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Kolumne das TuchUnd dann war sie stumm

Kübra Gümüsay
Kolumne
von Kübra Gümüsay

Die Frau spricht fließend Arabisch und Englisch. Sie hat Gedichte in türkischen Zeitungen veröffentlicht. Aber nichts hilft ihr hier.

K omm her, mein Kind", sagt der alte Professor und führt die 17-Jährige in sein Büro. Gemächlich setzt er sich hinter seinen massiven Schreibtisch und lehnt sich zurück. Durchdringend schaut er sie an. Dann holt er tief Luft: "Auch ich bin Muslim, Allah sei dank", sagt er, "Ich bete manchmal. Und Arabisch kann ich auch ein bisschen." Er lächelt sie väterlich an. Das junge Mädchen rutscht auf ihrem Stuhl herum. "Du kannst mir vertrauen", beteuert der Professor. "Wer hat dich beauftragt?", fragt er schließlich.

Die junge Studentin blickt ihn stumm an. Heiß und kalt wird ihr. Still und regungslos sitzt sie da. "Welches Regime hat dich beauftragt? Saudi-Arabien?", wiederholt er und blickt auf das Stück Tuch auf ihrem Kopf, das ihr in einigen Wochen die Sicherheitskräfte vor der Uni abziehen werden. Das Kopftuch ist verboten.

Noch im selben Jahr verlässt das junge Mädchen die Universität. Sie, die in der Schule immer die Beste war, kehrt als gebrochener Mensch in ihre anatolische Kleinstadt zurück.

Bild: privat

Kübra GÜMÜSAY, 22, lebt in Hamburg und studiert dort Politikwissenschaften. Daneben schreibt sie ihren Blog "Ein Fremdwörterbuch".

Zwei Jahre später liegt sie in Deutschland im Krankenhaus. Ihr erstes Kind ist auf dem Weg. Das Krankenzimmer teilt sie sich mit einer Afghanin und einer Deutschtürkin. Beide verstehen die Ärzte. Sie nicht. Die Deutschtürkin hilft ihr. Und wenn sie mal nicht da ist, sprechen die Ärzte mit der Afghanin. Die Afghanin erzählt es später der Deutschtürkin und sie wiederum übersetzt. Die werdende Mutter fühlt sich erniedrigt. Sie spricht fließend Arabisch und Englisch, hat Gedichte in türkischen Zeitungen veröffentlicht. Nichts hilft ihr hier.

Nach der Geburt ihres Kindes, es wird ein Sohn, besucht sie einen Deutschkurs. Sie lernt schnell, aber die Lehrerin ist ungeduldig mit ihr. Sie spricht langsam und mit Akzent.

Ihr gefällt ein Kleid in einer kleinen Boutique. Die Verkäuferin klackert mit ihren roten Nägeln auf dem Tresen und beobachtet sie. Im Kopf baut die junge Mutter ihre Frage zusammen. Sie will nach dem Preis des Kleides fragen, natürlich fehlerfrei. Die Verkäuferin wartet nicht. Sie reißt ihr das Kleid aus der Hand, nennt den Preis und hängt es wieder auf. Die Fremde schweigt.

Sie stürzt sich in die Erziehung ihrer drei Kinder, sie sollen erfolgreich sein. Ihr Sohn hat in der vierten Klasse ein gutes Zeugnis. Er soll auf das "Jimmy lazim", eine gute Schule. Danach kann man studieren, haben ihr die Nachbarn erzählt. Die Lehrerin aber glaubt nicht an ihren Sohn. Sie schickt ihn trotzdem hin.

Auf dem Gymnasium ist Elternabend. Ihr Mann muss arbeiten, deshalb geht sie alleine. Die Eltern setzen sich zusammen mit ihren Kindern in eine Runde und besprechen mit der Lehrerin den Klassenstand. Es gibt Lob. Auch ihr Sohn ist gut, hat viele Freunde und ist beliebt. Sie freut sich. Ob die Eltern noch etwas anzumerken hätten, fragt die Lehrerin. Sie meldet sich. Ihr Sohn nimmt ihre Hand und legt sie runter. "Mama", sagt er, "bitte rede nicht." Sie schweigt. Im Bus, im Supermarkt und im Wartezimmer.

Das ist die Geschichte meiner Tanten, vieler ihrer Nachbarinnen und Freundinnen.

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Kübra Gümüsay
Jahrgang 1988. Autorin des Bestsellers "Sprache und Sein" (Hanser Berlin, 2020). Bis 2013 Kolumnistin der Taz. Schreibt über Sprache, Diskurskultur, Feminismus und Antirassismus.

31 Kommentare

 / 
  • L
    Lucia

    @ mine:

     

    >>...Manchmal vergessen die deutschen ihre geschichte... ...weil sie sich nicht 'integrieren' wollten...

  • M
    mine

    ach ja. Manchmal vergessen die deutschen ihre geschichte...

    als die deutschen nach amerika ausgewandert sind, haben sie sich eine nischengesellschaft erstellt,alles was sie brauchten auf deutsch erstellt, weil sie sich nicht 'integrieren' wollten :) die amis konnten das damals auch nicht ab.

    natürlich, niemand will seine kultur aufgeben, nicht mal deutsche.

    und auch in anderen ländern, wo mittlerweile viele ausgewanderte deutsche leben, haben sie sich ihre eigene kleine welt, fast dörfer erstellt, wo sie unter 'sich' sind UND alles auf deutsch haben :)

    ABER wir (ich habe selber einen migrationshintergrund, bin also ein MMM :)

    sollen unsere kultur löschen und nach den deutschen normen und werten leben :)

    kein deutscher weiß, wie schwierig die deutsche sprache zu erlenen ist.

  • L
    Lucia

    @ Kübra Gümüsay:

     

    Jammern auf höchstem Niveau:

     

    Die junge Studentin weiß doch, daß das Tuch an der Uni in der Türkei verboten ist. Eine moderne Regelung, die endlich auch in EU eingeführt werden sollte.

    Was soll die Geschichte aussagen? Daß Ihre Tante die Scharia über die geltenden Gesetze der Türkei stellt? Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sich an die Gesetze zu halten, oder?

     

    >>...Sie, die in der Schule immer die Beste war, kehrt als gebrochener Mensch in ihre anatolische Kleinstadt zurück......Die werdende Mutter fühlt sich erniedrigt......Die Lehrerin aber glaubt nicht an ihren Sohn......Sie meldet sich. Ihr Sohn nimmt ihre Hand und legt sie runter. "Mama", sagt er, "bitte rede nicht." Sie schweigt. Im Bus, im Supermarkt und im Wartezimmer......besucht sie einen Deutschkurs. Sie lernt schnell,..

  • A
    auchSarah

    ersteinmal danke ich Kübra für die tolle Kolumne, genauso wie sie es hier darstellt, empfinde ich es.

     

    Menschen, die nicht so gut deutsch können, bekommen kaum eine Chance... sie fangen an sich zu schämen und sprechen nicht mit den besagten Personen. Wie aber soll man die Sprache lernen, ohne sie zu sprechen? Das ist ein Teufelskreis!!

     

    @Burcu,

     

    das ist echt ein guter Umkehrschluss, trifft vollkommen zu

  • H
    Hann0s

    Super Sache das mit dem Kopftuch in der Einleitung. Bin uneingeschränkt für den Laizismus und für eine klare Trennung zwischen Staat und Religion, das heißt auch keine Partei mit C im Namen, Staat darf audrücklich nicht die Kirchensteuer eintreiben. Und damit einhergehend auch religionsfreie Räume, wie eben Universitäten und Schulen. Ich kenn auch viele muslimische Leute und Gruppen, die den Ansatz unterstützen, denn klare Fronten sind allemal besser als dieses inkonsequente Mischzeug was wir jetz haben. Und schon Kinder müssen lernen, das es Bereiche gibt, wo Konfessionen einfach mal draußen bleiben müssen.

    Denn auch innerhalb muslimischer Bezirke gibt es moderate und weniger moderat gläubige und einen gewissen sozialen Druck, wenn die eine Tochter n Kopftuch trägt, die andere nicht. Genau diesen moderaten Moslems könnte man mit ner klaren Trennung stark helfen, anstatt sie wie bisher alleine zu lassen.

  • V
    vic

    @ Hatem

     

    der Beißreflex, was?

    Man kann halt nicht aus seiner Haut.

  • GF
    Gerda Fürch

    Sehr geehrte Frau Gümüsay (an diesen Namen muß ich mich erst gewöhnen, "Yücel" war kürzer und leichter zu merken, zumal er ja in aller Munde ist)

    Nochmals meinen aufrichtigen Glückwunsch zu Ihrer Heirat! Das ist keine Schmeichelei.

     

    Aber! Ja, ein Aber! Weil mich die Geschichte Ihrer Tanten und Verwandten rührt. Sie können eben gut schreiben und ausdrücken.

    Aber! Warum haben Sie Ihren Tanten und weiblichen Verwandten nicht tatkräftig beigestanden? Sie sind heute alt und wissend und erfahren genug!

    Das können Sie heute immer noch, und damit im Interesse der Söhne und Mädchen, die hier in Deutschland geboren worden sind und in diesem Land Perspektiven haben wollen.

     

    Es ist nämlich n i e zu spät, sich als Frau zu emanzipieren! Auch nicht als Mutter und nicht als ältere Frau! Diese Freiheit bietet dieses Land an.

     

    Spöttisch erlaube ich mir als emanzipierte Frau zu bemerken, aber n i c h t bösartig: Es fehlt in Ihrer Religion und den anderen muslimischen Glaubensgemeinschaften auch jetzt heiß diskutierte "Frauenquote"! Wie sieht es damit in der Türkischen Botschaft, in den großen türkischen Unternehmen, unter den fleißigen, schuftenden türkischen Geschäftsleuten hier in Deutschland aus? Mindestens 30 %? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Oder auch ein Abstand von 23,8 % Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern?

     

    Oder machen Sie sich doch einmal mit der Männermode vertraut, immer dieser Krawattenzwang, dieser Anzugzwang, dieser Hutzwang bei offiziellen politischen und wirtschaftlichen Anlässen! Oder der Kostümzwang für Frauen mit weißer Seidenbluse! Oder diese ständigen Business-Köfferchen und Laptops unter dem Arm, die Handys ständig am Kopf, auf allen Straßen und Plätzen!

     

    Sie wollen nicht zufällig "Business-Woman" auf der Karriereleiter werden?

     

    Ist nicht böse gemeint, sind nur ein paar Fragen aus dem realen Alltag im Privaten wie im Beruflichen, im Geschäftsleben - und in der Politik!

  • SH
    Sümi Hatun

    schön hast du das geschrieben, eine leise anekdote. auch das muss der journalismus aufgreifen.

  • H
    Hatem

    Schuld sind immer die bösen anderen!

  • A
    Ackbar

    @Ayla

     

    Stimme 100% zu.

  • K
    Klaus

    Der Artikel hat zwar einen enormen Kitschcharakter, aber ansonsten ist er ok...

    Dennoch: Eines wird mir beim Lesen der Kommentare zu Thema Kopftuch, Islam und Co. immer klarer. Die europäischen Linke hat ein Problem mit Religion und Religiosität. Sie betrachtet die Religionen aus anderen Regionen der Welt mit den selben Augen, mit der Sie die christliche, vor allem die katholische, Kirche beurteilt. Es ist hier aber ein anderer Maßstab zu setzen. Nur weil die Kirche gegen die sozialistische Bewegung war, die ungerechte Verteilung, die Ungleichheit der Gesellschaftlichen Klassen oder Schichten gutgeheissen und als gottgewollt angepriesen hatte, können wir diese berechtigte Haltung nicht auf den Islam spiegeln. Marx' "Religion ist Opium für das Volk" kann m.E. somit auch nicht auf ehemals außereuropäische Religionen angewandt werden!

    Zum "Symbol der aktiven Abgrenzung": Schwachsinn!

    Das Kopftuch ist religiöses Gebot im Islam. Ob man es trägt oder nicht, sei dahingestellt. Nun ist es aber perfide, das Tragen des Kopftuchs mit dem Tragen eines Palituches zu vergleichen der gar mit dem Tragen einer Mütze.

    Und seien wir doch mal ehrlich: Eine Nonne, die das Kopftuch aus dem selben Grund trägt, wie eine Muslima mit Kopftuch, wird mehr geachtet als die Muslima. Oder hast du es schon einmal erlebt, dass eine Nonne bespucht wird, weil sie gerade dieses stück Stoff trägt?

  • K
    Kurt

    Vor die Wahl "Kopftuch oder Studium" gestellt, entscheidet sich die Tante also fürs Kopftuch und kehrt gebrochen nach Anatolien zurück. Dann migriert sie nach Deutschland, entbindet dortselbst und fühlt sich erniedrigt, weil sie die deutschen Ärzte nicht versteht und auf die Übersetzungshilfen einer Afghanin und einer Deutschtürkin angewiesen ist. Sie beschließt also, einen Deutschkurs zu besuchen. Sie lernt schnell, aber die Lehrein ist ungeduldig, weil sie langsam und mit Akzent spricht. Und hier muss dann irgendwo der Bruch einsetzen, sie verweigert sich. Sie, die fließend Arabisch und Englisch spricht, türkische Lyrik produziert, wird durch die Ungeduld einer Lehrerin und einer aufgetakelten Boutiquenverkäuferin dergestalt aus der Bahn geworfen, dass sie, obwohl sie doch schnell gelernt hat, ca. 10 Jahre später nicht in der Lage ist, Deutsch zu sprechen, ohne dass ihr Sohn, der Gymnasiast, sich schämt. Und das nur, weil sie sich geweigert hat, an der türkischen Universität ihr Kopftuch abzulegen. Ist das die Geschichte, die Du erzählen willst?

  • A
    Ayla

    Warum hat sie im Krankenhaus nicht von ihrem fliessenden englisch gebrauch gemacht? Ärzte Promovien in englischer sprache.

    Seltsam dass immer die anderen verständnislos sind. Der verständnislose Professor, die ungedulgie Lehrerin, die Ärzte die sie nicht ansprechen, ja sogar der Sohn, weil sie ja doch so schlecht deutsch spricht und dass, obwohl sie fliessend englisch und arabisch gelernt hat. Sehr wiedersprücklich.

    Das Blatt hat sich in der Türkei sowieso schon gewendet. Bald sind die Frauen mit Tuch freiem Kopf verfolgte und eine Rarität. Somit würde sich der Titel "Das Tuch" erübrigen. Es könnte "Brett vor dem Kopf" passender sein.

  • H
    hümeyra

    @Tom

    können Sie nicht verstehen das Kopftuch etwas anderes ist als ein Symbol? Es ist eine religiöse Pflicht eines jeden muslimischen Fraus, die getragen werden muss, egal ob man in Europa oder wo anders auf der Welt lebt.

     

    Und warum soll das tragen des Kopftuchs diese Diskriminierung überahupt rechtfertigen? Ja, man sieht zwar auf dem ertsen Blick das diese Frau eine Muslima ist, aber nichts weiteres. Soll es dann also heißen das in dieser Gesellschaft alle Muslimen diskriminiert werden sollten? Und wir erst akzeptiert werden, wenn wir unsere Galube bei Seite stellen?

  • T
    Tom

    @Anna K. Marwa El-Sherbini wurde von einem rechtsextremen Russlanddeutschen umgebracht, dessen dumpfe Vorurteile nur beweisen wo Deutschland ohne eine differenzierte Diskussionskultur hinkommt. Auch kritische Äusserungen gegen und für das Kopftuch dürfen ausgesprochen werden so lange sie die Würde eines Menschen nicht verletzen. Ich denke wir beide hätten Probleme mit Menschen, die Naziuniformen tragen. Worum es hier geht sind Symbole. Mit dem bewussten tragen von Symbolen machen sie eine Aussage zu ihrem Standpunkt. Warum hat man früher häufig Palästinensertücher getragen? Das war Solidarität mit der PLO. Was denken Sie haben orthodoxe Juden/Zionisten davon gehalten?

     

    Genauso ist es mit dem Kopftuch. Ich respektiere jeden Träger von religiösen und weltanschaulichen Symbolen. Er muss aber damit leben, dass ich eine gewisse Skepsis an den Tag lege, da im Namen von Religionen schon so viele Menschen gestorben sind. Es wäre so viel einfacher, wenn man an offiziellen Orten sich einem Standard anpassen würde anstatt bewusst gegen den Strich zu bügeln. Wir sind alle dafür gewesen, dass christliche Kreuze aus der Schule verschwinden und nicht die katholische Schule Standard in unserer Gemeinde ist. Warum soll ich jetzt eine kopftuchtragende Frau hinnehmen? Ich sehe dort keinen Unterschied, denn das wäre Diskriminierung.

  • T
    Tom

    @Sarah: Mit der Umkehrung des Sachverhalts unterschlägst Du, dass das Kopftuch ein Symbol der aktiven Abgrenzung ist, sprich nicht ich zwinge die Trägerin, sondern sie setzt ein bewusstes Zeichen ihres Glaubenbekenntnisses. Meine Reaktion auf eine Ordensschwester katholischer Prägung ist die gleiche wie auf islamische oder orthodoxe Kopftuchträgerinnen. Es ist ein bewusstes Signal der Abgrenzung von der hiesigen Mehrheitsgesellschaft.

     

    Ich respektiere gläubige Menschen aber man muss auch respektieren, dass wir in Europa um weltanschauliche Neutralität viele Jahrhunderte gekämpft haben. Deshalb sind den meisten Menschen in Europa, klare Bekenntnisse suspekt. Der 30jährige Krieg und die Kleinstaaterei sollten alle zum denken anregen, wohin solche Glaubensbekenntnisse führen.

    In Frankreich ist das Kopftuch in Schulen nicht zulässig, da der Staat die weltanschauliche Neutralität gewahrt wissen möchte. Dort wird dies heute als grosser Erfolg gewertet. Dort wird nämlich die Unterscheidung/Differenzierung, ähnlich wie mit der Schuluniform in Südafrika/Australien/UK, aufgehoben.

     

    Die thailändische Mutter hat nicht aufgegeben und ist heute Vorarbeiterin in einer Grosskantine und beklagt sich über die faulen Deutschen. Mit Fleiss und harter Arbeit hat sie sich den Respekt der Kollegen erarbeitet, spricht gutes Deutsch und das mit nur vier Jahren Schulbildung. Der Unterschied ist, dass sie ihre Hautfarbe nicht ändern konnte, sie aber ihre Symbole schon. Es ist etwas anderes Songkran, Opferfest oder Jom Kippur im privaten Rahmen zu feiern oder in der Öffentlichkeit Symbole zu präsentieren. Man(n) und frau werden so von der Öffentlichkeit aufgenommen wie man sich präsentiert.

  • AK
    Anna K.

    @ Tom: heute sind also Frauen die aufgrund ihres Äußeres diskriminiert und verachtet werden selber Schuld...und Marwa El-Sherbini, die aufgrund ihres Kopftuches ermordet wurde, hat wohl auch Selbstmord begangen...das klingt mir eher nach sarazziner Hetzthesen, die alle wissenschaftlich hinterfragt wurden...wirklich erschreckend, dass Diese Meinungen so sehr im Umlauf sind...

    aber uns Deutschen kann man es auch nie Recht machen:

    Versuchen "die Anderen" ihre Kultur und Religion auch äußerlich zu bewahren, dann werden sie als antideutsch und integrationsverweigerer und radikal dargestellt. Wollen sie sich hingegen assimilieren und ihre Kultur aufgeben, dann unterstellen wir ihnen Verstellung, Parasitentum und Verleumdung ihrer eigenen Identität...wir sollten uns lieber an der eigenen Nase packen und uns mit "Fremdwahrnehmung" "Rassismus" "Islamophobie" uä auseinadersetzen...

     

    Frau Gümüsay hat in ihrer Kolumne erfolgreich versucht die psyschischen Auswirkungen einer Betroffenen darzustellen...da sollte man mit der Thematik doch lieber mit mehr Verständnis und Fingerspitzengefühl umgehen und nicht herabschauend verurteilen...

  • P
    Peter

    Liebe Frau Gümüsay, diejenigen, die in den Kommentaren hier am lauteste schreien, sind diejenigen, die Ihren Text am wenigsten verstanden haben. Zum einen sind sie offensichtlich intellektuell gar nicht in der Lage dazu, zum anderen sind sie Gefangene ihrer eigenen Ideologie. Also lassen Sie sich um Himmels Willen nicht von den Einfältigen dieser Gesellschaft ein falsches Bild von diesem Land aufdrängen. Bei den meisten Lesern Ihrer Kolumne sind Ihre Aussagen angekommen. Das kann ich Ihnen garantieren. Und ich will auch sagen, wieso ich das kann. Die Probleme, die Sie beschreiben, sind bekannt. Politik, Mehrheitsgesellschaft und Betroffene haben die Lösung auch mehr oder weniger in Angriff genommen; bis Erfolge sichtbar werden, dauert es noch etwas. Vor diesem Hintergrund sieht der Einzelne für sich persönlich keinen besonderen Handlungsdruck. Könnte er denn konkret etwas tun, um die Lage er von Ihnen Beschriebenen zu verbessern? Nein, ad hoc nicht! Er kann höchstens versuchen, in seinem persönlichen Umfeld Verständnis aufzubringen. Nur, warum sollte er das als Kommentar hier hinterlassen? Und Leute, denen es ähnlich geht wie der Protagonistin Ihres Textes, sind eben aufgrund der genannten Probleme entweder gar nicht fähig hier zu kommentieren oder sehen keinen Sinn darin, ihre Nöte noch einmal kund zu tun. Bleiben also nur Konsorten jenes Schlages übri, die Sie hier als Kommentatoren finden können. Mit freundlichen Grüßen, Peter Michalewski

  • M
    Mine

    ähm... ja, manche scheinen nicht ganz den Sinn verstanden zuhaben.

    Dass diese Frau mehrere Sprachen beherrscht und in anderen Ländern Zeitungsartikel verfasst hat, soll zeigen, dass sie sehr wohl gebildet ist, jedoch in den Augen der Deutschen, die diesen Hintergrund nicht kennen, als die türkische, unintegrierte, kopftuchtragende Frau abgestempelt wird.

     

    Und außerdem: sie IST ja dabei Deutsch zu lernen.

    Deutsch ist eben eine schwierige Sprache, wenn ich schon meine deutschen Schulkameraden mir anschaue, die selber (Gymnasiasten) - selten, aber kommt vor - mit manchen Artikeln Probleme haben, dann kann man es einer erwachsenen Migrantin nicht übel nehmen, wenn es länger dauert.

  • S
    Sarah

    Liebe Kommentar-Schreiber,

     

    @Tom: Diskriminierung heisst Unterscheidung/Trennung, und ist damit ein Akt, der nicht vom Kopftuch ausgeht, sondern von Ihnen, wenn Sie einem Kopftuch begegnen.

     

    @ Anja: in (fast) jedem fortschrittlichen Land, wie auch in Grossteilen der dritten Welt, sollte einem English zumindest anfangs weiterhelfen.

     

    Natuerlich ist Diskriminierung nicht auf Kopftuecher beschraenkt. Aber Deutschland ist auf jeden Fall ein schwieriges Land fuer "Fremd-Aussehende" (wie die thailaendische Mutter sicherlich bestaetign kann).

     

    Das ist nirgendwo auf der Welt so schwierig wie in Deutschland und von der Welt abgeschotteten Doerfern in den USA.

     

    Nach so vielen Jahren sollte das einem schon zu denken geben. Wenn man die Welt gesehen hat.

  • B
    Burcu

    Richtig, man zwingt sie nicht das Kopftuch zu tragen...stattdessen würde man sie hier in Deutschland gerne zwingen es abzulegen! Und das nennt sich dann "frei" und "demokratisch"...

  • M
    Marcus

    Das die Ärtzte nicht dazu in der lage waren sich auf Englich auszudrücken finde ich sehr Überaschend. Davon abgesehen, dass die qualität des gesprochenen Englisches zu Wünschen übrig lösst findet mann doch mitlerweile an jeder Ecke jemanden mit dem mann zumindest komunizieren kann.

     

    Die Sache mit der Uni war wirklich in Deutschland? Ich hatte bis jetzt von einen solchen verbot für Studierende an deutschen Unis noch nichts gehört und finde es Skandalös. Im gegensatz dazu scheint es in der Türkei und Ägüpten zeitweise üblich gewesen zu sein dass Kopftuch zu Verbiten. Von dieser Art formalfanatismus sind aber auch die wieder abgekommen.

  • M
    Mumina

    Naja, die Kommentare hier hatte ich schon erwartet.

    Wieso denken bitte soviele ,das ich mich durch mein Kopftuch selber ausgrenzen möchte. Dies entspricht keineswegs der Realität.

    Ich trage eines, weil ich es für meine religiöse Pflicht erachte, wie viele Katholiken es für ihre betrachten, Sonntags in die Kirche zu gehen( bei orthodoxen Christen ja soagar mit KOPFTUCH!).

    Ich habe mich trotzdem, wie ich denke und hoffe, integriert in meine Gemeinde.

    Seit der Kindergartenzeit meines 13jährigen Sohnes übe ich das Amt der Elternsprecherin aus. Ich arbeite, bezahle Steuern, nehme an gesellschaflichen Anlässen teil! Also,bin ich jetzt integriert, oder erst ,wenn ich mein ach so schlimmes Kopftuch entferne??

  • J
    Jorg

    Die Kommentatoren haben den Artikel gar nicht verstanden.

     

    Der erste Absatz ist entscheidend.

  • E
    E.A.

    So eine ähnliche Geschichte könnte ich über meinen Vater erzählen, der sogar Deutschunterricht genommen hatte und relativ gut sprechen konnte nach einigen Jahren.... aber sein Diplom wurde in Dtl. nicht anerkannt. So kann mans auch machen...

  • L
    Laurelai

    Durch diese Kolumne bin ich zum Nachdenken angeregt worden.

    Offen bleibt, in welche Richtung, aber das sei jedem selbst überlassen. Vielen Dank.

     

    Die kopftuchtragende Frau könnte auch durch beliebige andere Menschen ersetzt werden, es ist kein Einzelfall, dass Menschen diskriminiert werden, weil sie der mehrheitlichen Norm nicht entsprechen, die durch die Gesellschaft festgelegt wird.

     

    Das kann bei "dunklen Locken" anfangen und bei "ungepflegtem Äußeren" aufhören, oder ob ich "zu jung" bin, um in bestimmten Läden einzukaufen, was auch immer. Der sozioökonomische Status übt in vielen Lebensbereichen aktiven Einfluss aus.

     

    Ob meine Universalisierung nun die Intention der Autorin war, sei dahingestellt. Aber Kübra hat mich zum Nachdenken über mich und meine Konzepte angestoßen und das ist ein Erfolg, für mich und für wen auch immer.

  • G
    gucci23

    @von Anja:

    in den sprachlich passenden Ländern war wahrscheinlich kein geigneter Cousin frei....

  • V
    vic

    auweia. Bis jetzt ist noch keiner zu sehen, aber ich ahne den Tenor der Kommentare zu dieser Kolumne.

  • A
    Anja

    Also dass Englisch, Arabisch und Türkisch nicht weiterhelfen in einem Land, dass weder englischsprachen, arabischsprachig noch türkischsprachig ist, ist natürlich schlimm.

  • T
    Tom

    Was will uns diese Kolumme sagen? Das jemand mehrere Sprachen kann und Artikel schreibt aber nicht Deutsch lernen kann? Ich lebe seit fast einem Jahrzehnt nicht in Deutschland und musste mehrfach eine Sprache erlernen. Es ist hart, mühsam und manchmal will man alles hinwerfen. Das entbindet nicht von der Herausforderung weiterzumachen. Das Kopftuch ist ein Symbol und wer es trägt, muss wie eine katholische Ordensschwester in Kreuzberg, mit der entsprechenden Reaktion leben. Ausserdem haben andere Frauen auch ohne Kopftuch Schwierigkeiten, wenn ich an die Vorurteile denke, die der thailändischen Mutter meines Freundes entgegen gebracht wurden. Das interessiert nur keinen, da man mit dem Kopftuch viel leichter Emotionen schüren kann.

     

    Hautfarbe kann man nicht ändern, Sprache, Symbole und Einstellungen schon. Es kommt nicht so sehr auf die Schwierigkeiten der Vergangenheit an, sondern mehr auf den Wunsch die eigene Zukunft zu verbessern.

     

    @ Frau Gümüsay: Diskriminierung ist nicht ein Privileg von kopftuchtragenden Frauen, sondern freiwillige Selbstbeschränkung. Wie ich auf andere Menschen zugehe und mich kleide, so werde ich aufgenommen. Hier zwingt sie keiner ein Kopftuch zu tragen also erhalten Sie nur die Bestätigung des eigenen Wunsches nach Abgrenzung von der Gesellschaft.

  • NQ
    Noel Q. von Schneiffel

    Liebe Frau Gümüsay! Empfehlen Sie Ihren Tanten und Nachbarinnen doch, die Werke von J.R.R. Tolkien zu lesen. Tolkien war der genialste Autor aller Zeiten und ein Heiliger. Ich meine dies völlig ernst! Seine Worte verbessern die Sprachfähigkeit in Windeseile, erweitern den Wortschatz in jeder Sprache und verleihen der Seele Glück und Gelassenheit. Im Gegensatz dazu sollten Werke von Philip Pullman vermieden werden, da sie den Geist verwirren und lähmen. Nur das Lesen von Tolkien bringt Erleuchtung.

     

    Zudem erleichtert es die Integration, denn sobald Ihre Tanten in der Öffentlichkeit, z.B. in der U-Bahn, 3 oder 4 Seiten aus dem "Herr der Ringe" auswendig vortragen, werden selbst die verbohrtesten Deutschen applaudieren. Ich tue dies täglich.