Kommentar Atomausstieg: Gar nicht so einfach
Für den Ausstieg aus dem Atomausstieg reicht nicht einfach ein Dekret. Wenn alle an einem Strang ziehen, wird von den schwarz-gelben Atomfantasien nur ein Bruchteil realisiert.
S icher ist: Mit einem Federstrich wird die neue Bundesregierung den Atomausstieg nicht aus der Welt schaffen können. Einen Bundestagsbeschluss, der kurzerhand die Laufzeiten von 32 auf vielleicht 40 Jahre verlängert, wird es nicht geben. Denn auch der Ausstieg aus dem Ausstieg geht nicht per Dekret, er braucht zwingend einen Konsens.
Erinnern wir uns: Bewusst hatte die Regierung im Jahr 2000 nur einen langsamen Ausstieg beschlossen. Das von den Grünen geforderte sofortige Ende der Atomkraft war für die Bundesregierung indiskutabel, weil sie Klagen der Atomwirtschaft scheute. In unserem Land gilt schließlich der Vertrauensschutz: Ein Unternehmen, das im Vertrauen auf geltendes Recht investiert hat, kann Entschädigung einklagen, wenn der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen in unverhältnismäßig kurzer Frist ändert. Und solche Urteile fürchtet jede Bundesregierung - mehr noch aus Imagegründen als des Geldes wegen.
Das alles gilt auch heute wieder - nur mit anderem Vorzeichen. Denn zahlreiche Unternehmen haben in den letzten neun Jahren Investitionen getätigt, deren Wirtschaftlichkeit durch einen Ausstieg aus dem Atomausstieg verschlechtert würde. Seien es fossil befeuerte Kraftwerke oder die erneuerbaren Energien: Wenn künftig mehr Atomstrom ins Netz fließt als geplant, wird dieser andere Energien verdrängen.
Nur ein Beispiel von vielen: Eine Laufzeitverlängerung für den Reaktor Brunsbüttel würde auch die Offshore-Windkraft betreffen, die das gleiche Umspannwerk nutzt. Wegen solcher und ähnlicher Konflikte wird auch die neue Regierung den Verhandlungsweg wählen müssen. Und das ist eine große Chance: Wenn nun alle Akteure von der Anti-Atom-Bewegung bis zur Branche der erneuerbaren Energien an einem Strang ziehen, wird von den schwarz-gelben Atomfantasien am Ende nur ein Bruchteil realisierbar sein.
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