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Kommentar AfghanistanNeues Wort für altes Kalkül

Bettina Gaus
Kommentar von Bettina Gaus

Der Verteidigungsminister hat die Auseinandersetzungen am Hindukusch als "nichtinternationalen bewaffneten Konflikt" neu eingestuft. Denn dafür gelten andere Regeln als für eine Friedensmission.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

9 Kommentare

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  • X
    xpeten

    Schluss mit der Wortklauberei, wollen wir uns daran beteiligen, gegen die Bedrohung der zivilisierten Welt (und nicht nur gegen den "Feind der Amerikaner"!) vorzugehen oder nicht. Wenn ja, da wo nötig die Rahmenbedingungen ändern und los.

    Wie dieser Einsatz dann genannt wird, ist völlig zweitrangig. "Neubewertung", "Konflikt", "Krieg oder nicht Krieg", "nicht international" = alles Haarspalterei, bürokratischer Unfug und - verlorene Zeit.

  • D
    Daniel

    "Das wichtigste Motiv für die Neubewertung: Für einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt gelten andere Regeln als für eine Friedensmission. ... Ein Vorgang wie der Angriff auf zwei Tanklaster nahe Kundus, bei dem zahlreiche Zivilisten starben, wäre dann vermutlich nicht mehr Anlass für einen Untersuchungsausschuss, sondern würde für unvermeidlich gehalten."

     

    Genau das ist des Pudels Kern, und genau darum bin ich gegen eine Neubewertung. Ich bin dagegen, es uns plötzlich allzu einfach zu machen und unsere Kräfte weiter zu entfesseln.

     

    Von Anfang an verwahren wir uns dagegen, am Feldzug mitzumischen. Doch wollten wir nach dem "Stich ins Wespennest" die verängstigten Menschen Nordamerikas nicht im Stich lassen. Militärisch halten wir den Verbündeten sehr effektiv den Rücken frei. Unsere primären Ziele waren und sind jedoch Aufbau von Polizei und Zivilgesellschaft.

     

    Die US-Amerikaner haben große Angst vor weiteren Terrorakten. Die Afghanen jedoch hatten in 30 Jahren 4 Mio. Getötete zu verbuchen. Zu den Versehrten habe ich keine Zahl.

     

    Taliban sind sehr verschiedene paschtunische Gruppierungen und nicht grundsätzlich unsere Feinde. Der Feind der Supermacht heißt Al Qaida. Wer hat Bin Laden aufgebaut im "kalten" Krieg? Die CIA. All das muß auch berücksichtigt werden.

  • X
    xpeten

    @Kati,

    eine kleine und radikale Minderheit, die ständig Ihre Argumente wiederholt und auf ihnen beharrt, kann ich nicht ausmachen.

    Sehr wohl ausmachen kann ich aber eine kleine, aufgeklärte Minderheit, die weiß, dass Afghanistan nur ganz kurz um die Ecke liegt, und die mit guten Argumenten zu diesem Einsatz steht.

    Ausmachen kann ich aber auch eine "volksnahe" Bevölkerungsschicht mit kurzer und nach hinten gerichteter Sichtweise, welche über keine wirklichen Argumente verfügt und ausschließlich mit polemischen Forderungen am Stammtisch und in Rentnerforen gebetsmühlenartig den sofortigen Abzug "ihrer Jungens" fordert.

    Diesen Leuten ist es dabei völlig egal, wenn nach dem Abzug dort erst einmal Zigtausende Zivilisten, Frauen und Kinder massakriert werden, alles bisher Erreichte -wie Schulen- zerstört und jedes zarte Pflänzchen der Aufklärung ein für alle Mal zertreten wird, "ist doch nicht unser Problem", auch die Gefahr, dass die pakistanischen Taliban Zugriff auf Atomwaffen erhalten können, ist ihnen scheinbar völlig gleichgültig. Für diese Menschen hört ihre kleine heile Welt ganz offensichtlich an der deutschen Grenze auf, wenn nicht schon früher.

  • VG
    Vera Gehlkiel

    Letztendlich ist diese gesamte Wortklauberei zynisch

    und würdelos, welche Guttenberg angesichts der

    zahlreichen Opfer im Zusammenhang mit dem Angriff

    auf die beiden Tanklaster weiterhin betreibt.

     

    Seine Stellungnahmen, auch im Fernsehen, waren

    ausnahmslos dominiert von Eitelkeit und Taktik,

    sowie vom Auftrag, das Gesicht zu sein für die

    Weiche - Kekse - Kampagne der Mutti.

     

    Viele scheinen schon jetzt zu vergessen, welche

    Katastrophe die Bush - Männer weltweit hinterlassen

    haben, egal, ob Aussen - oder Innenpolitisch, und

    das eines ihrer wesentlichen Instrumente die

    vollkommen amoralische, vorbehaltlose Aneignung

    des Sprachraumes, sowie die situativ bezogene

    Erlangung und Erhaltung der argumentativen Dominanz

    über lange Strecken war.

     

    Wir sollten endlich versuchen, aus der jüngeren

    und jüngsten Geschichte zu lernen, und uns klar

    machen, das wir uns solcherart machtgierige

    Propaganda gesellschaftspolitisch nicht mehr leisten

    können, denn, auch das dürfte sich erwiesen haben,

    niemand hat mehr für die Ausbreitung und Etablierung

    von fundamentalistischen und terroristischen

    Inhalten getan, als die Bush - Administration.

     

    Um im Hinblick auf den Afghanistan - Einsatz weiter

    zu kommen, muss dringend Transparenz erzeugt werden,

    und das kann nur durch eine Öffnung des Horizonts

    jenseits der "Heimatfront" im Sinne einer Debatte, an der sich alle gesellschaftlichen Schichten

    beteiligen, geschehen. Das nützte dann auch den

    Soldaten dort, die jetzt als Manövriermasse im

    Nebel, der den geistigen Nihilismus der Regierung

    MerkelWesterwelle verschleiern soll, dahindümpeln.

     

    Es ist nur zu hoffen, das die Winde bald wieder

    kräftiger wehen, und die Leute damit anfangen, sich

    diese kaltgepressten, menschenverachtenden, völlig

    von sich selbst überzeugten "Leistungsträger" nach

    der Schnitzart eines Guttenberg, eines Westerwelle

    einer van der Leyen, einer Merkel, mal richtig

    anzusehen.

     

    Kritisch bewertet werden muss auch dringend, das

    politische Repräsentanten einer modernen Demokratie

    im einundzwanzigsten Jahrhundert immer noch den

    Eindruck erwecken, es gebe nichts nötiger in der

    Welt zu tun, als im Krisengebiete aufzukreuzen, und

    sich in der Etappe im Kreis bärtiger soldatischer

    Helden fotografieren zu lassen, egal, wieviele

    Menschenleben diese wohlfeile Geste nun einmal

    gefährdet.

     

    Wenn schon eine Geste, dann eine solche, wie sie Obama sehen liess bein Salutieren vor gefallenen

    amerikanischen Soldaten. Eine Analogie für

    Guttenberg? Vielleicht macht er ein Knobelbecher-

    Riechspiel beim Beckmann mit (bei Wetten - Das ?

    war er ja leider vor kurzem schon), und klärt das

    noch mal brutalstmöglich auf, wer oder was jetzt

    eigentlich die legitime Regierung am Hindukusch

    repräsentiert. Soweit ich das mitgekriegt habe,

    ist das gar nicht so unbestritten die Karsai -

    Administration, wie hier im Blog gemeint wurde.

     

    Noch eine Anmerkung zu Hitler: seine Regierungs-

    koalition kam zwar 1933 im Rahmen einer demokratisch

    legitimierten Prozedur an die Macht, aber doch wohl

    schon als Folge einer Jahrelang missbräuchlich

    instrumentalisierten Notstandsgesetzgebung, die das

    System bereits ausgehöhlt hatte. Die dann folgende

    Machtergreifung der Nationalsozialisten benutzte

    zwar die Metaphern des demokratischen Sprachraumes

    weiter, usurpierte aber sowohl diesen Sprachraum als

    auch alle Strukturen des Systems vollständig mit

    rohester Gewalt. Eine bewaffnete Opposition oder

    eine im Ausland befindliche Opposition hätte auf der

    Grundlage des Infragestehens der Legitimität des

    Hitler - Regimes eine Gegenregierung bilden können,

    und dann würden wir uns heute auch noch darüber den

    Kopf zerbrechen müssen, ob der Adolf und seine

    Gangster den deutschen Staat repräsentierten, oder

    ob sie eine Organisation waren, die sich innerhalb

    des deutschen Staates bewegte.

  • H
    hokul

    ein treffsicherer kommentar!

  • K
    Kati

    @xpeten: die Propagandawelle läuft auch auf Hochtouren. Der Krieg ist nicht das Problem, Frau Kläßmann wird aufgrund ihrer Meinung zum Problem erklärt. Sogar der Deutschlandfunk gab sich erstaunt, daß die Bischöfin nach dem Kriegsbeschönigungsgespräch mit dem Verteidigungsminister immer noch ihre eigene Meinung hatte. Perverse Welt.

    Die Psychologie sagt übrigens, dass eine kleine, aber radikale Minderheit, die permanent ihre Argumente wiederholt und auf ihnen beharrt, die Meinung einer Mehrheit von Menschen ändern kann. Auch wenn die Meinung der Minderheit eigentlich Blödsinn ist.

  • X
    xpeten

    Zitat (Z.1-3): "Die Zweifel in der deutschen Bevölkerung am Sinn des Afghanistaneinsatzes wachsen"

     

    Genau das scheint nicht so zu sein. Die Argumente der Sofort-Raus-Fraktion sind wenig überzeugend, das wird auch immer mehr so wahrgenommen und zu einer höheren Akzeptanz der Einsätze führen.

  • IN
    Ihr Name Herr V-Punkt

    Die hier beschriebenen Analogie zwischen zweitem Weltkrieg und der Konstellation in Afghanistan verbietet sich auch auf formaler Ebene.

     

    Im Falle des zweiten Weltkriegs war es der damalige deutsche Staat der bekämpft wurde. Unerheblich ob es eine bewaffnete deutsche Oposition gegeben hätte oder nicht.

     

    Im Fall Afghanistan wird eine im Staatsgebiet operierende Organisation bekämpft. Es geht somit nicht um einen Konflikt zwischen Staaten.

     

    Eine unterscheidung zwischen diesem beiden Formen des Konflikts ist daher notwendig. Fraglich ist jedoch ob die eine Konfliktform als Krieg bezeichnet werden muss, während die andere "nur" die Bezeichnung bewaffneter Konflikt trägt.

     

    Wie wäre es denn mit intranationaler und internationaler Krieg bzw. bewaffneter Konflikt?

  • B
    Bürger

    Ihre Analogie ist falsch.

     

    ISAF kämpft auf Seiten der afg. Regierung gegen die Aufständischen und nicht mit ihnen gegen die Regierung.

     

    Ihre Analogie beschreibt das genaue Gegenteil(welches von OKT-DEZ 01 in Afg der Fall war). Das ist ein internationaler bewaffneter Konflikt gewesen.

    OEF hatte damals die Taliban mit Hilfe der Nordallianz von der Regierung vertrieben.

     

    Danach hatte sich die rechtliche Lage des Einsatzes geändert.

     

    Mit etwas Recherche und dem Studium aktueller Kommentare von Völkerrechtlern wäre diese Antwort von selbst gekommen.

     

    Polemik und Tatsachenverdrehung ist kein gesunder journalistischer Stil.