Kommentar Böll-Stiftung in Kabul: Kein gutes Signal
Der Rückzug der Böll-Stiftung aus Kabul ist nicht der richtige Weg. Vor allem der demokratischen Zivilgesellschaft gehen so wichtige Partner verloren.
Der Beschluss der Heinrich-Böll-Stiftung, zum Jahresbeginn ihr deutsches Ein-Frau-Personal aus Kabul abzuziehen, ist kein gutes Signal – vor allem nicht für die Afghanen. In der ohnehin schon verunsicherten Zivilgesellschaft, in der viele Böll-Partner aktiv sind, wird dieses Gefühl sich jetzt noch verstärken.
Für das afghanische Personal internationaler Büros in Afghanistan ist die bloße Anwesenheit ausländischer Kollegen eine Bestärkung und sogar ein Schutz. In ihrer Abwesenheit können sie leichter unter Druck gesetzt werden. Das geschieht auch zunehmend.
Mitglieder der Regierung in Kabul rücken ausländisch finanzierte Organisationen immer wieder in die Nähe von Regierungsfeindlichkeit, gerade wenn sie sich kritisch äußern. Gerade trug Präsident Karsai den afghanischen Medien an, in ihrer Berichterstattung die „nationalen Interessen“ zu berücksichtigen – also Missstände nicht öffentlich zu machen. Und natürlich gibt es für niemanden, der dort arbeitet, eine Sicherheitsgarantie. Wer einen Job in Afghanistan annimmt, weiß das.
Ja, die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich trotz massiven Truppeneinsatzes nicht verbessert. Aber es ist vor allem die Atmosphäre, die sich gewandelt hat. Einladungen zum Tee haben abgenommen, sich mit Ausländern sehen zu lassen ist nicht mehr sehr populär. Auch langjährige Gesprächspartner sagen, es bringe ja eh nix, „mit euch Ausländern“ zu reden. Unterton: Ihr wisst sowieso alles besser. Kein Wunder angesichts der Situation, zu der Ausländer – wenn auch nicht alle – maßgeblich beigetragen haben.
Eine physische Bedrohung ist das aber noch lange nicht. Auch Kabul ist nicht so unsicher, dass man jetzt abreisen müsste. Kritischer könnte es 2014 werden, aber bei – wenn man dem BND glaubt – 35.000 verbleibenden ausländischen Soldaten werden die Taliban die afghanische Hauptstadt nicht so einfach überrennen.
Kommentar Böll-Stiftung in Kabul: Kein gutes Signal
Der Rückzug der Böll-Stiftung aus Kabul ist nicht der richtige Weg. Vor allem der demokratischen Zivilgesellschaft gehen so wichtige Partner verloren.
Der Beschluss der Heinrich-Böll-Stiftung, zum Jahresbeginn ihr deutsches Ein-Frau-Personal aus Kabul abzuziehen, ist kein gutes Signal – vor allem nicht für die Afghanen. In der ohnehin schon verunsicherten Zivilgesellschaft, in der viele Böll-Partner aktiv sind, wird dieses Gefühl sich jetzt noch verstärken.
Für das afghanische Personal internationaler Büros in Afghanistan ist die bloße Anwesenheit ausländischer Kollegen eine Bestärkung und sogar ein Schutz. In ihrer Abwesenheit können sie leichter unter Druck gesetzt werden. Das geschieht auch zunehmend.
Mitglieder der Regierung in Kabul rücken ausländisch finanzierte Organisationen immer wieder in die Nähe von Regierungsfeindlichkeit, gerade wenn sie sich kritisch äußern. Gerade trug Präsident Karsai den afghanischen Medien an, in ihrer Berichterstattung die „nationalen Interessen“ zu berücksichtigen – also Missstände nicht öffentlich zu machen. Und natürlich gibt es für niemanden, der dort arbeitet, eine Sicherheitsgarantie. Wer einen Job in Afghanistan annimmt, weiß das.
Ja, die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich trotz massiven Truppeneinsatzes nicht verbessert. Aber es ist vor allem die Atmosphäre, die sich gewandelt hat. Einladungen zum Tee haben abgenommen, sich mit Ausländern sehen zu lassen ist nicht mehr sehr populär. Auch langjährige Gesprächspartner sagen, es bringe ja eh nix, „mit euch Ausländern“ zu reden. Unterton: Ihr wisst sowieso alles besser. Kein Wunder angesichts der Situation, zu der Ausländer – wenn auch nicht alle – maßgeblich beigetragen haben.
Eine physische Bedrohung ist das aber noch lange nicht. Auch Kabul ist nicht so unsicher, dass man jetzt abreisen müsste. Kritischer könnte es 2014 werden, aber bei – wenn man dem BND glaubt – 35.000 verbleibenden ausländischen Soldaten werden die Taliban die afghanische Hauptstadt nicht so einfach überrennen.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Thomas Ruttig