piwik no script img

Kommentar BildungssparenVergiftetes Geschenk

Kommentar von Richard Rother

Die Schavan-Idee, ein Bildungssparvertrag, folgt der neoliberalen Ideologie, zentrale gesellschaftliche Aufgaben zu privatisieren.

D ie Vertreter von Banken und Versicherungen scharren sicher schon mit den Füßen. Geht es nach CDU-Bildungsministerin Annette Schavan, winkt ihnen bald neue, lukrative Kundschaft: Eltern, die ihren Kindern eine gute Bildung ermöglichen wollen.

"Der Staat schenkt Ihnen Geld" - mit diesem Argument werden solchen Eltern künftig teure Bildungssparverträge aufgeschwatzt. Doch Vorsicht! Dieses staatliche "Geschenk" bekommen nur die, die selbst genug Geld haben, um jetzt schon mal etwas auf die hohe Kante zu legen. Niedriglöhner und Hartz-IV-Bezieher haben dafür keinen Spielraum. Ihre Kinder, durch das selektive Schulsystem ohnehin benachteiligt, werden so weiter an den Rand gedrängt.

Aber auch für die bildungsorientierte Mittelschicht ist die Schavan-Idee, die ähnlich wie die Riesterrente funktionieren soll, ein vergiftetes Geschenk. Sie folgt der neoliberalen Ideologie, zentrale gesellschaftliche Aufgaben zu privatisieren. Mit der Riesterrente, die hauptsächlich Banken und Versicherungen zugutekommt, hat es Rot-Grün vorgemacht: Statt eine auskömmliche Rente für alle zu garantieren, muss jetzt jeder für sich selbst vorsorgen. Mit dem Schavan-Vorschlag bricht die schwarz-gelbe Koalition, die auch die solidarische Kranken- und Pflegeversicherung zerschlagen will, das nächste Tabu: Jetzt soll die Bildung privatisiert werden.

Millionen Eltern zahlen jetzt schon viel Geld für Kindergärten, Horte, Sportvereine, Musikschulen, Nachhilfeunterricht und Lernmaterialien. Wenn sie künftig eifrig beim Bildungssparen mitmachen, wird es für den Staat leichter, sich noch weiter aus der Finanzierung der Bildung zurückzuziehen. Dann drohen hohe Gebühren für Universitäten, Fachhochschulen oder gar Berufsschulen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • DM
    Der Maddin

    Naja Schafe wollen eben geschoren werden. Die Politik weiß eben wie man den deutschen geknechteten

    Michel weiter in Papierwerte bringt, indem man ihm das Gefühl gibt dem Staat wieder Geld abgeluchst zu haben wie bei der Riester-Rente...

     

    Wie sagte Einstein doch so trefflich: Zwei Dinge sind unendlich, die Dummheit des Menschen ....

  • P
    peter

    So sieht bei der CDU "Chrisliche Nächstenliebe " aus.Man möchte sich die Sklaven ohne Wissen erhalten

  • L
    Lutz

    Schwarz/Gelb schleift nur tüchtig den Sozialstaat im Sinne ihrer neoliberalen Ideologie.

    Sie sind gewählt worden und im Blätterwald war ja zuvor auch zu lesen, dass sich die CDU vemeintlich sozialdemokratisiert hätte. Unfug, das Parteiprogramm aus Leipzig gilt und nun wird in einer neoliberalen Ideologie-Ehe der Traum beider ausregiert.

  • N
    nik

    Oh Mann, was denn noch? Als 30er soll man heute alle leergeschröpften Kassen auf einmal aufstocken:

     

    1. Die gesetzliche und private Rentenkasse

    2. Die gesetzliche und die eigene Pflegekasse

    3. Kindergarten und Schulkosten für die eigenen Kinder

    4. Studiengebühren für die eigenen Kinder

    5. Studienrücklagen für irgendeinenen Fond

     

     

    Und das bei stets befristeten Arbeitsverträgen, stagnierender Lohnentwicklung, steigender Jobunsicherheit, steigenden Lebenshaltungskosten und steigender Steuerlast. Wie soll ein Mensch in den 30ern, derin HH oder München wohnt, 2000 Euro netto verdient, dass denn noch stemmen, ohne selbst auf Pump zu leben? Wann soll man dann mal Rücklagen für die eigene Familie bilden? Für eine Wohnung bzw. Haus? Und wie sieht'S mit Leuten aus, die nur 1.300 netto haben? Die können sich doch gleich bei der Tafel anstellen! Buuhhhhh!!!!