Komentar Wehrgerechtigkeit: Ein unfaires Verfahren

Ein Gesetz, das denjenigen privilegiert, der sein Handeln allein an seinem Profit ausrichtet, ist Gift für den sozialen Zusammenhalt.

Dass ein Angeklagter vor Gericht ostentativ unpolitisch auftritt, kann einem Prozess politische Bedeutung verleihen. Das zeigt der Fall des Zivildienstschwänzers Mark B. aus Bremen. Zugegeben, was Staatsanwalt und Amtsrichter dort in einer knapp einstündigen Hauptverhandlung an Fahrigkeiten produzierten, wirft zunächst nur ein schlechtes Licht auf den Zustand der Bremer Justiz.

Dort also kann passieren, dass ein Richter vergisst, den Angeklagten, der sich selbst verteidigt, zu belehren, dass der Staatsanwalt seine Akten verschusselt und beide vereint ein Strafmaß ausbaldowern, das auf Angaben über illegale Einnahmen basiert. Man staunt - und fragt sich, ob das noch eine Farce ist oder doch schon eine Hanstwurstiade in Doppelbesetzung.

Die Schlamperei kommt aber nicht von ungefähr. Sie drückt eine Haltung der Justiz-Personen gegenüber dem Zivildienstgesetz aus: Ernst genommen wird es als Norm nur, wenn ein Totalverweigerer Gewissensgründe für sein Vergehen nennt. Dann lagen zuletzt die Strafen zwischen 100 Sozialstunden und zwei Jahren auf Bewährung.

Das ist unfair und zeigt, dass Wehrpflicht und Zivildienst abgeschafft gehören. Denn ein Gesetz, das ein Gewissen zum Nachteil in der Rechtspraxis geraten lässt und den privilegiert, der sein Handeln allein an seinem Profit ausrichtet, ist Gift für den sozialen Zusammenhalt.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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