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Ich habe heute nach langer Zeit mal wieder Gottschalk live gesehen. Gäste waren Iris Berben und Lionel Richie.
Und ich muss sagen - diesmal war die Sendung, die Interviews richtig gut. Top Gäste. Gottschalk war gut.
Bis zu dem Moment als er verkündete, was er mit den letzten Sendungen vorhat. "66 Träume" bei Gottschalk live. Der Pathos mit dem er da "SEINE" Idee vorstellte, war wieder einmal unerträglich. Gottschalk der große Retter der "Ungehörten" möchte zuerst "alles", dann später ein bisschen "Starthilfe" für die armen Schweine da draußen geben, die tolle Ideen, aber keine Kohle haben. Es wäre eine gute Idee. Ohne Gottschalk. Denn dieser Mann kann von seinem Größenwahn einfach nicht lassen.
"Er wird uns nicht vermissen (...) Wir ihn aber auch nicht allzu sehr."
Würde Felix Dachsel uns vermissen? Wir ihn und sollche Kommentare nicht allzu sehr.
"... was das Wort „Vorabend“ transportiert: Das Käsebrot, die Holzvertäfelung des Wohnzimmers, das Bier des Angestellten, der Feierabend macht."
- Was soll das sein, die Fantasie des Medienredakteurs über den deutschen Alltag? Aber Samstagabends sitzen wir alle Im Atelier mit Großbildleinwand statt im holzvertäfelten Wochentags-Wohnzimmer, trinken Champagner statt Bier und dinieren mit vier Gängen, statt Käsebrot zu essen? Weltläufigkeit und großer Bahnhof statt eingezwängtem Vorabend?
Zynische Gleichgültigkeit und Interesselosigkeit gegenüber Gesprächspartnern ist im Abendprogramm gutgehende "Nonchalance", wochentags "unangenehm", wo über Themen gesprochen wird, "die das Land bewegt"? Man sollte ohnehin eher über Themen sprechen, die das Land bewegen.
Ich habe weder die eine noch die andere Sendung je gesehen, aber wer sich um das "große Lagerfeuer" schart, das so jemand am Samstag entzündet, hat auch wochentags nichts Besseres verdient.
Aber wir taz-Leser haben was Besseres verdient als solche geistreichen Medien-Analysen. Über Nicht-Ereignisse oder Nicht-mehr-Ereignisse im Fernsehen könnte man in der Zeitung stattdessen auch einfach schweigen.
"Das Käsebrot, die Holzvertäfelung des Wohnzimmers, das Bier des Angestellten, der Feierabend macht"
Also ich finde, dass er in den letzten 10 Jahren (gefühlte 20 Jahre) genau das verkörpert hat.
Öffentlich rechtlich geförderter (bezahlter) schmieriger Altherren-Humor.
Lieber Herr Dachsel,
das haben Sie super auf den Punkt gebracht:
" Die Nonchalance mit der Gottschalk über seine Gäste und deren Antworten hinwegging war nüchtern betrachtet, und den Vorabend betrachtet man nüchtern, unangenehm. Das ging Samstagabend gut, da waren die Gespräche sowieso nur Simulation. Für eine Sendung, die das Gespräch zum Mittelpunkt macht, taugte Gottschalk nicht. Zuviel Leichtigkeit."
Danke!
Jetzt mal ganz ehrlich:
Wer möchte denn schon dieses seichte, boulevardeske Gottschalk-Gebabbel, wenn zur gleichen Zeit "Later with Jools" oder "Kulturzeit" läuft?
Käsebrot ist ein gutes Brot!
Käsebrot ist ein gutes Brot!
Käsebrot ist ein gutes Brot!
Sexy Sexy Käsebrot!
(und nommah!!)
Das war keine Leichtigkeit, sondern dummes, belangloses geplapper für Hirntote.
Unser Autor lebt in einer Eigentümergemeinschaft in Berlin. Doch die geplante Energiesanierung bringt einige Mitglieder in finanzielle Bedrängnis.
Kommentar Absetzung „Gottschalk live“: Er hat alles, was uns fehlt
Warum ist Thomas Gottschalk mit „Gottschalk live“ in der ARD gescheitert? Weil seine Gesten zu groß waren fürs deutsche Vorabendprogramm.
Er hat alles, was uns fehlt. Die Leichtigkeit von Malibu, die Temperaturen schwanken dort von 18 bis 29 Grad. Die Unbefangenheit eines Mannes, der nach dem Wohlbefinden seines Gegenübers fragt, ohne Interesse daran. Die ausgeschlafene Bräune, die weißen Zähne, das Gold in den Locken.
Bei „Wetten, dass...?“ sahen wir Thomas Gottschalk, eingeflogen aus Übersee, unbelastet von deutschen Diskussionen um Mindestlohn und Rente, wie er mit den Großen aus Hollywood plauderte, die Hand auflegte.
Er entzündete das große Lagerfeuer, um das wir uns scharten. Er war das bisschen Amerika, das wir uns leisteten: seine unerschütterliche Laune, das Lachen auf Knopfdruck. Wir können es schaffen, wenn wir nur wollen. Er kam die Showtreppe herunter und breitete die Arme aus wie die Christusstatue in Rio de Janeiro: Ich erlöse euch von den Sorgen der Woche!
Thomas Gottschalk verkörperte seit jeher das Gegenteil dessen, was das Wort „Vorabend“ transportiert: Das Käsebrot, die Holzvertäfelung des Wohnzimmers, das Bier des Angestellten, der Feierabend macht. Gottschalk passte nicht in die glanzlose Enge zwischen 19.20 und 19.50 Uhr, er stieß an die Studiowand, wenn er die Arme ausbreiten wollte. Eingezwängt zwischen Wetter, Werbung, Börse und Tagesschau.
Felix Dachsel
ist Medien-Redakteur der taz.
Die Idee von „Gottschalk Live“ war nicht schlecht. Fast täglich über Themen zu sprechen, die das Land bewegt. Eine Sicht auf die weichen Nachrichten, kurz vor der Tagesschau. Kleine Lagerfeuer entzünden, das war der Plan. Ein Experiment. Es ging schief. Warum?
Die Nonchalance mit der Gottschalk über seine Gäste und deren Antworten hinwegging war nüchtern betrachtet, und den Vorabend betrachtet man nüchtern, unangenehm. Das ging Samstagabend gut, da waren die Gespräche sowieso nur Simulation. Für eine Sendung, die das Gespräch zum Mittelpunkt macht, taugte Gottschalk nicht. Zuviel Leichtigkeit.
Jetzt sind wir ihn los, beißen ins Käsebrot und öffnen ein Feierabendbier. Er wird uns nicht vermissen, bei Temperaturen zwischen 18 und 29 Grad. Wir ihn aber auch nicht allzu sehr.
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Kommentar von
Felix Dachsel
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