Kommentar Bio-Lebensmittel-Verordnung: Dokument der Hilflosigkeit
Die EU-Kommission hat mit dem Vorschlag neuer Regeln für das Biosiegel zum großen Wurf ausgeholt. Vertrauen der Verbraucher bringt das nicht zurück.
B ERLIN taz Mit einer komplett überarbeiteten Verordnung will die EU-Kommission das Vertrauen der Verbraucher in Ökolebensmittel stärken. Doch genau dieses Ziel wird der Entwurf verfehlen.
Eigentlich ist die Analyse ja richtig: Mehrmals haben Betrüger billige konventionelle Lebensmittel als teure Bioware verkauft – und das massenhaft. Zwar halten Ökohöfe ihre Tiere im Schnitt viel besser als konventionelle. Aber auch die Biobranche hat Tierschutzprobleme – vor allem der Geflügelsektor.
Aber ausgerechnet diese beiden Probleme löst die Kommission nicht. Der Entwurf würde zum Beispiel nicht dazu führen, dass die Aufsichtsbehörden sich schneller und umfangreicher gegenseitig informieren, um Betrügern das Handwerk zu legen. Das wäre aber dringend nötig, wie mehrere Skandale gezeigt haben.
Es würde auch weiter möglich sein, beispielsweise 24.000 Biolegehennen unter einem Dach zu halten. Das ist Massentierhaltung, die es erschwert, die Hennen so gut wie nötig zu betreuen. Ermöglicht hat das die bisherige Ökoverordnung, die zwar maximal 3.000 Legehennen pro Stall erlaubt, aber nicht definiert, was ein Stall ist. Das könnte die Kommission in ihrem neuen Entwurf präzisieren – tut sie aber nicht.
Statt diese wirklichen Missstände anzugehen, macht die Kommission unsinnige Vorschläge wie einen eigenen Pestizidgrenzwert für Ökoprodukte. Der würde die Biobauern dafür bestrafen, dass ihre Felder von den konventionellen Nachbarn rücksichtslos mitgespritzt werden. Und schon jetzt sind Bioprodukte weit weniger pestizidbelastet als konventionelle. Nein, ein großer Wurf ist der Entwurf nicht. Eher ein Dokument der Hilflosigkeit.
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