Kommentar Bahn-Börsengang: Stoppsignal in letzter Minute
Wegen der Finanzmarktkrise wurde der Börsengang der Bahn verschoben. Jetzt wird es noch schwerer, die Teilprivatisierung zu rechtfertigen.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.
Der geplante Börsengang der Bahn findet vorerst nicht statt: Das ist inmitten der Finanzmarktkrise eine wirklich gute Nachricht. Selbst eingefleischte Befürworter der Teilprivatisierung mussten angesichts weltweiter Bankenpleiten und verunsicherter Anleger einsehen, dass bei einem Börsengang zum jetzigen Zeitpunkt auf unvertretbare Weise öffentliches Vermögen verschleudert worden wäre. Die Erlöse, die vom Bahn-Verkauf erwartet werden, hatten sich schließlich auf nur noch 4 Milliarden Euro halbiert - schon vor den jüngsten Kurseinbrüchen.
Die nun angekündigte Verschiebung sollte aber nicht das letzte Wort in dieser Sache sein. Vielmehr bietet sich jetzt die Chance, die Teilprivatisierung komplett zu überdenken.
Gute Argumente gibt es dafür mehr als je zuvor. Auch bei den ursprünglich erwarteten Einnahmen wäre die Bahn deutlich unter Wert verkauft worden. Um eine Rendite für die Investoren zu erwirtschaften, wären weitere Fahrpreiserhöhungen und Streckenstilllegungen nötig gewesen. Und anders als zuletzt beim umstrittenen Bedienzuschlag am Schalter könnte die Politik künftig auch nicht mehr ohne weiteres eingreifen.
Um das heikle Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten, wollen Bahn-Führung und Bundesregierung eine möglichst kurze Verschiebung des Börsengangs. Doch dieses Kalkül, das ein merkwürdiges Verständnis von Demokratie zeigt, dürfte nicht aufgehen. Die SPD wird sich schließlich irgendwann wieder darauf besinnen, dass sie dem Börsengang - gegen eine breite innerparteiliche Mehrheit - seinerzeit nur zugestimmt hatte, um den neuen Vorsitzenden Kurt Beck nicht zu beschädigen: ein Ziel, das sich mittlerweile erübrigt hat.
Zudem hat sich die öffentliche Stimmung weiter gedreht. Auch vor der Finanzkrise gab es schon eine breite Mehrheit gegen den Bahn-Verkauf. Nun aber gelten Banken und Investoren plötzlich als verantwortungslose Versager und der Staat als Garant von Sicherheit. Dass die Regierung mit der Bahn das letzte staatseigene Unternehmen mit einer wichtigen öffentlichen Aufgabe an Investoren verkaufen will, dürfte in Zukunft schwerer zu vermitteln sein als je zuvor.
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