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Kommentar BrenderÜberzogen, aber nicht falsch

Kommentar von Steffen Grimberg

Der Stasi-Vergleich von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender ist nicht falsch. Denn das Zweite ist alles andere als ein Musterbeispiel für Demokratie.

E s scheint im Trend zu liegen, dass sich abgesägte Chefredakteure einer ungeschickten Wortwahl bedienen: Sergej Lochthofen sprach nach seinem unerwarteten Rausschmiss bei der Thüringer Allgemeinen letzten November von Sippenhaft. Jetzt erregt der Ende März scheidende ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender die Gemüter. Im ZDF gebe es ein "Spitzelsystem", bei dem "Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen", es sei "wirklich vergleichbar mit den IMs der DDR", so Brender.

Man mag Brenders IM-Spitze gerne für daneben halten. Doch zu viel Aufregung über den schiefen Vergleich - das ZDF ist keine Diktatur - verstellt den Blick auf das Wesentliche: Ein Musterbeispiel für Demokratie und Recht ist das ZDF nämlich auch nicht. Das hat der rein politisch motivierte Durchmarsch der Union in Sachen Brender hinlänglich gezeigt.

Und nicht nur beim "Zweiten" gibt es die Parteidiener mit Redakteursmäntelchen. Sie beschädigen zwei Institutionen der Demokratie: den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den unabhängigen Journalismus. Dass es sich bei den Informationen oft um Belanglosigkeiten handelte, tut nichts zur Sache. Es reicht, dass über diese Infiltration die Personalpolitik entscheidend beeinflusst wird. Damit gehören die "Spitzel" in die gleiche Kategorie wie einst die journalistischen Zuträger des BND.

Bild: taz

Steffen Grimberg ist Medien-Redakteur der taz.

Dass die Parteien glauben, auf derartige Mitarbeit nicht verzichten zu können, hat einen positiven Aspekt: Der jahrzehntelang bis in die Redaktionen hinein ungefragt akzeptierte Parteieneinfluss im öffentlich-rechtlichen System hat seine beste Zeit hinter sich. Die großen Parteien versuchen noch etwas zu kontrollieren, was ihnen - von einigen Sendern wie dem Hessischen oder dem Bayerischen Rundfunk leider abgesehen - zum Glück längst entglitten ist.

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4 Kommentare

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  • D
    dogface

    Hallo,kann dem Kommentar von rose voll bestätigen.

    Denn wer eimnal genauer hinschaut wird festellen,

    in wieviel Widersprüche sich diese angeblichen unabhängen und Opjetktiven Medienvertreter verstricken.Alleine die Tatsache das die Gehälter

    der Ö.R ABHÄNGIK VOM wOLHWOLLEN DER pOLITIK abhängt,

    (ganz nach dem Motto:wessen Hand mich füttert ,beiss ich nicht.höchstens mal knurren aber nur kurz)

    lässt viel Spielraum für Politischen Einfluss.

    Deshalb müsste das Finanzierungsystem der Ö.R

    erstmal Reformiert werden.Mfg

  • K
    Karl

    Der ÖR ist ein, in der bestehenden Form GG-widriges Konstrukt der Apologeten des Parteienstaates.

     

    Mithin keine unverzichtbare "demokratische Institution", sondern der Versuch ein Meinungsoligopol zu zementieren.

     

    Diese Form der Ak braucht sicher kein sich demokratisch nennendes System, eher im Gegenteil!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • G
    GrooveX

    was heißt bitte sehr "Damit gehören die "Spitzel" in die gleiche Kategorie wie einst die journalistischen Zuträger des BND." sind journalisten heute nicht mehr zuträger des bnd? was hat sich geändert? habe ich irgend etwas nicht mitgekriegt? ist es vielleicht, dass der bnd jetzt zuträger für die medien geworden ist, möglicherweise aus geldmangel?

     

    ihr könnt aber auch einen mist zusammenschreiben, ehrlich!

  • R
    rose

    Wo lebt denn der Herr Grimberg?Die "öffentlich-rechtlichen"sind voll in Händen der Parteien,speziell der CDU.Wenn ich den MDR anschaue,der 2009 so unverhohlen und absolut parteiisch in den Landtagswahlkampf in Thüringen eingriff,so ist das ein reiner CDU-Parteisender!Es wird noch nicht einmal verborgen,das bestimmte Anweisungen direkt aus Parteizentralen kommen!Das mag bei einigen anderen Anstalten noch(?)nicht so offen sichtbar sein.

    Was die Herren Lochthoven und Bender angeht,so waren diese zwar Teil des Mediensystems,aber noch nicht so korrumpiert,das sie für alles zu haben wären!

    Herr Lochthoven wurde nicht "entfernt",weil er nicht erfolgreich gewesen wäre,sondern sich weigerte,die von ihm geleitete Zeitung zum CDU-Parteiblatt zu machen!Als er sich erdreistete,das" System Althaus"zu kritisieren,wurde er zum Abschuss freigegeben!

    Ähnlich der Fall Bender!Er war zu kritisch und hatte sich noch einen Rest von Rückgrat bewahrt!Nur deshalb musste er gehen!

    In der deutschen Medienlandschaft wird nur noch Platz für angepasste Duckmäuser sein,die kritiklos Propaganda für das neoliberale System machen!