Kolumne Später: Bäume müssen nicht lachen

Ältere Menschen sind nicht so glücklich wie jüngere, sagt zumindest der World Happiness Report. Lachyoga liegt trotzdem nicht jedem.

Wer hat mehr zu lachen? Bild: van dalay / Photocase

In Westeuropa geht es angeblich mit der Stimmung schon ab dem 20. Geburtstag runter und bleibt dann auf mäßigem Niveau. Das sagt der neue World Happiness Report.

In den USA hingegen bildet die Stimmung, über die Lebensalter verteilt, eine Art U-Kurve. Danach fühlen sich die Alten fast so gut wie die Jungen. Auf in die USA! Oder ist das alles Käse mit dem Glück?

Der Gedanke kam mir an einem Sonntagnachmittag, als ich mit Britt und Theresa über das Tempelhofer Feld spazierte.

Im nördlichen Teil unter den alten Bäumen trifft sich die Lachyoga-Gruppe. Schon von weitem hört man das dröhnende künstliche „Hahaha“ der Leute. Es klingt, als hätte jemand dutzende von Lachsäcken gleichzeitig in Gang gesetzt. Gespenstisch. Aber immerhin, die Leute trauen sich was.

Hihihi

„Vielleicht funktioniert es ja wirklich, ohne Grund gemeinsam loszulachen, um sich danach besser zu fühlen“, meint Britt, als wir uns der Gruppe nähern.

Die etwa 20 Leute auf der Wiese halten sich an den Händen, es sind mehr Frauen als Männer, auch viele Jüngere, manche hippiesk gekleidet. Eine Dame gibt den Lachton an.

„Jetzt machen wir ein kindliches Hihihi‘“, ruft sie. Die Leute stoßen ein gemeinsames „hihihi“ aus, schreiten in den Kreis, bis sie ein Knäuel bilden und recken die ineinander verschränkten Hände nach oben.

„Lächeln, weil man muss, gehört ja zu manchen Kulturen“, sage ich, „bei den Ostasiaten sackt die Lächelfrequenz im Lauf des Lebens nicht so ab wie anderswo“. „Das japanische Lächeln ist ja wohl nicht das gleiche wie ein offenes Lachen“, sagt Theresa, „da herrscht Lächelzwang, auch bei Mordphantasien“.

Oh

Das Knäuel auf der Wiese hat sich wieder zum Kreis entfaltet, die Leute halten sich weiter an den Händen. Dann stoßen sie auf Kommando ein staunendes „Oh“ aus und laufen wieder nach innen.

„Die meisten in der Gruppe sind Frauen,“ meint Britt nachdenklich, „sind Frauen eigentlich unglücklicher als Männer, so statistisch?“ Was das Lachen betrifft, gibt es einen „global laughter gap“, erkläre ich den beiden.

Im weltweiten Schnitt lachen die Frauen zwar mehr, in den späteren Jahren gleicht sich das dann aber an, vielerorts haben die alten Männer mehr zu lachen. Nur in den USA und der Subsahara lachen die alten Frauen öfter als die alten Männer, weiß der Geier warum.

Die Lachyoga-Gruppe kommt zum Schluss. Sie stehen im Kreis, klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, nicken sich zu, grinsen und rufen auf Kommando der Leitfrau laut und künstlich zu: „Gut gelaufen!“ Krass.

Ah ja?

„Stell dir vor, jemand würde statt Lachyoga eine Art Heulyoga veranstalten“, meint Theresa, „alle halten sich an den Händen und erzählen sich von ihren schlimmsten Erlebnissen und Befürchtungen und dann wird auf Befehl losgeschluchzt und am Ende gehen alle befreit nachhause. Das hätte auch was.“ Stimmt.

Ein Wind kommt auf und fährt durch die alten Bäume. Bäume müssen nicht lachen. Dem Wind und den Bäumen ist es egal mit dem Glück und dem Unglück. Die sind einfach nur da. Sowas beruhigt mich dann schon.

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Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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