Kommentar Armstrongs Geständnis: Die Beschützer der Bescheißer
Von der deutschen Antidopingagentur Nada erwartet niemand, dass sie einen Betrüger wie Armstrong zu Fall bringt. Sie ist fest im Griff der Funktionäre.
L ance Armstrong hat es zugegeben. Er hat gesagt, dass stimmt, was alle wussten. Ja, Lance Armstrong ist der wohl größte Sportbetrüger, den die Welt je gesehen hat.
Der Mann, der, vollgepumpt mit pharmazeutischen Erzeugnissen, siebenmal hintereinander die Tour de France schneller absolviert hat als die Konkurrenz, hatte schon vor dem Geständnis jeden Kredit verspielt. Er konnte der Welt nichts beichten, was diese nicht schon gewusst hätte. Jetzt hat er sich entschuldigt, weil er nicht mehr anders konnte. In diese aussichtslose Lage hat ihn erst die US-Antidopingagentur Usada gebracht. Der 1.000 Seiten umfassende Bericht, den sie recherchiert hat, ließ Armstrong keine andere Wahl, als zu sagen: Ja, ich habe es getan.
Armstrongs Geständnis, so mager es für diejenigen sein mag, die gehofft hatten, der sinistre Radler würde die nicht minder sinistre Funktionärsgilde des Radsports der Mitwisserschaft und Korruption bezichtigen, ist ein Meilenstein der Sportgeschichte. Eine nicht gerade große und scheinbar wenig mächtige US-amerikanische Agentur zur Bekämpfung des Dopings hat den Kampf gegen die Betrügereien eines Nationalhelden, eines Stammgasts im Weißen Haus, eines Idols gewonnen.
ist taz-Sportredakteur.
Ihr Erfolgsrezept ist einfach: Unabhängigkeit von den Einflüssen der Sportverbände. Es sollte Vorbild sein auch für den Antidopingkampf in Deutschland.
Auch hier gibt es nämlich eine Antidopingagentur, die Nada. Von dieser erwartet man aber schon lange keine spektakulären Ermittlungsergebnisse mehr. Denn sie ist alles andere als unabhängig. In ihrem Aufsichtsrat sitzen Vertreter der Sportverbände und des Bundesinnenministeriums, die als Organisatoren und Förderer des Leistungssports vor allem auf Medaillen aus sind und am liebsten jeden Skandal vermeiden wollen. Die Nada wird so von denen kontrolliert, die sie kontrollieren soll. Ein wahrhaft absurdes Konstrukt.
Für den organisierten Sport und den Staat, den ehrgeizigen Leistungssportfinanzier, die beide auch die Agentur finanzieren, hat die Nada vor allem eine Feigenblattfunktion: Seht her, wollen sie mit ihr sagen, wir tun doch auch etwas gegen Doping. Zu viel mehr taugt die Nada nicht – schon gar nicht dazu, einen betrügerischen Sportler in die Enge zu treiben. Solche Bescheißer hat es in Deutschland immer schon eine ganze Menge gegeben – gerade auch im Radsport.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies