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Kolumne Stiefel mit AbsatzMärchen aus Hogwarts

Julia Niemann
Kolumne
von Julia Niemann

Zwar ist die Harry Potter-Serie unwiderruflich beendet, doch die Zaubererwelt ist groß. Groß genug, um pünktlich zu Weihnachten Märchen für Zaubererkinder aus dem Hut zu zaubern.

N ein, es ist kein achter Harry-Potter-Band. Was dann los wäre... "Die Märchen von Beedle dem Barden" erschienen sehr viel unspektakulärer, ohne Mitternachtsverkäufe. Sie sind auch nur 105 Seiten stark und der Name des jungen Zauberers fällt kein einziges Mal - außer in J. K. Rowlings Einleitung und auf dem Schutzumschlag. Wie auch, schließlich lebte der Autor der Märchen, Beedle der Barde, im 15. Jahrhundert.

Seine Geschichten werden seit Jahrhunderten jungen Zauberen und Hexen zur Schlafenszeit vorgelesen, und sind ihnen deshalb so vertraut wie Muggel-Kindern etwa Hänsel und Gretel. Aber das konnte Hermine Granger nicht wissen, als sie im siebten und letzten Harry Potter-Band "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" von diesen Märchen erfuhr. Aber Hermine wäre nicht Hermine, wenn sie sich nicht gleich an eine Neuübersetzung aus den Runen gemacht und sie zusammen mit den Anmerkungen von Professor Dumbledore veröffentlicht hätte.

Bild: privat

Julia Niemann ist taz.de-Redakteurin und schreibt online die Kolumne "Stiefel mit Absatz - Erlesenes aus der Schusterei Bestseller".

Abgesehen von den Gemeinsamkeiten, die die Märchen der Zaubererwelt mit denen der Muggel haben - das Gute siegt und Bosheit wird bestraft - ist es J. K. Rowling sehr wichtig, bereits im Vorwort darauf hinzuweisen, dass Beedles Hexen in "Babbitty Rabbitty und der gackernde Baumstumpf" oder "Der Brunnen des wahren Glücks" sehr viel tatkräftiger sind als die weiblichen "Opfer" in unseren Märchen. Und auch nicht vor Tod, Krankheiten und Ekelwarzen, Blutvergießen und böser Magie zurück schrecken.

Wem das nicht kindgerecht erscheint, der kann erstens kein Harry Potter-Fan sein und dem sei alternativ Beatrix Bloxams "Märchen von den Giftpilzen" empfohlen, worin sie Beedles Märchen verharmlost wiedergibt - und zwar auf eine Weise, die, wie Dumbledore berichtet, bei "Generationen von Zaubererkindern unkontrolliertes Würgen gefolgt von dem unmittelbaren Verlangen, dass man ihnen das Buch abnehme und es zu Brei zerstampfen möge" hervorrief.

Dafür liebt die Welt J. K. Rowling. Sofort nach Erscheinen am 4. Dezember schoss das Buch auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste. Und wen wundert's, ist es doch längst wieder gefühlte höchste Zeit für Nachschub an Lesestoff aus Hogwarts, dem Paralleluniversum in das man sich nur allzu gern immer wieder begibt - und sei es nur für 105 Seiten.

Joanne K. Rowling: Die Märchen von Beedle dem Barden. Carlsen Verlag, 2008. 12,90 Euro.

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Julia Niemann
Leiterin taz.de
Jahrgang 1973. Hat nach einer Verlagsbuchhändlerausbildung und Stationen in Hamburg, München und New York Literaturwissenschaft, Publizistik und Kulturwissenschaften in Berlin studiert und bei der Netzeitung gearbeitet. Seit 2008 ist sie bei taz.de und hat 2013 die Leitung des Ressorts zusammen mit Frauke Böger übernommen. Sie schreibt über Medien-, Gesellschaft- und Kulturthemen. Im Mai 2012 erhielt sie den Emma-Journalistinnenpreis für ihre Reportage über die Berliner Macchiato-Mütter.
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4 Kommentare

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  • S
    Sebastian

    Für unseren Geschmack nicht kind-/jugendgerechte Literatur scheint in England Tradition zu haben. Man vergleiche nur die Borribles oder den Kleinen Hobbit, die ja in Hinsicht Brutalität nicht ohne sind.

  • SI
    Steffen Ille

    @ birdboy:

     

    Aha. Sind also nur Verrisse erlaubt? Es kann einem ja auch mal ein Buch gefallen - und das kann der Welt ja auch mitgeteilt werden, oder? ;)

  • JE
    Johanna Eiff

    Oh wie schön, da werd ich doch gleich mal shoppen gehen - wird echt wieder Zeit für das Paralleluniversum! Danke für den Tip!

  • B
    birdboy

    Hmm, wenn ich einen Werbeartikel lesen möchte, schlage ich gleich lieber eine Werbebroschüre auf...