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Kommentar Atom-StudieSand für unsere Augen

Kommentar von Stephan Kosch

Die EU muss aufpassen, dass die Atomlobby den Klimaschutz nicht über die Klinge springen lässt.

L ängere Laufzeiten von Atomkraftwerken werden den erwarteten Anstieg der Strompreise in den kommenden Jahrzehnten bremsen. Das hat jetzt der Bundesverband der Deutschen Industrie berechnen lassen. Ein Ergebnis, das nicht wirklich überrascht. Die Reaktoren sind längst bezahlt, und mit dem geplanten Neubau der Ersatzkraftwerke können sich die Konzerne noch Zeit lassen. Das spart Kosten, sorgt für rund 20 Milliarden Euro mehr Profit bei den Betreibern, und einen Teil davon werden sie schon an ihre Kunden weitergeben.

Doch die Studie argumentiert aus einer sehr eingeschränkten Perspektive: Das entscheidende Argument, das Experten aus zwei Instituten der Industrielobby liefern, ist der Preis für die Verschmutzungsrechte. Die Kohlendioxidzertifikate werden billiger, weil die deutschen Energieversorger weniger brauchen als geplant. Atomkraftwerke gelten nämlich als klimaschonend und brauchen keine Emissionsrechte. Weil zu dem Zeitpunkt, als die Rechte für die kommenden Jahre verteilt wurden, der vereinbarte Atomkonsens noch galt, wären im Falle eines Ausstiegs vom Ausstieg mehr Zertifikate auf dem Markt, als gebraucht würden.

Der Preis für Kohlendioxid wird also sinken. Die Industrie jubelt und sagt, der Klimaschutz werde billiger. Dabei droht er zukünftig so billig zu werden, dass sich Investitionen in den Klimaschutz in den Betrieben wie etwa sparsamere Technik, bessere Dämmung oder der Bezug von Ökostrom nicht mehr rechnen und stattdessen einfach weitere Verschmutzungsrechte auf dem Markt gekauft werden.

taz

Stephan Kosch ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Wer also für niedrigere Stromrechnungen längere Laufzeiten von Atomkraftwerken in Kauf nimmt, schwächt ein sinnvolles Instrument zum Klimaschutz. Dieses Problem wäre zu lösen, wenn die EU sich auf die neue Lage in Deutschland einstellte und das festgelegte Budget kürzte. Doch dazu müsste ein mühsam festgezurrtes Gesetzespaket noch mal aufgeschnürt werden. Das wäre eine Herausforderung, selbst für eine echte Klimakanzlerin.

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1 Kommentar

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  • K
    Klaus

    Sehr geehrter Herr Kosch, wenn es Ihnen, durchaus zu begrüßen, um eine klare Systematik zur Förderung Erneuerbarer Energien (EE) geht, bitte erklären Sie uns TAZ-Lesern wie z. B. folgende Praktiken stimmig zueinander passen: 1. Subventionierung EE durch hohe Einspeisevergütungen; trickweise finanziert über Umlagen, vom Verbraucher zu tragen 2. Förderung EE durch Steuervermeidungsmöglichkeiten für rel. betuchte Investoren, z. B. in Windparks 3. Förderung lokaler EE-Anlagen durch div. Investitionszuschüsse 4.Verpflichtung der EVUs (RWE etc.) zu bestimmten Zeiten völlig überflüssigen Strom abzunehmen, der zu anderen bitter benötigten Bedarfszeiten nicht zur Verfügung steht 5. Verpflichtung von EVUs auf deren Kosten Netze zu legen um den EE-Strom von der Provinz in die Verbrauchszentren zu legen 7. Förderung der Forschung zu den EE 6.Und dazu noch ein Cap- and Trade-System einzuführen, das doch ALLE hier genannten Förderpraktiken implizit abdeckt?