Kommentar Bardot-Urteil: Öfters mal vor Gericht
Drei Menschenrechtsorganisationen hatten erfolgreich gegen Bardots abfällige Äußerungen gegen Muslime geklagt. Verbände in Deutschland sind bei so etwas leider eher zurückhaltend.
Daniel Bax (37) ist Redakteur im Meinungsressort der taz.
In Deutschland muss das Urteil erstaunen. Gerade hat ein französisches Gericht die Exschauspielerin Brigitte Bardot wegen "Volksverhetzung" zu einer Geldstrafe von 15.000 Euro verurteilt. Die militante Tierschützerin hatte in einem offenen Brief über die rituelle Schächtung von Schafen beim islamischen Opferfest geklagt und sich dabei mal wieder abfällig über Muslime geäußert.
Im Vergleich zu dem, was hierzulande zuweilen über Muslime gesagt und geschrieben wird, nehmen sich die Äußerungen der Französin, die mit einem Mitglied der rechtsextremen Front National verheiratet ist, freilich eher harmlos aus: Muslime würden ihr Land "zerstören" und "uns ihre Handlungsweisen auferlegen", hatte sie geschrieben.
Bardot ist eine Wiederholungstäterin und schon mehrfach wegen ähnlicher Delikte verurteilt worden. Das liegt schlicht daran, dass es in Frankreich eine kritische Öffentlichkeit gibt, die solchen Salonrassismus nicht einfach goutiert: Gleich drei Menschenrechtsorganisationen hatten diesmal gegen sie Klage eingereicht.
Muslimische Verbände in Deutschland sind in dieser Hinsicht wesentlich zurückhaltender. Sie halten es für kontraproduktiv, gegen jede unqualifizierte "Islam-Kritik" vor Gericht zu ziehen, weil sie fürchten, sich damit nur den Ruf als notorische Querulanten einzuhandeln oder diesen noch zu verstärken. Sie setzen auf den Dialog mit der Mehrheitsgesellschaft und appellieren an die Vernunft, um Vorurteile aus der Welt zu räumen. Sie sind vermutlich auch schlicht überfordert, um sich gegen jede einzelne Anfeindung zur Wehr zu setzen.
Diese Zurückhaltung ist falsch. Denn es hätte eine zivilisierende Wirkung, wenn muslimische Verbände häufiger vor Gericht ziehen würden, um gegen Beleidigungen und Diffamierungen ihrer Glaubensgemeinschaft zu klagen. Wenn Prominente mit Vorbildcharakter nicht in der Lage sind, zwischen sachlicher Kritik und übler Nachrede zu unterscheiden, dann können ihnen vielleicht die Gerichte dabei helfen. Noch besser wäre es natürlich, würde die deutsche Öffentlichkeit die Muslime damit nicht alleine lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pressekonferenz in Mar-a-Lago
Trump träumt vom „Golf von Amerika“
Bürgergeld-Populismus der CDU
Die Neidreflexe bedient
Verkehrsranking
Das sind die Stau-Städte
Anbiederungen an Elon Musk
Der deutsche Kriecher
Religionsunterricht
Deutschlands heilige Kuh
Habeck-Werbung in München
Grüne Projektion