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Kommentar BirmaStrategisch falscher Boykott

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Der Boykott des Amtseids war unreif: Um Birma voranzubringen, muss die NLD dazu beitragen, die jahrelange Blockade zwischen ihr und den Hardlinern des Militärs zu überwinden.

N iemand kann Birmas Verfassung ernsthaft als demokratisch bezeichnen. Schließlich sichert sie 25 Prozent der Parlamentssitze ungewählten Militärs. Die haben eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen und das Recht, die Regierung zu entmachten. Deshalb ist es verständlich, wenn die Abgeordneten von Aung San Suu Kyis Partei NLD keinen Eid sprechen wollen, der sie zum Schutz dieses Grundgesetzes verpflichtet. Zumal sie ja auch mit dem Versprechen angetreten sind, diese Verfassung zu ändern.

Doch der Boykott der Eidesformel war nur auf den ersten Blick prinzipienfest. Er war vielmehr wenig durchdacht, weil die NLD sich damit in eine Position manövrierte, in der sie letztlich nachgeben musste, wollte sie ihre Mandate nicht gleich wieder verlieren. Das hat die NLD jetzt auch eingesehen. Damit verlor sie unnötigerweise gleich ihren ersten parlamentarischen Kampf mit den Kräften des alten Regimes.

Denn als die Bevölkerung am 1. April in 43 von 45 Fällen NLD-Abgeordnete wählte, dürfte sie nicht die Illusion gehabt haben, damit werde das seit 1962 von Militärs regierte Land plötzlich demokratisch. Vielmehr dürfte die NLD gewählt worden sein, damit sie im Parlament für demokratische Reformen kämpft, wobei klar gewesen sein dürfte, dass es früher oder später zu einem Kampf um die Macht des Militärs kommt.

Bild: taz
Sven Hansen

ist Redakteur im Auslandsressort der taz und zuständig für die Asienberichterstattung.

Doch ein Boykott zu Beginn ignorierte das Votum der Bevölkerung und blähte die Eidesformel zu einer Kardinalsfrage auf, die sie nicht ist. Es geht nicht um formale Amtseide, sondern um reale Fortschritte. Dafür muss die NLD Bündnisse mit den Reformern aus dem System schließen. Diese gleich in die Arme der Hardliner zu treiben, mag Erstere entlarven. Das ist aber kontraproduktiv und zeigt die strategische Unreife der NLD. Um Birma voranzubringen, muss die NLD dazu beitragen, die jahrelange Blockade zwischen ihr und den Hardlinern des Militärs zu überwinden. Der Boykott der Eidesformel war ein Fehler.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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1 Kommentar

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  • R
    R.Lange

    Kennt Herr Hansen Myanmar wirklich so gut, dass er solche Urteile fällen kann? Bisher hat Frau Aung San Suu Kyi ein beachtliches Mass an politische Klugheit gezeigt, so dass ich die weitere Entwicklung erst einmal abwarten würde.

     

    Jedenfalls hat sie mit dem vorübergehenden Boykott deutlich nach innen und nach aussen darauf hingewiesen, dass es sich nicht um ein demokratisch gewähltes Parlament handelt.