Kommentar Berlusconi: Neues vom Meister der Herrenwitze

Berlusconis Rückkehr auf die politische Bühne Europas wird die EU nicht in die Krise stürzen. Doch gut tun wird seine kurzfristige Opportunitätspolitik weder Italien noch Europa.

Bald gibt es wohl wieder viel zu lachen auf europäischen Gipfeln - bald nämlich könnte dort erneut Silvio Berlusconi auftauchen. Der glänzte schon während seiner beiden vorherigen Regierungen 1994 und dann wieder von 2001 bis 2006 vor allem als Erzähler von Herrenwitzen und als Meister spaßiger Einlagen. Mal machte er dem spanischen Außenminister auf dem Gruppenfoto hinterm Kopf ein Hörnchen, mal schlug er dem EU-Parlamentarier Martin Schulz eine Filmrolle als Kapo vor.

Aber auch in der Sache manövrierte Berlusconi Italien ins europäische Abseits. Seine Polemik galt vor allem der "Achse Paris-Berlin"; dem angeblich "karolingischen Europa" sagte er schnell den Kampf an. Italiens Rolle wollte er aufwerten, indem er den Schulterschluss mit Männerfreund George W. Bush suchte, indem er in Europa gemeinsame Sache mit Blair und Aznar machte. Außer dem zu Hause höchst unpopulären Engagement Italiens im Irak kam dabei nichts heraus.

Es war dann Prodi, der die 3.000 Soldaten geräuschlos aus dem Irak abzog und Italien wieder dort positionierte, wo es immer gestanden hatte: unter den entschiedenen Integrationsbefürwortern in Europa. Und jetzt: Rolle rückwärts? Das ist nicht gesagt. Berlusconi war nie ein Mann außenpolitischer Visionen. Skeptisch ist er gegenüber Europa, weil er die "Einmischung" der EU in seine Angelegenheiten ebenso fürchtet, wie ihm die kritische europäische Öffentlichkeit zuwider ist.

Doch Berlusconi selbst weiß nur zu gut, dass er mit Europa leben muss; dass zum Beispiel Italiens politische nicht auch zu einer Währungskrise werden kann, verdankt das Land einzig seiner Verankerung im Euro. Auf diesen Stabilitätsanker könnte auch eine Rechtsregierung in Rom nie und nimmer verzichten.

Deshalb wird Berlusconi wohl kaum am europäischen Reformvertrag rütteln. Kaum aber auch wird es mit ihm möglich sein, verlässlich eine europäische Position abzustimmen, wenn etwa die Irankrise eskalieren sollte. Dann wird Berlusconi wieder so entscheiden, wie er es gewohnt ist: allein nach kurzfristigen Opportunitätserwägungen. Italien wird er so nicht stärken - aber sicher Europa schwächen. MICHAEL BRAUN

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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