Kommentar Anschlag Moschee in Brüssel: Die verkannte Gefahr
Nach dem Brandanschlag auf eine Moschee in Brüssel muss das Bewusstsein geschärft werden, dass radikale Salafisten für alle Andersdenken eine Bedrohung darstellen.
A ls ein islamistischer Attentäter in den Niederlanden 2004 den Filmemacher Theo van Gogh ermordete, kam das Land über Monate hinweg nicht zur Ruhe. Als der 22-jährige Arid Uka im März 2011 auf dem Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschoss, wurde dies als erster islamistischer Anschlag in Deutschland gewertet.
Im Vergleich dazu hält sich das öffentliche Erschrecken über den Brandanschlag auf eine Moschee in Belgien, bei dem in der vergangenen Woche ein Imam ums Leben kam, stark in Grenzen. Es wäre wohl größer, hätte dieser Anschlag andere Urheber oder andere Ziele gehabt.
Überrascht dürften nicht nur viele Belgier zur Kenntnis genommen haben, dass es sich bei dem Attentäter nicht etwa um einen rechtsextremen Muslimhasser, sondern um einen islamistischen Fanatiker gehandelt haben soll. Aber dieses Erstaunen ist in sich selbst schon erstaunlich. Denn spätestens seit dem Bürgerkrieg im Irak sollte bekannt sein, dass radikale sunnitische Islamisten ihren Hass nicht nur gegen vermeintlich „westliche“ Ziele, sondern auch gegen die andere große Konfession des Islam richten: Schiitische Muslime stellen für sie ein mindestens ebenso großes Feindbild dar wie Juden, „Kreuzfahrer“ und andere Christen.
Die Gefahr, dass dieser Hass auf Schiiten auch in Europa Opfer fordert, wurde bislang verkannt. Zwar folgte der Attentäter nur einer paranoiden Fantasie, als er in den Schiiten von Brüssel eine heimliche Stütze des Assad-Regimes in Syrien sah, das mit dem Iran im Bunde steht.
Nun aber wird man daraus die notwendigen Lehren ziehen und auch schiitische Einrichtungen besser schützen müssen. Vor allem gilt es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass radikale Salafisten nicht nur für Juden und Christen, sondern für alle Andersdenkenden eine Bedrohung darstellen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links