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Kommentar Abschluss KlimagipfelEs fehlen neue Denkansätze

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Nur vordergründig ging es um den Kampf gegen Erderwärmung. Tatsächlich kämpften die Staaten für ihr Wachstum. Ein Scheitern wurde verhindert, ein Umdenken steht noch aus.

Z um Schluss lobten sich die Klimadiplomaten, und sogar die Klimaschützer jubelten: Die UN-Konferenz in Cancún hat achtbare Beschlüsse gefasst. Noch ein Treffen wie in Kopenhagen, das 2009 ohne Ergebnis endete, hätte die Klimagipfelei wohl auch nicht verkraftet.

Bild: taz

NICK REIMER war für die taz auf dem Klimagipfel von Cancún.

Ist damit also das Klima gerettet? Leider nein: So gut die Beschlüsse von Cancún auch sind, sie stellen doch nur einen Zwischenschritt zu einem neuen Weltklimaschutz-Regime dar. Was Cancún wert ist, wird sich erst nach der nächsten Klimakonferenz in Durban zeigen. In Südafrika soll gelingen, was in Kopenhagen scheiterte – ein völkerrechtlich bindender Vertrag, der alle 194 Vertragsparteien zur fairen Lastenteilung bringt.

Selbst wenn das gelingen sollte, wäre dem Klima aber nur ein bisschen geholfen. Will die Politik tatsächlich – wie nun in Mexiko beschlossen – die globale Erderwärmung auf 2 Grad begrenzen, müssen die Klimaschutzbemühungen mindestens verdoppelt werden. Die Wissenschaft sagt: 2020 muss der Höchststand der Emissionen erreicht sein – ab dann muss der Ausstoß jedes Jahr um etwa 3 Prozent gesenkt werden.

Drei Prozent, das gilt als das, was eine Volkswirtschaft gerade noch verkraftet. Deshalb wird das Klima nur mit einer Revolution auf dem Energiesektor stabilisiert werden können. Die aber ist nirgendwo in Sicht.

Das liegt auch daran, dass auf dem Klimaparkett nur vordergründig über schmelzende Eisschilde, steigenden Meerespegel oder zunehmende Extremwetter verhandelt wird. In Wirklichkeit geht es um Wirtschaftskraft, Prosperität und Wohlstand.

Wer die Chancen von grüner Energietechnik, Effizienztechnologie oder neuer Landwirtschaft für sich nutzt, der wird im nächsten Jahrzehnt einen ungeahnten Aufschwung erleben. Dafür brauchen wir neue Denkansätze. Die Klimadiplomaten aber verhandeln unter der wirtschaftlichen Maßgabe "Weiter so!".

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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3 Kommentare

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  • H
    hto

    Der Ansatz für das "gesunde" Konkurrenzdenken im "freiheitlichen" Wettbewerb, ist die stumpf- wie wahnsinnige Hierarchie in materialistischer "Absicherung", gutbürgerlich-gebildet in Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche, bei GLEICHERMAßEN unverarbeiteter / MANIPULIERBARER Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und Glauben an "Individualbewußtsein" - es sind schon immer ANDERE Denkansätze da, die zu einer unkorrumpierbaren und zweifelsfreien Symptomatik von geistig-heilendem Selbst- und Massenbewußtsein führen könnten, doch weil die zeitgeistlich-konditionierte Masse eindeutige Wahrheit nicht hören, sehen, sprechen will, wird sie in Überproduktion von Kommunikationsmüll systemrational konfusioniert, entsprechend dem geistigen Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies"!?

  • G
    Gor

    Der erste Denkansatz muss sein, von der Verbotsideologie wegzukommen. Nicht Altes muss verboten werden, sondern besseres Neues muss den Bürger überzeugen. Dazu gehört zuallererst ein Ende der Lüge im Automobilsektor:

     

    1) Das Auto ist nicht der Hauptschuldige an der Umweltbelastung, folgerichtig kann seine Reduzierung nur ein Teilbeitrag sein. Disskussionen, die sich ums Auto beschränken, verschwenden daher Zeit.

     

    2) Die Verbrauchsmessungen müssen endlich praxisnah werden; die derzeitige NECT-Norm spiegelt einen Fortschritt vor, der so nicht exisitert. Ein Golf VI braucht nicht weniger als ein Golf III, deswegen ist ein vorzeitiger Austausch nur Verschwendung von Energie und Geld, das anderweitig besser eingesetzt werden kann. Daher müssen Umweltzonen und Abwrackprämien weg.

     

    3) Der Verbrauch fossiler Energien muss höher besteuert werden, dafür muss die Kfz-Steuer weg. bzw auf ein Minimum reduziert werden. Alle verbrauchsabhängigen Anteile der Kfz-Steuer müssen auf die Mineralölsteuer umgelegt werden, damit der tatsächliche CO2-Ausstoß besteuert wird und nicht der Wenigfahrer den Vielfahrer subventioniert. Ein fetter SUV, wenig bewegt, ist klimafreundlicher als der Kleinwagen des Dauerpendlers.

     

    Der Klimawandel ist ein Problem, das von der Wissenschaft entdeckt wurde, und es muss mit wissenschaftlichen Methoden gelöst werden - also mit tatsächlicher Einsparung und nicht mit plakativen Straf- und Erneuerungsgesetzen.

  • H
    Holländer

    "Dafür brauchen wir neue Denkansätze." Wie wäre es damit Vorreiter die Möglichkeit geben sich zu schützen gegen kurzfristige Nachteile?

     

    Vielleicht sollten wir die Idee eines globalen Abkommen aufgeben und eher auf regionale Anfänger setzen. Wenn zum Beispiel Europa schon ein "Cap and Trade" System für CO2 einführt (es bleibt effizient), dann sollte es möglich sein Produkte die aus (reiche) Länder eingeführt werden nach ihren indirekten Energieverbrauch zu besteuern, damit die regionale Industrie keine unehrliche Konkurrenz zu befürchten hat. Das braucht ein Reform der Regeln der World Trade Organisation (WTO).

     

    Dann wäre es möglich in eine Region (z.B. Europa) die Energiepreisen zu erhöhen und dadurch Technologien und Organisationsstrukturen aufzubauen die Energieeffizienz und nachhaltige Energie fördern. Nach einiger Zeit könnte dann diese Region groß rauskommen auf dem Moment das die Technologien von alle andere Länder übernommen wird. Durch so ein System könnte ein Wettbewerb einstehen zwischen Regionen die sich alle so schnell wie möglich Richtung eine nachhaltige Zukunft entwickeln möchten.

     

    Diese Idee ist nicht auf Energie beschränkt. Auch bei Legebatterie-Eier oder Amerikanisches Hormonfleisch, sollte es möglich sein, dass ein größeres Land oder Region sich entscheidet dies nicht zu produzieren und dann sollten die WTO regeln es zulassen dann auch die Einführen zu verbieten. Oder eine Region sollte Biolandbau fördern können durch konventionellen Landbau zu verbieten oder zu verteuern und dies dann auch von den Handelspartnern fordern. Dies sind keine Handelsschränke; die anderen Länder können gerne Handeln mit Produkten die die Normen entsprechen. Schon sollte man fordern, dass dies nur für größere Länder oder Regionen und damit größeren Marktsegmenten gilt. Zudem muss danach gestrebt werden die Normen über so groß wie mögliche Regionen zu vereinheitlichen, wie die EU-Normen zu Biolandbau.