Kommentar Benno Schirrmeister über Kulturförderung: Landesamt für Diktaturenschutz
Paranoid reagieren Unterdrücker oft auf kulturelle Äußerungen von Unterdrückten: Wenn KurdInnen kurdische Lieder singen, kann das einige staatliche Stellen nervös machen, in der Türkei. Und vielleicht geraten die SängerInnen dabei auch in Konflikt mit der neuen, diktatorischen Verfassung von 2017. Diese hat aber in Bremen keine Geltung. Im Gegenteil, einer freiheitlich demokratischen Grundordnung muss ein Anliegen sein, unterschiedliche kulturelle Äußerungen zu fördern. Auch und gerade solche, die in anderen Ländern als Terrorpropaganda verleumdet wird.
Gemeinplätze? Ja. Aber offenbar muss man das hiesige Landesamt für Verfassungsschutz daran erinnern. Denn unter der Führung von Dierk Schittkowski hat sich der Bremer Inlandsgeheimdienst den Kampf gegen kurdische Einrichtungen auf die Fahne geschrieben.
Warum, ob Ex-Polizist Schitti seit den Bunkermorden ein Trauma hat oder ob er als Junge bei der Karl-May-Lektüre eingenässt hat, ist herzlich egal, sobald ein Blick in den Verfassungsschutzbericht klargestellt hat: Überprüfbares fehlt. Es gibt keine Hinweise auf eine Störung des Rechtsfriedens durch kurdische Vereine im Land Bremen – den Gemeinschaftsverein eingeschlossen. In Ermangelung substanzieller Befunde machen Schittkowskis Schrumpfspione, als hätten sie einen politischen Auftrag, legale Demos und kulturelle Veranstaltungen verdächtig und verächtlich mit dem plumpen Redigiertrick, sie in Anführungszeichen zu setzen: „Der Verein beantragte in den letzten Jahren Zuschüsse für ‚Kulturveranstaltungen‘“: Oha!
Es hätte den Mitgliedern des Kulturausschusses gut gestanden, das zu ignorieren. Minimalkompetenz für eine aktive Kulturpolitik ist es schließlich, sich derartiger Stimmungsmache zu widersetzen: Die ist kultur- und kunstfeindlich. Sie stärkt autokratische Tendenzen. Und schadet der Demokratie.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen