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Kolumne Rote ErdeBei Blatter piepst es

Kolumne
von Markus Völker

Wenn die Fifa eines kann, dann ist es die Interessen ihrer Großsponsoren schützen. Bis zur Korinthenkackerei. Jetzt stehen zwei Niederländerinnen wegen ihrer Kleider vor Gericht.

S ie sehen mitgenommen aus, Barbara Castelein und Mirthe Nieuwpoort. Sie hatten sich das mit der WM anders vorgestellt. Spaß wollten sie haben mit dem niederländischen Team, aber jetzt sind sie zwischen die Mahlsteine der Fifa geraten. Man wirft ihnen Ambush-Marketing vor, unerlaubte Werbung auf dem Hoheitsgebiet des Fußballweltverbandes. Sie sollen Trittbrettfahrerinnen sein.

Das ist offenbar ein sehr schweres Delikt, denn Castelein und Nieuwpoort stehen vor Gericht. Der Fifa missfiel das Logo eines holländischen Bierproduzenten, das die Blondinen auf einem orangefarbenem Kleid trugen. Nun muss man wissen, dass die Fifa einen lukrativen Vertrag mit Anheuser-Busch, dem US-Biermulti, geschlossen hat. Verweise auf andere Produzenten von Gerstensaft werden nicht geduldet im Reich des Joseph Blatter.

Wenn die Fifa eines kann, dann ist es die Interessen ihrer Großsponsoren schützen. Bis zur Korinthenkackerei: In Medienzentren werden nicht genehme Logos überklebt. Journalisten mit dem falschen Herstelleraufdruck auf dem Laptop wird angedroht, das Schreibgerät abgeben zu müssen. Kinder, die im falschen Fußballtrikot stecken, müssen das Leibchen ausziehen, um ins Stadion gelassen zu werden. Diese Geschichten kennt man von der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland.

taz

Markus Völker ist Sportredakteur der taz und berichtet aus Südafrika.

Jetzt hat die Fifa ihr beckmesserisches Vorgehen offenbar noch einmal verschärft, denn die beiden Niederländerinnen werden behandelt wie Verbrecherinnen. Sogar der holländische Außenminister musste einschreiten. Maxime Verhagen formulierte eine Protestnote. Er halte das Vorgehen für unverhältnismäßig. Der südafrikanische Botschafter in Den Haag wurde kontaktiert. "Es ist nicht in Ordnung, dass sie ins Gefängnis mussten, weil sie ein orange Trikot getragen haben", sagt der Minister. Das klingt so absurd wie die ganze Geschichte.

Ein Sprecher der holländischen Botschaft in Pretoria sagt, wenn die Fifa in Abstimmung mit der südafrikanischen Exekutive etwas gegen Ambush-Marketing unternehmen wolle, dann solle sie gegen die holländische Brauerei vorgehen und nicht gegen zwei junge Frauen, die nicht wissen, wie ihnen geschieht. Vielleicht waren die Holländerinnen unbedarft, vielleicht kannten sie das strenge Reglement der Fifa nicht: An Barbara Castelein und Mirthe Nieuwpoort lässt sich auf jeden Fall studieren, wie weit Blatter zu gehen bereit ist. Bestimmt setzt die Fifa demnächst beim Betreten der Stadien Marken-Scanner ein. Bei wem es piept, der kommt in den Fifa-Arrest. Schwere Fälle werden in ein Schweizer Lager gesteckt, wo sie den Schaden, den sie den Fifa-Sponsoren durch freches Tragen anderer Labels zugefügt haben, abarbeiten.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.

3 Kommentare

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  • W
    Wüstenratte

    Ich weiß wie man sein Hirn auf Erbsengrösse bekommt! Genauso wie bei einem Fußball, einfach aufpumpen.

  • KK
    Karl Kraus

    Sehr gut! Dieses Beispiel geht in meine ewige Bestenliste ein: Hier gibt es alle Komponenten unseres Wirtschaftssystems in Reinform mit dem einzigen Unterschied, dass hier die Gesetze nun gar nicht mehr von Parlamenten gemacht werden, sondern Verträge heißen und mit einer Art Armdrücken ermittelt werden. Der Vertrag zwischen den Profiteuren - denen die Opfer übrigens genau das Geld bezahlt haben, das mithilfe des Vertrags verteilt wird - regelt dann auch das Verhaltensgesetz im nicht-mehr-öffentlichen Raum namens Stadion + Umgebung. Der ehemalige Bürger - jetzt: Kunde - kennt weder die Vorschriften genau noch hat er ein Mitspracherecht oder so etwas wie Freiheit. Er zahlt und verkauft sich paradoxerweise damit selbst.

    Das passiert und wird passieren, wenn kein Staat mehr da ist. Das ist die Folge von derartigen Privatisierungen (hier NOCH auf Zeit). Wunderbar! Und das Allergeilste ist: Da sind offensichtlich ausführende Organe, die das Recht haben, überhaupt jemanden wegen seiner Kleidung festzunehmen. Oder war das jemand von der Polizei? Lest übrigens mal den Klassiker der kapitalismuskritischen Kultur, No Logo von Frau Klein. Da ist das noch mal eleganter beschrieben.

    Ihr solltet Angst haben.

    Zuletzt: Versteht jetzt jemand die wirkliche Eskalationsgefahr, wenn den Leuten der Kapitalismus nicht mehr passt? Aber gut: Ein Einzelfall... :)

  • V
    vic

    Der Typ ist doof wie ein Fußball, selbst der Inhalt seines Schädels ist derselbe.

    Nur dass ein Fuball nicht so bösartig ist.