Kommentar Brauerei-Fusion: Global denken, im Lokal trinken!
Der Trend zur Einheitsplörre ist längst auf dem deutschen Markt angekommen. Doch die Gegenbewegung ist auch schon da: Das regional gebraute, kleine, wahre Bier. Wohl bekomm's!
Steffen Grimberg (40) ist Medienredakteur der taz
Selten war das Bild vom Großkonzern, der einen anderen schluckt, so angebracht. Gemessen am Bierausstoß ist die amerikanische Dünnbierbrauerei Anheuser-Busch ("Bud") weltweit die Nummer drei. Jetzt geht sie für 52 Milliarden US-Dollar an den globalen Marktführer InBev, der so noch ein bisschen größer wird. Rechnerisch gesehen kommt dann jedes vierte Bier weltweit vom neuen globalen Brauverbund. Dessen Name klingt nicht nur nach Systemgastronomie - sein Bier schmeckt meist auch so.
Der Trend zu immer größeren Braukesseln folgt marktwirtschaftlicher Logik: Die Stammtrinker in den alten Absatzmärkten sterben aus oder trinken weniger. Selbst bei den Europameistern Deutschland und Tschechien geht der Bierkonsum zurück. Und neue Märkte in Fernost, Südamerika und anderswo? Die lassen sich nun mal leichter von multinationalen Konzernen aufrollen als vom Mittelstandsbetrieb aus Franken.
Der Trend zum Großgebinde geht oft auf Kosten der Qualität. Doch die Großbrauereien kümmert das nur am Rande. Denn bei neuen Biermarken wie "Becks Gold" oder Biermischgetränken mit Limone oder Grüntee geht es mehr ums richtige Marketing als um den guten Geschmack.
Der Trend zur Einheitsplörre ist längst auf dem deutschen Markt angekommen. Die Oetker-Gruppe etwa hält in ihrer einzigen Dortmunder Großbrauerei die Markenvielfalt von sieben einst unabhängigen, nicht eben kleinen Bierkonzernen am Leben. Die spiegelt sich aber fast nur noch in den unterschiedlichen Etiketten wider.
Doch die Gegenbewegung ist längst da: Es wird wieder regional gebraut und getrunken. Dieser Trend beschränkt sich nicht mehr allein auf die ohnehin noch wunderbar vielfältigen Bierregionen in Süddeutschland. Er regt sich längst bundesweit.
Es liegt jetzt am Einzelhandel, auf diese Entwicklung zu reagieren: Er muss regionale Marken ins Sortiment aufnehmen, damit die Geschmacksoffensive der kleinen, wahren Biere weitergeht. Etwas teurer als das genormte Gebräu der internationalen Multis wird es schon werden. Doch das sollte es allen Verbrauchern wert sein. Bier ist schließlich ein Lebensmittel.
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