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KolumneZappen im Media Markt

hacker in aktion.

Eigentlich hatten es die Hacker nur gut gemeint. Trotzdem lösten ihre "Fernsehen-aus-Aktionstage" im Media Markt am Alexanderplatz kurz vor Silvester einen Polizeieinsatz aus. Besucher des "Chaos Communication Congress", einer internationalen Hacker-Konferenz des Chaos Computer Clubs im nahen Kongresszentrum, hatten auf der Veranstaltung Universalfernbedienungen gelötet, mit denen sich beliebig viele Fernsehgeräte abschalten lassen. Etliche der Technikbastler ließen es sich dann auch nicht nehmen, die Funktionstüchtigkeit ihrer Geräte auszuprobieren.

Über 400 Fernsehgeräte gebe es im Markt, teilte ein Media-Markt-Mitarbeiter der taz mit. Und: "Alle unsere Geräte haben sie am Samstag vor Silvester ausgeschaltet." Weil sich laut Media Markt mehrere Geräte danach nicht mehr anschalten ließen, hielten am Samstagabend Markt-Sicherheitsleute drei der Hacker fest, die beim TV-Abschalten ertappt worden waren. Dann wurde die Polizei gerufen. Zwei Beamte nahmen Personalien auf, durchsuchten die Hacker, beschlagnahmten die Spezialfernbedienungen. Ein Ladendetektiv lieh sich, so die Hacker, ein Gerät auch aus und versuchte, die Sicherheitssysteme damit abzuschalten - erfolglos.

Der deutsche Anbieter des Fernbedienungs-Selbstbaukits versicherte indes, dass das Gerät nicht zu Schäden an Fernsehern führen könne. "TV-B-Gone" arbeite wie eine normale Fernbedienung, nur sende sie die Ausschaltcodes aller gängigen Fernsehgeräte gleichzeitig.

Der Berliner Student Dennis O., 24, dessen "Tatwerkzeug" beschlagnahmt wurde, sagte der taz, ihm und seinen Begleitern sei von Marktmitarbeitern nicht nur mit einer Anzeige wegen Sachbeschädigung gedroht worden, sondern auch mit zivilrechtlichen Folgen. Media Markt habe angekündigt, die Kosten dafür einzufordern, dass Mitarbeiter vier Tage lang Fernsehgeräte immer wieder anschalten mussten.

Dennis O., der Informatik an der Berliner TU studiert, und seine Begleiter wollen sich darauf nicht einlassen. Sie seien sich sicher, dass sie nichts beschädigt hätten. O.: "Wir gehen gerne kreativ mit Technik um." Ob bei ihrer Aktion auch Konsum- und Kulturkritik eine Rolle spiele, beantwortet er nicht. Dies übernimmt der Erfinder des TV-B-Gone auf seiner Website: "Mein Leben verbesserte sich sehr durch weniger TV-Konsum. Ich wollte anderen auch eine Chance geben."

Media Marktleiter Michael Malessa teilte der taz hingegen mit, man habe von einer Strafanzeige von vornherein abgesehen - trotz der "Betriebsstörung". Auch sei nichts beschädigt worden, die Hacker hätten aber auch reihenweise PCs ausgeschaltet. Dennis O. bereitet sich derweil vor: "Wenn es doch zu einem Gerichtsverfahren kommt, erkläre ich dem Richter gern die Technik - es hat ja nicht jeder den Sachverstand, zu beurteilen, dass das eigentlich nur eine bessere Fernbedienung ist."

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