Kommentar Bildungssparen: Vergiftetes Geschenk
Die Schavan-Idee, ein Bildungssparvertrag, folgt der neoliberalen Ideologie, zentrale gesellschaftliche Aufgaben zu privatisieren.
D ie Vertreter von Banken und Versicherungen scharren sicher schon mit den Füßen. Geht es nach CDU-Bildungsministerin Annette Schavan, winkt ihnen bald neue, lukrative Kundschaft: Eltern, die ihren Kindern eine gute Bildung ermöglichen wollen.
"Der Staat schenkt Ihnen Geld" - mit diesem Argument werden solchen Eltern künftig teure Bildungssparverträge aufgeschwatzt. Doch Vorsicht! Dieses staatliche "Geschenk" bekommen nur die, die selbst genug Geld haben, um jetzt schon mal etwas auf die hohe Kante zu legen. Niedriglöhner und Hartz-IV-Bezieher haben dafür keinen Spielraum. Ihre Kinder, durch das selektive Schulsystem ohnehin benachteiligt, werden so weiter an den Rand gedrängt.
Aber auch für die bildungsorientierte Mittelschicht ist die Schavan-Idee, die ähnlich wie die Riesterrente funktionieren soll, ein vergiftetes Geschenk. Sie folgt der neoliberalen Ideologie, zentrale gesellschaftliche Aufgaben zu privatisieren. Mit der Riesterrente, die hauptsächlich Banken und Versicherungen zugutekommt, hat es Rot-Grün vorgemacht: Statt eine auskömmliche Rente für alle zu garantieren, muss jetzt jeder für sich selbst vorsorgen. Mit dem Schavan-Vorschlag bricht die schwarz-gelbe Koalition, die auch die solidarische Kranken- und Pflegeversicherung zerschlagen will, das nächste Tabu: Jetzt soll die Bildung privatisiert werden.
Millionen Eltern zahlen jetzt schon viel Geld für Kindergärten, Horte, Sportvereine, Musikschulen, Nachhilfeunterricht und Lernmaterialien. Wenn sie künftig eifrig beim Bildungssparen mitmachen, wird es für den Staat leichter, sich noch weiter aus der Finanzierung der Bildung zurückzuziehen. Dann drohen hohe Gebühren für Universitäten, Fachhochschulen oder gar Berufsschulen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier