piwik no script img

Kommentar Arktis-RessourcenProfiteure der Erderwärmung

Reinhard Wolff
Kommentar von Reinhard Wolff

Der drohende Klimakollaps stellt eine große Bedrohung für diesen Globus dar - und verlangt nach radikalen Maßnahmen. Die Arktis auszubeuten ist der falsche Weg.

G ar keine Wahl hätten sie, die Anrainerstaaten der Arktis - so sah es jedenfalls, stellvertretend für seine Zunft, neulich ein Ölanalytiker im britischen Guardian. Wenn in Folge der erwartbaren Eisschmelze die Arktis, dieses Eldorado der Zukunft, erst einmal zugänglich werde, könne doch "keiner einfach still sitzen und da zusehen".

Das Problem aber ist: Je freigiebiger die Anrainerstaaten der Arktis den globalen Energiekonzernen die Lizenzen zur Ausbeutung ihrer unter dem polaren Meeresboden lagernden fossilen Brennstoffe ausstellen, desto schneller dürfte die Aufheizung der Erdatmosphäre völlig außer Kontrolle geraten.

Dies aber wollen die fünf Staaten, die sich die Arktis untereinander aufteilen wollen - die USA, Kanada, Russland, Norwegen und Dänemark - bislang noch nicht so recht einsehen. Man brauche "das Rad nicht neu zu erfinden", meinte jüngst eine dänische Ministerin.

Bild: privat

Reinhard Wolff ist Skandinavien-Korrespondent der taz.

Dabei übersieht sie geflissentlich, dass man mit dem geltenden internationalen Seerecht weder der einzigartigen Umwelt der Arktis noch dem globalen Klimaproblem beikommt. Es taugt nur dazu, die Claims abzustecken, damit die Küstenstaaten so schalten und walten können, als ob es sich bei dem Meeresgrund um nichts anderes als eine Fortsetzung des eigenen Festlandterritoriums handeln würde.

Vor 51 Jahren war die Welt da schon einmal weiter. Damals erkannten die beiden "Supermächte" USA und Sowjetunion sowie zehn andere Staaten, dass die Antarktis einen besonderen Schutz benötigt. Sie einigten sich auf ein Abkommen, das alle Territorialansprüche sowie militärische und die meisten wirtschaftlichen Nutzungsrechte bis auf Weiteres aussetzte.

Damals war es die Furcht vor einer Eskalation im Kalten Krieg, die zu diesem Stillhalteabkommen führte. Der drohende Klimakollaps stellt nun eine ähnlich große Bedrohung für diesen Globus dar - und verlangt nach vergleichbar radikalen Maßnahmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!