Kommentar Abitur: Kultusminister aller Länder …
Im Abi-Chaos zeigt sich einmal mehr, wie falsch es ist, dass Bildung Ländersache ist. Zumindest einigen sollten sich die Kultusminister.
J a, es wäre ein Traum. Die 16 Kultusministerien der Länder werden geschlossen, die Minister heimgeschickt. Für die Schulen hierzulande ist fortan allein der Bund zuständig. Es gibt denselben Lehrplan, dieselben Prüfungen; das Gymnasium und das wilde Sammelsurium neuer Schultypen werden deutschlandweit zugunsten einer echten Einheitsschule abgeschafft, zumindest würde man endlich ernsthaft darüber diskutieren.
Über Bildung wird gestritten, heftig und lebhaft. Im Bundestag. In der Regierung. Im Wahlkampf. Auf der großen nationalen Bühne und nicht im Klein-Klein der Länder, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.
Aber solcherlei Träume werden gern mit der Verfassungskeule niedergeknüppelt. Die Bildung voll dem Bund zuzuschlagen, verstoße gegen das Grundgesetz, in dem festgeschrieben ist, dass Deutschland auf alle Ewigkeit ein föderaler Staat zu sein hat. Ohne die Zuständigkeit für Schulen und Hochschulen verlören die Länder aber ihre Daseinsberechtigung; sonst haben sie schließlich kaum Hoheitsgebiete. Verfassungsrechtlern mag das einleuchten. Eltern, Lehrern, Schülern nicht. Inhaltlich gibt es keinen Grund dafür, dass Bildung Ländersache ist.
Natürlich: Das Ende des Bildungsföderalismus ist in naher Zukunft leider nicht zu erwarten. Umso wichtiger ist es, dass die Kultusminister weise Entscheidungen treffen. Mehr Vergleichbarkeit beim Abitur durch gemeinsame Prüfungsstandards ist im Prinzip richtig. Das Problem ist, dass hinter diesen Beschlüssen die falsche Philosophie steht. Output-Steuerung nennt sich das im neuen Politsprech: Man gibt ein gemeinsames Ziel vor, verständigt sich aber nicht über den Weg dahin. Es ist klar, dass die Bildungschancen so weiterhin vom Wohnort abhängen.
Die Kultusminister sollten sich zusammenraufen und einheitliche Lehrpläne, Oberstufenbestimmungen und Schulstrukturen festlegen. Alles andere taugt nicht.
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