Kommentar Bankdatenabkommen Swift: Respekt verspielt
Mit der Zustimmung zu diesem faulen Swift-Kompromiss hat das EU-Parlament gezeigt, dass es nicht erwachsen werden will.
Es ist pädagogisch nicht besonders wertvoll, aber überaus wirksam, kleinen Kindern mit dem schwarzen Mann zu drohen. Die europäischen Mitgliedstaaten, die das Europaparlament kleinhalten wollen, kreierten in der Auseinandersetzung um die Weitergabe von Bankdaten an die USA ein solches Schreckgespenst und nannten es "Sicherheitslücke". Innenkommissarin Cecilia Malmström erklärte mit schreckgeweiteten Augen, einige Terrorspuren seien schon erkaltet, weil die US-Ermittler sich nicht mehr auf den Konten europäischer Kunden umsehen durften.
Im Februar schien das EU-Parlament unter dem neuen Lissabon-Vertrag erwachsen genug geworden zu sein, um sich vom schwarzen Mann nicht länger schrecken zu lassen. Die Abgeordneten verlangten nach Belegen dafür, dass das Herumfischen in europäischen Bankdaten zu greifbaren Ermittlungsergebnissen geführt hat - es gab keine. Daraufhin formulierte eine Mehrheit klare Bedingungen, wie ein Abkommen aussehen müsste, dem sie zustimmen könnte.
Daniela Weingärtner ist Brüssel-Korrespondentin für die taz.
Die meisten dieser Bedingungen wurden nicht erfüllt. Die Speicherdauer bleibt unverändert fünf Jahre, kein Richter prüft die Anfrage, die Übertragung großer Datenpakete ist weiterhin erlaubt. Mit seiner Zustimmung zu diesem faulen Kompromiss hat das EU-Parlament gezeigt, dass es eben doch nicht erwachsen werden will. Vom Gerede um drohende schlechte Beziehungen zu den USA hat es sich ins Bockshorn jagen lassen. Dabei hatten die Amerikaner begonnen, diesen europäischen "Congress" als Gesprächspartner ernst zu nehmen. Abgeordnete berichteten, sie würden bei den Verhandlungspartnern in Washington mehr respektiert als von den europäischen Regierungen. Dieser Respekt ist nun verspielt.
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