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Kommentar BildungsprotestStudis, stoppt euren Streik!

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Spätestens an Weihnachten wird der Protest der Studierenden verhallen. Deshalb sollten sie ihren Streik jetzt beenden. Nur dann können sie ihn als Erfolg feiern.

D ie drei größten Gegner der protestierenden Studierenden und Schüler sind die Polizei, Annette Schavan und der Weihnachtsmann. Die Polizei trägt sie aus den von ihnen besetzten Gebäuden, Bildungsministerin Schavan vertröstet sie auf einen Bildungsgipfel im April. Und mit Beginn der Weihnachtsferien leeren sich die Flure unweigerlich - spätestens in der Stillen Nacht wird der Protest verhallen. Deshalb sollten die Studierenden ihren Streik jetzt beenden. Nur dann können sie ihn als Erfolg feiern.

Das Wort "Streik" ist irreführend, da es ja kein Arbeitskampf mit Forderungen nach kürzeren Arbeitszeiten oder höheren Löhnen ist. Der Forderungskatalog der Berliner Streikenden umfasste drei Seiten, von "Kostenloser Fahrt im öffentlichen Nahverkehr" bis hin zur "Abkehr vom Bachelor als Regelabschluss". Daran gemessen, muss der Streik aller Voraussicht nach scheitern.

Wenn man den "Streik" dagegen als symbolische Aktion begreift, bei der es darum geht, die öffentliche Aufmerksamkeit auf ein Anliegen zu lenken, dann ist er erfolgreich. Die Kehrseite der spontanen Besetzung von über 100 Hochschulen ist, dass es keine zentrale Koordinationsstelle gibt - und keine Idee, wie es weitergehen soll. Die Bayern wollen über Weihnachten streiken, in Nordrhein-Westfalen mobilisiert man für einen Alternativen Bildungsgipfel.

Doch um ihre Forderungen langfristig durchzusetzen, brauchen die Studierenden mächtige Verbündete wie Gewerkschaften und Parteien. Gemeinsam können sie darauf dringen, dass aus Schavans Bildungsgipfel im April kein folgenloses Geplänkel wird. Darum sollten die Studis den Streik jetzt stoppen und eine Strategie entwickeln. Dann können sie immer noch drohen, die Proteste im nächsten Jahr wieder aufzunehmen.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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9 Kommentare

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  • E
    edo

    ich höre jetzt endgültig auf die taz zu lesen noch auf diese sinnlose website zu schauen.

  • K
    Kommentator

    Peinlich! Naja, die neue Linie der taz eben (bis auf super Ausnahmen).

     

    Zum Kommentar:

     

    1. "Doch um ihre Forderungen langfristig durchzusetzen, brauchen die Studierenden mächtige (!!!) Verbündete wie Gewerkschaften und Parteien."

    So, so. ich für meine Teil habe am eignen Leib erfahren, dass Parteien gerade der Tod einer jeden ernsthaften basisdemokratischen und ehrlichen (Fast-)Bewegung sind.

    Da sie nur opportunen verlogenen* Dreck verzapfen und andere mit ihren Machtspielchen ausbooten.

    *A propos: Was haben denn SPD und Grüne (nebst Union und FDP) zum Bildungswesen beigetragen? Studiengebühren, BA/MA...

    --> Sie sind Teil des Problems!

     

    Dann schon lieber die Gewerkschaftsbasis und alle anderen Gruppen und Bewegungen, die -im Gegensatz zu Parteien - eher progressiv sind!

     

    2. "Gemeinsam können sie darauf dringen, dass aus Schavans Bildungsgipfel im April kein folgenloses Geplänkel wird."

    Naiv hoch drei!! die Dame, die euch als "gestrig" bezeichnet, die alles am Bildungs-Übel gut findet, die Studien unterdrückt und und und.

    Einfach unglaublich!

     

     

    Aber seit die taz grünen Parteisoldaten wie Seeliger & Co. in ihrem Diffamieren gegen unliebsame Partei-Konkurrenze (ohne jeden Willen zur Selbskritik), Zensoren, Konservativen und Neoliberalen (pro studiengebühren, pro Jamaika...) ein Forum bietet, war das nur mal wieder eine Frage der Zeit.

     

    Taz: t-2 (Gründung): Anarchos, Pazifisten, Antimilitaristen etc.

    --> dann (t-1): seriös-grüne Basidemokraten

    --> heute (t0): Jamaika-"Grüne" Demokratiegegner, Marktfundis etc.

     

    Schade. Damit stirbt ein weiteres bis dato gutes (!) Blatt langsam weg.

    Aber es gibt ja noch freitag, telepolis, Blogs und andere gute Quellen.

  • ES
    Ein Streikender

    Naja mittlerweile ist man dererlei Kommentare in der taz ja gewöhnt. Leider. Vermutlich ist das hier als solidarische Kritik gemeint, Frau Lehmann, aber bitte: Zum wievielten mal wird jetzt das Ende der Bewegung (herauf)beschworen-auch und gerade in der taz (diemal mit dem "Weihnachtsmann")!?

    Im November '08: Schülerstreik- eine Einzelaktion? Aus Medien sicht ja.

    Im Juni 09: nach den semsterferien ist noch jede studierendebewgung gestorben

    Im november dann: Komisch! Die bewegung ist nicht eingeschlafen, sondern organisiert sogar 'nen neuen Streik. Trotz nahezu totaler Verschwiegenheit der deutschen Presse schaffen es Österreichs Studis, den Anstoß zu liefern- und überall(!) in Deutschland werden Unis besetzt. Aber natürlich- wir müssten es eigentlich wissen- wir streiken natürlich schon viel zu lange, Leute, sagt die taz, wir müssen jetzt ganz doll ausgepowert sein, weil das sagt die taz. Und jaja, nach den Weihnachtsferein ist natürlich die Bewegung endlich tot. versprochen. Und wenn nicht? Dann nach Ostern? Wieviele Montate haben wir noch, Tante taz?

     

    Es ist schon etwas peinlich mit was für "hellsichtigen" Analysen hier manche Kommentatoren die soldide Berichterstattung der taz zu diesem Thema ins Lächerliche ziehen. Meint die taz als große linksalternative Zeitung auf einem priveligierten Aussichtsturm zu stehen, von welchem ihre Denker den Lauf der Dinge weit vor dem Fußvolk vorraussehen zu können!?

     

    Ich gehe nicht davon aus, dass die taz den Protesten Schwäche und baldiges scheitern einreden will, also alles nur ein gut gemeinter strategischer Ratschlag an die Studenten und schüler? Vielen Dank, ich meine Tausend dank, ich meine wooow! Gewerkschaften als Bündnispartner, welch genialer Schachzug aus der Startegiefabrik des Thinktanks taz.

     

    Es ist wie "kat" sagt. Man merkt trotz euren liebgemeinten Bemühungen als Betroffener sofort wie wenig ihr -selbst bei so einem Thema- recherchiert habt. Sonst hätten ihr eureren Blick nach Bonn gerichtet: Hier habt ihr sie, die konzentrierte Aktion, die direkte Konfrontation mit den Politikern. Zentral organisiert-dezentral mobilisiert. Und sieh einer an: Sogar die Gewerkschaften machen kräftig mit. Scheinbar sind einige Schlaufüchse da auch ohne die taz drauf gekommen. Zu dieser Info hätte man nicht einmal aus Berlin rausfahren müssen, man hätte sich so informieren können, wie die Besetzer es die ganze Zeit machen: Internet. email. Handy. So einfach ist das.

    Und noch etwas: Es macht keienn guten Eindruck, einerseits Dinge wie alternative Bildungsgipfel zu erwähnen, und einen Satz davor Ideenmangel festzustellen. Also doch nur eine Frage des Ideenmanagements? Statt in dem Fehlen einer Zentralinstanz den Grund für Ideenlosigkeit und dem propfezeiten Ende der Bewegung zu sehen, sollten ihr vielleicht die Struktur des erst einmal kennenlernen. Wie ist das den mit den Vernetzungstreffen? Wie läuft das mit twitter und Livestream? Wie ist das mit der Pressearbeit?

     

    Also bitte: Erst Recherche, dann Analyse, dann Ratschläge bitte!

  • I
    iBot

    Ou, Geldverdienen neben einem Bachelorstudium geht nicht? Dann werd ich jetzt mal schnellstens meinen 400-Euro-Job kündigen gehen.

    Und ich verbitte mir die Bezeichnung "die Studierenden" für die Streikenden. Unter den Studierenden gibt es nämlich auch genügend Leute, die einfach nur in Ruhe studieren wollen und lieber arbeiten, um ihr Leben finanzieren zu können, anstatt zu versuchen, sich ihre Privilegien auf Kosten der Allgemeinheit zu erschreien.

  • LW
    L.A. WOMAN

    Unerträglich, das, so ein Geschreibsel aus dem warmen Stübschen passt besser in die Zeit oder welt,

    statt die Studierenden zu bestärken, konstruktiv dabei sein, wird alles zur Demotivierung getan, ich habe meine Meinung an anderer Stelle schon geschrieben, und - was die meisten Profen über die neuen Strukturen denken, dazu hier ein Prof-Zitat:

    "Was denken die Verantwortlichen eigentlich, das hier ist kein Unternehmen, sondern eine Bildungsstätte!"

    Ich bin selber an einer Universität tätig und sehe u.a. die vielen BC-Abbrecher, weil das nötige Geldverdienen nebenbei überhaupt nicht geht! Ergo bleiben nur die Reichen-Kids übrig!Scheint beabsichtigt zu sein, aber:

    Wollen wir das??????

  • H
    hto

    Ja, STOP, beendet diesen "Streik", der ist nicht nur erbärmlich wie peinlich, er ist schädlich für jede wirklich vernunftbegabte Vernetzung von Kommunikation ausserhalb der gewohnheitsmäßigen Überproduktion von systemrationalen Kommunikationsmüll dieser Welt- und "Werteordnung" - es kann doch angesichts der globalen Probleme nicht mehr nur um egozentrische Illusionen der Bildung zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche gehen!!!

  • TR
    thomas reschenried

    schon ein bisschen kleinlich, das zerpflücken von bedeutungen wie streik. die unis sind besetzt? oder? in der bildung wird von streik geredet... also von lehrerinnen und kindergärtnerinnen... die sich nur als sympathiesanten bisher generiert haben. was hat der weihnachtsmann in dem artikel verloren? die polizei darf nur räumen, wenn die/der direktorinn das anordnen... wieso sollten die studenten etwas verlieren wenn sie sich raustragen lassen?

     

    das ist echt ein unerträglicher artikel, sorry.

  • K
    Kat

    Wenn die Kommentatorin sich etwas genauer mit der Materie befasst hätte, wüsste sie wohl, dass es am vergangenen Wochenende in München ein Vernetzungstreffen gegeben hat und das zeitnah weitere folgen.So gibt es vielleicht keine "Zentrale" dies ist im Internetzeitalter auch nicht mehr nötig. Wir werden perspektivisch arbeiten und geben jetzt bestimmt nicht auf! Es ist auch immer wieder schade, solche Artikel in der TAZ zu lesen. Am Anfang der Besetzungen habe ich hier schon ähnliches gelesen. Vorher hab ich die Zeitung immer gerne gelesen, jetzt fällt mir auf, wie wenig recherchiert wird und wirklich nachgefragt wird. Es ist wirklich schade, von euch entmutigt zu werden!! Wir müssen weitermachen, genauso. Politiker_innen, Dozenten und Studierende stärken uns den Rücken. Dies ist eine erfolgversprechende Form des Protestes, einige Besetzungen stehen in Verhandlungen mit Land und Unileitung, da sollen sie jetzt aufhören? Natürlich muss mit Gewerkschaften etc. zusammen gearbeitet werden. Dafür brauchen wir Zeit und Raum. Diesen Raum bietet ein befreites Audimax. Es ist eine der letzten Chancen etwas zu bewegen, in ein paar Jahren wird sich niemand mehr über dieses System beschweren, weil niemand mehr etwas anderes als Lernfabriken gewohnt sein wird. Niemand wird mehr lernen seinen Verstand zu nutzen, weil das einfach nicht gewünscht ist.Es ist also sehr wichtig alles zu versuchen, den Druck weiter bestehen zu lassen und gerade von Zeitungen wie euch immer wieder ermutigt zu werden! Vielleicht solltet ihr lieber mal an die Studis appelieren, die jetzt nicht ihre Stimme erheben, weil sie denken, es bringt nichts! Denn es bringt gerade jetzt etwas und wenn wir jetzt viele sind, können wir viel erreichen.

  • KU
    Karl Unruh

    Nope, Frau Lehmann. Zwar bin ich selbst längst kein Student mehr und werde mir hier nicht anmaßen für die "streikenden" Studierenden zu sprechen. Aber aus der Beobachtung dieser in Vielem faszinierend neuen Bewegung scheint mir ein Stop auf Zuruf ebensowenig angebracht wie sie auf Zuruf gestartet wurde.

    Keine "Studentenvertretung" hat je diese Aktionen ausgerufen. Da ist nichts mehr von den zentral gesteuerten Streiks (VDS, Landesastenkonferenzen etc.) etwa der 70er Jahre, mit ihren nach Politproporz formulierten Forderungen und Aktionsformen. Es ist ein Buschfeuer, das von Wien ausging und sich von Österreich aus über Landesgrenzen ausgebreitet hat. Es findet überall reichlich Nahrung, denn die Zeit ist reif.

    Sie haben viele Sympathien und Verbündete, aber es wäre gerade deshalb ein Fehler, wenn sie sich nun darauf zurückwerfen ließen, auf Gewerkschaften oder gar Parteien zu setzen. Der notwendige Prozess der Selbstdefinition, der gerade erst begonnen hat braucht Zeit und Raum. Diese Bewegung hat sich asymmetrisch und asynchron geschaffen. Es gibt eine Vielzahl lokaler Taktiken, wie es eine Vielzahl lokaler Forderungen gibt. Tausende sind in diesen Diskussionsprozess mit großem Ernst und Arbeitsaufwand involviert. Es mag zeitweilige Rückzüge und auch Niederlagen geben, aber es wird wohl Weihnachtsbäume in besetzten Hörsälen geben. Und das ist gut so.