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Kommentar Bewaffnung der KurdenWas Deutschland tun kann

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Die deutsche Debatte über Waffenlieferungen an irakische Kurden speist sich aus opportunistischen Reflexen. Andere Maßnahmen wären wichtiger.

Waffen für den Frieden? Kurdische Peschmerga nahe Ninive. Bild: reuters

D ass die USA jetzt die Kurden im Nordirak mit Waffenlieferungen den Rücken stärken, ist nur folgerichtig. Schließlich sind sie in dem Bürgerkrieg im Irak schon lange Partei; außerdem hat auch die Zentralregierung in Bagdad darum gebeten. Ebenso richtig ist es aber, dass Deutschland sich nicht an solchen Waffenlieferungen beteiligt, sondern vor allem auf humanitäre Hilfe beschränkt. Denn das hat gute Tradition, und da gibt es wahrlich genug zu tun.

Ein wenig unheimlich ist es deshalb, wie sich deutsche Politiker von CSU bis Linkspartei jetzt in ihrem Einsatz für die Kurden im Nordirak zu übertrumpfen versuchen und dabei auch deutsche Waffenlieferungen nicht ausschließen, obwohl das eindeutig den deutschen Exportrichtlinien widerspricht. Es wirkt wie eine Kompensation.

Denn die meisten, die jetzt so schrill vor einem drohenden Völkermord an Jesiden warnen, waren noch vor ein paar Wochen während des israelischen Bombardements des Gazastreifens auffällig still, und sie haben auch dem jahrelangen Schlachten in Syrien die meiste Zeit tatenlos zugesehen – jedenfalls so lange, bis die Milizen des „Islamische Staats“ mit ihrem Vormarsch das Vakuum gefüllt haben und nun auch im Irak Angst und Schrecken verbreiten.

Eine kohärente Außenpolitik für den Nahen Osten, die dem Anspruch und der Verantwortung Deutschlands gerecht wird, sähe anders aus. Nein, man muss deshalb nicht gleich für eine Bewaffnung der Palästinenser oder der „Freien Syrischen Armee“ eintreten oder für die Androhung von Sanktionen gegen Israel.

Aber ein paar klare Worte zur rechten Zeit, mehr diplomatisches Engagement für politische Lösungen und ein konsequenter Einsatz für die Menschenrechte, egal von wem sie bedroht werden, würde schon helfen. Jedenfalls mehr als opportunistische Reflexe wie jetzt.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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7 Kommentare

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  • Der Irak ist in einem ewigen Konflikt gefangen, wie Gaza oder die Westbank. Illusorisch zu glauben das es jemals zu einer Verbesserung der Verhältnisse kommen könnte. Und außerdem warum nicht teilen, mit neuen Grenzlinien? In einen sunnitischen und einen schiitischen Irak ? Es ging ja auch in Deutschland gut, die Teilung zwischen Ost und West, die überwunden werden konnte. Bagdad, der neue Brandherd der Welt, wie es das geteilte Berlin war.

  • Vielleicht sollte man jetzt schon einfach weiter denken, nach den Luftschlägen der USA und Waffenlieferungen an die Peschmerga, ob der Staat Irak denn eigentlich noch Sinn macht. Vor der Isis war es die Al Quaeda im Irak die die Bevölkerung terrorisierte, mit beinahe täglichen Autobomben und Selbstmordattentaten. Von einem stabilen Staatswesen konnte im Irak auch vor der Isis nicht gesprochen werden. Bush dachte sich eine Zentralregierung für das Land, tatsächlich ist der Irak zersplittert in Ethnien und Konfessionen. Neue Grenzen böten sich in einem neuen Irak, mit Bagdad als einem neuen Jerusalem, geteilt in ein West und Ost

  • Ich glaube, dass die Bundesregierung die richtige Entscheidung getroffen hat, den Kurden keine Waffen sondern nur humanitäre Hilfe und militärische Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.

     

    Der Zerfall des Iraks und ein Bürgerkrieg ist durchaus wahrscheinlich. Die Kurden würden dann die Waffen für ihr eigentliches Ziel, die Errichtung eines kurdischen Staates, einsetzen. Man hat das doch schon in Afghanistan bei den Taliban verkehrt gemacht. Die Waffen der Taliban stammten oft aus den USA und wurden geliefert um die russischen Besatzer zu bekämpfen.

     

    Wenn die grünen Pazifisten zu Waffenlieferung raten und sogar Gysi dafür ist, dann sollten wir dankbar sein, dass die Bundesregierung an ihrer Grundregel festhält, keine Waffen in Spannungsgebiete zu liefern.

     

    Wenn sie das doch auch im Falle Israel so täte. Aber da ist Merkel Netanjahu hörig. Hoffnungslos!

  • Zynisch und intransparent ist die Außenpolitik Deutschlands. Keine Frage. Meist ist sie auch dezent fehlgeleitet und sonderbar.

     

    Ich kann mir aber nicht helfen, dass die Frage der Jeziden und Kurden einfach in eine andere Art von Kategorie von Außenpolitik gehört. Wenn ein Volk von einer vollkommen zügellosen Armee terrorisiert wird, ist es nur recht Freunden zu helfen.

     

    Und die Kurden sind die Freunde Deutschlands. Humanitäre Hilfe ist übrigens sowieso dringend erforderlich, aber auch militärische Hilfe ist vertretbar. Es wird ja nicht eine Diktatur oder ein sonderbarer Staat aufgerüstet.

     

    Übrigens hat die Türkei jahrelang Waffen erhalten, war nie bedroht, und bedrohte mit diesen Waffen die eigene Bevölkerung, allen voran die Kurden in der Türkei. Dagegen hielt sich der Widerstand auch stark zurück, nur bei linken und grünen Politikern wurde dies kritisiert.

    Die Waffen für die Kurden, die sie ja bald aus Bagdad erhalten, sind dort gut aufgehoben. Natürlich kann die ISIS auch solche Waffen mal erbeuten, so what?

     

    Das ist das Risiko in jedem Krieg. Bislang prägt aber weder Defaitismus noch große Erfolge die Gegenoffensive der Kurden. Ich kann nur sagen: Ich bin dafür, dass die ISIS verschwindet.

     

    Es ist die krankeste und barbarischte, bewaffnete Gruppe, die momentan existiert. Sie wurde bei al-Qaida wegen ihrer extremen Gewalt verurteilt und ausgeschloßen. Man wird diese Leute nur mit Waffen los - das ist schade, aber das ist die Realität.

  • Kann man so einen Artikel schreiben nachdem man Isis Videos gesehen hat? Vermutlich kann man das. Ideologie stärker als die Wirklichkeit. Zynismus pur. (Die "klaren Worte" vor oder nach den Steinigungen?)

  • "Aber ein paar klare Worte zur rechten Zeit, mehr diplomatisches Engagement für politische Lösungen und ein konsequenter Einsatz für die Menschenrechte, egal von wem sie bedroht werden, würde schon helfen."

     

    Das liest sich wie ein Witz. Ist das Ihr Ernst?

     

    Was für klare Worte? An wen? Die Mörder von der IS? Die irakische Regierung?

     

    Was für politische Lösungen? Neue Grenzen ziehen mit dem Lineal? Das haben schon die alten Imperialisten versucht, mit nicht so tollem Erfolg.

     

    Einsatz für die Menschenrechte? Welche, die universellen oder die der Scharia?

  • Die deutsche Politik kann in dieser Weltgegend nicht viel durchsetzen. Ob Waffen an die Peschmerga zu liefern sind, ist eine pragmatische Frage, die pragmatisch beantwortet werden sollte, Wahrscheinlich ist es überhaupt nicht nötig, weil andere Mächte (USA) hier schneller und effektiver Kriegsgerät vor Ort bringen können.

    Ansonsten sollte die deutsche Politik alles daran setzen, die demokratischen Staaten der Region (d. h. zu allererst Israel) zu unterstützen und die Terrorbanden (Hamas, ISIS, etc.) zumindest zu delegitimieren, d. h. moralisch ins Abseits zu setzen. Ansonsten sind Deutschland als unbedeutender Macht ohne ernsthaftes militärisches Potential die Hände gebunden. Man sollte stets nur ankündigen, was man dann auch durchsetzt.