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Kommentar BKA und BundespolizeiDer Innenminister sucht den Superbullen

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Um Reibungsverluste zu vermeiden, sollen BKA und Bundespolizei zusammengelegt werden. Doch auf die Kompetenzen der neuen Superpolizei muss genau geschaut werden.

E s klingt erst mal gut: Um Doppelarbeit und Kompetenzstreitigkeiten zu vermeiden, plant Innenminister Thomas de Maizière nun eine Art Superpolizei, zusammengesetzt aus dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei, die früher mal Bundesgrenzschutz hieß. Nur um eine Reform der Organisationen soll es gehen, nicht um eine Ausweitung der Befugnisse, beteuert der Innenminister.

Doch wer sich die vergangenen Jahre anschaut, muss an solchen Versprechen zweifeln. Obwohl ja eigentlich laut Grundgesetz vor allem die Länder für die Polizeiarbeit zuständig sind, haben die Sicherheitsbehörden des Bundes nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 mehr und mehr ihre Kompetenzen ausgeweitet, allen voran das BKA. Auch in der neuen Superpolizei soll ihm eine größere Bedeutung zukommen, das wird im nun vorgelegten Bericht der im Frühjahr vom Innenminister eingerichteten Kommission deutlich.

In diesem Gremium saßen Experten, die allesamt in Sicherheitskategorien denken - Ex-Generalbundesanwälte, Ex-Verfassungsschutzchefs, Ex-Bundeskriminalamtschefs. Bürgerrechte sind in einer solchen Runde im Zweifel zweitrangig. Das geht aus ihrem Bericht auch deutlich hervor. So wird dort etwa für die Ausweitung der Videoüberwachung bis auf den allerletzten Minibahnhof plädiert.

Bild: Urban Zintel

Wolf Schmidt ist Redakteur im Inlandsressort der taz und dort zuständig für "Innere Sicherheit".

An einer anderen Stelle schreibt die Kommission unverfroren, dass es eine "kompetentere Beratung der Justiz, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts" brauche. Statt der Sicherheitsbehörden hätten dort in den vergangenen Jahren zu sehr die Beschwerdeführer und "private Computerclubs" mit ihren "überhöhten theoretischen Missbrauchsszenarien" ein argumentatives Übergewicht erlangt - ein deutlicher Tritt gegen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die erfolgreich gegen die Vorratsdatenspeicherung geklagt hatte, und gegen den Chaos Computer Club, der zur Sachverständigenanhörung geladen war.

Am Donnerstag hat die Öffentlichkeit fast nur über die Frage diskutiert, wie die neue Polizei des Bundes heißen könnte, wo sie ihren Sitz hat und ob es am Ende mehr oder weniger Stellen für die Polizisten geben wird. Genau hinschauen wird man aber müssen, welche Kompetenzen die neue Superpolizei am Ende wirklich erhält. Und welche Vorschläge aus dem Kleingedruckten des Expertenberichts de Maizière sonst noch aufgreift.

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Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

6 Kommentare

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  • TM
    Thomas Müller

    1. Wenn Sie ein Auto bauen wollen, dann nehmen Sie sich ja auch nicht einen Weinbauern ins Entwicklungsteam, sondern Leute, die etwas davon verstehen (außer Hr. Kersten)

    2. Natürlich sind viele Sicherheitskritiker hysterisch. Die wenigen Kriminalbeamten in Deutschland sind mit ihrer täglichen Arbeit derart überlastet, dass sie gar nicht die Zeit haben, sich die Verbindungsdaten von 20jährigen pickeligen Informatikstudenten, die Angst wegen ihrer illegalen Downloads haben, durchzugucken. Auch wenn es das Ego der Betroffenen verletzt : Die Daten interessieren auch keinen Menschen.

    3. Die Bezeichnung "Superbulle" ist unpassend und eines evtl. ernsthaften Journalisten nicht würdig. Ich nenne Sie ja auch nicht "linken Paranoiden", "Zecke" oder ähnliches.

  • D
    der-dude

    @LOL:

     

    scheinbar haben sie das mit dem gesetzgebungsprozess nicht so ganz verstanden. sicherheitsinteressen und bürgerliche freiheitsrechte sind nicht leicht miteinander zu vereinbaren, deshalb ist es ja so wichtig, sich im vorfeld eine breite palette von meinungen einzuholen. mitglieder der sicherheitsbehörden tendieren eben dazu, ihre kompetenzen so weit wie möglich auszuweiten.

     

    jemand, der die wahrung der grundrechtlich verbrieften freiheitsrechte vertritt ist also automatisch ein "staats-und polizei hassender linker"?

  • L
    LOL

    Gibt es von linker Seite eigentlich auch sachliche und auf Fakten beruhende Einwände gegen eine Zusammenlegung von BPol und BKA?

     

    Oder gibt es nur dieses dumpfe und leicht dümmliche Gejammere von wegen "Superpolizei" und eine damit verbundene, für normale Menschen nicht zu verstehende, Angst.

     

    Besonders toll finde ich ja diesen Absatz:

     

    "In diesem Gremium saßen Experten, die allesamt in Sicherheitskategorien denken - Ex-Generalbundesanwälte, Ex-Verfassungsschutzchefs, Ex-Bundeskriminalamtschefs. Bürgerrechte sind in einer solchen Runde im Zweifel zweitrangig."

     

    Wer bitte soll den sonst in dem Gremium sitzen? Etwa durch irgendeinen Staats- und die Polizei hassender Linken?

  • S
    Stulle

    Es scheinen wirklich nicht viele richtig zugehört zu haben, als Maiziere seine Liste vorlas. Mir gruselt es, wenn ich mir vorstelle, jeder einzelne Bundespolizist darf in Zukunft soviel wie die Jungs vom BKA. Vor allem das Tempo unseres Innenministersofties ist verdächtig.

  • T
    thogo

    Sehr hypsch. So ein dickes Lob für die "privaten Computerclubs" hab ich von den Sicherheitsfanatikern noch nicht gehört :-)

  • Q
    Querulant

    Es wird immer nur einen Superbullen geben... Horst Schimanski...alle anderen sind Weicheier... ;-)