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Kommentar ActaEinladung zum Missbrauch

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Das Acta-Abkommen treibt Demonstranten in ganz Europa auf die Straßen – zu Recht. Es droht eine neue Form der Überwachung und Zensur.

D as ursprüngliche Versprechen lautete: Durch das Internet wird alles leichter. Kein langes Anstehen mehr am Bahnschalter: zack! - und das Ticket ist zu Hause ausgedruckt. Reisebüro: Quatsch. Da googel ich mir die billigste Verbindung doch lieber selber. Und wenn es stürmt und schneit, das Kino weit und das Fernsehprogramm nichts ist: Wie gut, dass ich mir einen Film für 1,99 Euro runterladen kann. Auch die Freundschaftspflege dank Facebook über Kontinente hinweg - alles kein Problem.

Denkste!

Das Netz ist ein scheinbar unendlicher Marktplatz. Mit knallhart umkämpften Interessen. Die Diskussionen über Facebook zeigen, wie ungeschützt sich viele in die Hände von Anbietern begeben, denen es in erster Linie ums Geldverdienen geht.

taz
Ines Pohl

ist Chefredakteurin der taz.

Jetzt treibt eine neue Debatte Demonstranten in ganz Europa auf die Straßen. In einem internationalem Abkommen sollen Internetanbieter verpflichtet werden, zu überprüfen, was ihre jeweiligen Nutzer im Netz so treiben. Staatliche Hoheitsaufgaben, Polizeiarbeit nämlich, können also an Privatunternehmen ausgegliedert werden. Da müssen die Alarmglocken schrillen: Wie halten es die privatisierten Blogwarte mit Datenschutz und Korruption?

Die Begründung für das Acta-Abkommen klingt dabei zunächst sogar einleuchtend. Endlich sollen die permanenten Urheberrechtsverletzungen eingedämmt werden. Schluss damit, dass mit nur wenigen Klicks Musik, Filme und Texte genutzt und verbreitet werden, ohne dass die UrheberInnen für ihre Arbeit entlohnt werden.

Damit Acta von möglichst vielen Ländern unterzeichnet wird, ist es, wie jede Kompromissformel, schwammig formuliert. Damit bleibt viel Raum für Interpretationen. Kritiker befürchten zu Recht, dass einzelne Staaten sich damit auf Acta berufen können, um ihre eigenen Interessen einfach durchzusetzen. Im Zweifel kann das sehr schnell Zensur bedeuten, wenn beispielsweise ultrakatholische Regierungen Acta missbrauchen, um Seiten von und für Homosexuelle zu sperren.

Mit jedem Tag wird unser Leben ein bisschen weiter infiziert von den Möglichkeiten des Internets. Das macht unser Leben nicht nur einfacher, sondern verlangt, uns durch komplizierte Sachverhalte durchzubeißen und eigenverantwortlich Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Und gegebenenfalls auf die gute alte Straße zu gehen, um gegen eine ganz neue Form der Überwachung und Zensur zu protestieren.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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6 Kommentare

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  • S
    Sushi

    @Manny: Das ist gar nicht so weit her geholt. Man denke nur daran wie ein (geblogtes) Zitat aus einem Zeitungsartikel zu dem Vorwand gesponnen werden kann um das Blog zu zensieren. Alles vorerst ohne staatliche Überwachung sondern durch die (gegebenenfalls sehr geneigte) Privatwirtschaft.

     

    Gegen wirkliche Urheberrechtsverletzungen hat die Contentmafia genügend Mittel. Meiner Meinung nach zu viel, wenn man bedenkt, dass Miele und Müllermilch *jeweils* fast doppelt so viel Umsatz machen wie die Musikindustrie! Wer ist hier für wen da - die zu unserer Unterhaltung oder wir um gemolken zu werden?

     

    Lustigerweise hat die Megaupload-Schließung die Piraterie nicht veringert.

  • M
    Manny

    Das mit den Seiten für Homosexuelle sperren ist nun aber wirklich dümmlich. Das geht daraus nicht hervor.

     

    Worauf ACTA aber Effekt hat ist der Zugang zu AIDS-Medikamenten in den ärmsten Ländern der Erde.

     

    Was ACTA auch macht ist Strafrecht am EU Rechtsrahmen vorbei. Man muss noch mal bedenken, dass ACTA ist so "harmlos", dass es sich bei der WTO nicht durchsetzen lässt, aber daum ein eigener Prozess. Auch die Harmonisierung von Strafrecht in der EU, das kriegt die EU nicht gebacken. Aber das ganze als Handelsprozess anpinseln und Drittstaaten hinzunehmen, EU-Parlament draussen lassen, schon gibt es Strafrechtliche Bestimmungen.

     

    Und dann heisst es so schön mal hält sich ans EU-Recht, kein Wunder wenn es so ein EU-Recht noch gar nicht gibt. Die EDRI haben dazu eigentlich alles gesagt.

  • R
    Renegade

    Alle Macht, die man der Regierung überträgt, ist eine Einladung zum Missbrauch. Das ist die Natur des Staates.

  • G
    glasperle

    Ihren Kommentar hier eingebenNoch kein Kommentar zu solch einem wichtigen Thema,das wundert mich.

    Ich sag nur,aufgepasst.

    Wachsam bleiben.

    Gute Adressen von Europaabgeordneten die damit zu tun haben und angeschrieben werden können gibt es im Net.Durch persönliche Anschreiben fallen die auch nicht unter die Spam.

    VECEREMOS.

  • EB
    Ehrengard Becken-Landwehrs

    Auch ich bin absolut dafür, daß Urheberrechte geschützt werden! Was bei bzw. durch ACTA ablaufen soll, läßt einem jedoch die Haare senkrecht hochstehen! Die perfekte Zensur, mit der man die Internetbenutzer zu unmündigen und willfährigen Kreaturen abstempelt. Klare und deutliche Aussagen in Verträgen sind nicht möglich, weil sich jeder ein Hintertürchen auflassen will.

    Zu was sind Politiker eigentlich nütze, sofern es sich dabei um "Demokratien" handelt?! Bei Diktaturen ist nichts anderes zu erwarten.

    Schließe mich jeder friedlichen Bewegung an, die gegen ACTA auf die Straße geht!!!!!!!!

  • K
    KFR

    Ihr wacht doch erst auf, wenn die "TAZ" nicht mehr erreichabr ist, weil diverse Provider einfach die Kenntniss der IP leugnen und auf "geeignete" Webseiten umleiten oder ins "timeout" laufen lassen, weil es "wichtigere" gibt.

    ( sowas passiert heute schon, auch ohne ACTA ).