Motto "Abpfiff für Atomkraft" im Internet. Auf seiner Homepage bietet er ein virtuelles Pfeifkonzert gegen eine Verlängerung der Atomkraftwerk-Laufzeiten.
Atomkraftgegner können dort Protest-E-Mails an die Bundeskanzlerin schreiben und MP3-Versionen ihrer persönlichen "Abpfiffe" hochladen, die im Netz ein gemeinsames Konzert ergeben.
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