Kommentar Beck-Entschuldigung: Bückling vor dem Klerus
Schwule Themen stören offenbar nur noch. Zumindest die Phantasien der Grünen über neue bürgerliche Allianzen, mit der CDU zum Beispiel.
W er hätte Grünens das ernsthaft zugetraut? Dass ihr Abgeordneter Volker Beck Zutreffendes über einen jede Freisinnigkeit vermissen lassenden Bischof sagt - und anderntags zurückgepfiffen wird?
Jan Feddersen (50) ist Autor und Redakteur. Besonders für die Ressorts taz.mag und tazzwei.
Nun hat der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsgrünen keineswegs vom Kölner Erzbischof Joachim Meisner verlangt, er müsse sich umgehend verpflichten, Homosexuelles sich zu eigen zu machen, auch hat er nicht, was tatsächlich im Widerspruch zu grüner Programmatik stünde, geäußert, Kinder und Jugendlichen gehörten vornehmlich in die sexuelle Obhut von Erwachsenen.
In Wirklichkeit hat er nur gemeint, dass des Bischofs hetzerische Abkanzelung der geltenden Gesetzeslage zur Homoehe dem Wirken eines "Hasspredigers" gleichkomme. Das war natürlich nicht im Sinne bürgerlichen Feinsinns argumentiert - doch erstens war es eben Volker Beck, und der ist für seine Liebe zum argumentativen Holzschnitt bekannt, aber zweitens richtig, denn was sich katholische Würdenträger (Mixa, Dyba, Meisner et alii) in den vergangenen Jahren und im Gefolge des Geschwätzes von der Renaissance des Glaubens sich erdreisten, ist dem Grunde nach stets getränkt vom Begehr, das geltende Recht zu stornieren: die Kirche einmal mehr auf Kreuzzug gegen das religionsblinde Grundgesetz.
Verstörender an dieser Causa ist die Intervention sowohl von Reinhard Bütikofer (Grünensprecher) wie auch Renate Künast (Grünenfraktionschefin), die Beck maßregelten. Und der hat sich gefügt und sich - was für ein Bückling! - distanziert von seiner Meinung. Irritierend daran ist, dass die Grünen nunmehr bereit scheinen, im Sinne ihrer Hoffnungen auf schwarz-grüne Allianzen vor dem rasenden Klerus sich krumm zu machen.
Der Ton mache die Musik, hieß es gegen die bürgerrechtlichen Ansprüche eines Homosexuellen wie Beck. Das hätte man mal den Grünen der frühen Achtziger sagen sollen: Der Ton? Bitte? Ja, eben, gerade der muss so gewählt werden, dass er die Sache bezeichnet und dann möglicherweise bei den richtigen Adressaten Erregung weckt.
Die Grünen opfern also just zwei Jahre vor den Bundestagswahlen eine ihrer Hauptwählergruppen, um sich beim Klerus zu empfehlen. Dass die Grünen mit der Rüge wider ihren geschäftsführenden Oberfunktionär auch alle Christen verraten, für die die Nächstenliebe mehr zählt als krähwinkelige Moralvorstellungen der (falschen) Fünfziger, muss wohl als politmoralischer Kollateralschaden verbucht werden. Für schwarzgrüne Fantasien lässt dies das Übelste befürchten, wenn die Grünen, ganz Kaderpartei, nicht mehr billigen, einen hetzerischen Bischof als das zu bezeichnen, was er nun einmal auch ist: ein Prediger, der Hass begünstigt. In letzter Konsequenz hieße das für die Grünen: Man gibt die gesellschaftliche prekärste Opfergruppe preis, um beim Bischof Pfötchen machen zu dürfen.
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