Kommentar Ampelkoalition: Die Ampel ist rot
Die SPD denkt über die Ampelkoalition nach. Taktisch ist das nachvollziehbar, inhaltlich gibt es aber kaum einen Bereich, indem die drei Parteien übereinstimmen.
W er sich für die Geschichte von Ampelkoalitionen interessiert, muss ein ganz schönes Stück Weg hinter sich bringen und landet im Jahr 1991. Damals ging der Bremer SPD-Bürgermeister Klaus Wedemeier ein Bündnis mit Grünen und FDP ein; es war das letzte seiner Art oberhalb der kommunalen Ebene.
21 Jahre später ist die Ampel durch die Nominierung von Joachim Gauck zum Bundespräsidentschaftskandidaten wieder ein Thema, weil FDP-Chef Rösler den rot-grünen Kandidaten unterstützte. Die SPD will sich nun für die Bundestagswahl alles offenhalten. Es ist ein Irrweg.
Taktisch ist das Verhalten der SPD zunächst nachvollziehbar: Reicht es 2013 nicht für eine Koalition mit den Grünen, soll es mehr Möglichkeiten als die ungeliebte große Koalition geben. Und es könnte ja auch sein, ventiliert man in der SPD, dass sich die FDP noch ändert.
Wo genau die Schnittmengen liegen sollen – außerhalb des von den Liberalen vollkommen vernachlässigten Themas Bürgerrechte – bleibt unklar. Von der Finanz- über die Gesundheits- bis zur Arbeitsmarktpolitik gibt es keinen Bereich, in dem FDP, SPD und Grüne schmerzfrei zusammenarbeiten könnten.
Für welche Politik stünde also eine Ampelkoalition? Für oder gegen Finanzmarktregulierung? Für Klimaschutz oder für freie Autofahrer? Für mehr oder für weniger Steuern? Dass die Option in der SPD offengehalten wird, zeigt: Es gibt kein Vertrauen in Rot-Grün, die SPD fühlt sich zu schwach.
Wie risikoreich eine Beliebigkeitsstrategie ist, hat das Ergebnis für die Grünen in Berlin gezeigt: Weil eine Koalition mit CDU und SPD offengelassen wurde, straften die Wähler die Grünen ab.
Die Partei hat daraus gelernt und Schwarz-Grün für die Bundestagswahl ausgeschlossen. So weit ist die SPD noch nicht. Vielleicht fehlt einfach noch eine krachende Wahlniederlage: Ein paar Möglichkeiten bis September 2013 bieten sich da durchaus noch.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin