Kommentar Airline-Index: Druckmittel gegen Überflieger

Der Airline-Index ist keine Lösung, aber sinnvoll. Einzelnen Unternehmen kann man jetzt schwarz auf weiß ihre schlechte Performance vorhalten.

Sie wollen verreisen? Sehr schön. Sie wollen fliegen? Weniger schön. Aber gut: Dann sollten Sie ab sofort nicht nur Hotelkataloge wälzen und Flugpreise vergleichen, sondern sich auch um eine möglichst grüne Airline kümmern. Der Atmosfair Airline Index (AAI) bietet dazu Gelegenheit. Eigentlich verpflichtet er Sie sogar dazu, wenn Sie im Urlaub ein ruhiges Gewissen haben wollen.

Und das ist schon das erste Problem. Verführt ein Öko-Ranking nicht dazu, den Skandal zu vertuschen? Dass nämlich unser Freizeitverhalten (zwei Drittel der Flugpassagiere fliegen in den Urlaub) einen ordentlichen Beitrag (bis zu 10 Prozent) zum Klimawandel leistet, der vor allem den Armen die Lebenschancen nimmt? Wir blenden diese Frage gern aus, wenn wir von Ostern auf Gomera träumen. Aber die Frage bleibt.

Sie ist auch nicht neu. Als Atmosfair im Jahr 2004 an den Start ging, um Klimaschulden per Spende zu begleichen, lautete ein Vorwurf: "Umweltpolitischer Ablasshandel", damit die zahlungskräftige und globalisierte grüne Mittelklasse nach Herzenslust weiter um die Welt jetten könne. Umfragen deuten allerdings darauf hin, dass die Atmosfair-Kundschaft nicht häufiger geflogen ist, weil sie sich freikaufen konnte. Ganz im Gegenteil: Die Idee wurde häufig kopiert.

BERNHARD PÖTTER ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt der taz.

Der Airline-Index ist keine Lösung. Und trotzdem ist er sehr sinnvoll. Denn er bringt das Problem dahin, wo es herkommt: zu uns. Wir können wählen, ob und in welches Flugzeug wir steigen. Und gleichzeitig macht er Druck auf Politik und Wirtschaft. Denn in Zukunft wird dieser Index immer wieder zitiert werden. Einzelnen Unternehmen kann man jetzt schwarz auf weiß ihre schlechte Performance vorhalten.

Der Politik kann man vorwerfen, dass es für jeden Quark Grenzwerte gibt, aber nicht für den Schadstoff aus Verbrennungsmotoren. Und die Industrie muss sich immer wieder schämen, dass auch der Testsieger nur ein Effizienzniveau erreicht, bei dem der Otto Normalverbraucher keine Waschmaschine kaufen würde.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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