Kolumne Pressschlag: Wie der Pep mal verlieren kann
Ein Dokumentarfilm lässt uns in die Tiefen der englischen Premier League schauen. Und erklärt sogar Chelseas Sieg über ManCity.
D ie gute Nachricht des Wochenendes kommt aus London: Die Hellblauen sind doch noch schlagbar. Die Dunkelblauen haben gewonnen, also Chelsea mit 2:0 gegen Manchester City. Englische Fußballfans, und zwar nicht nur jene des FC Liverpool, atmen auf. Es könnte noch richtig spannend werden, auch wenn es nur auf einen Zweikampf zwischen Manchester und den Reds, der fahrenden Truppe des Trainers Jürgen Klopp, hinauslaufen sollte.
Die Cityzens schienen heuer die Leistung der Vorsaison, als sie mit großem Vorsprung Meister geworden waren, noch einmal überbieten zu wollen. Bis zum Spiel an der Stamford Bridge hatte die Mannschaft von Pep Guardiola nur zweimal unentschieden gespielt und den Rest der Partien in der Premier League gewonnen. Sie hätten wohl nichts dagegen gehabt, wie weiland Preston North End (1889) oder der FC Arsenal London (2004) ohne Verlustpartie durch eine komplette Saison zu kommen, aber es sollte nicht sein.
Dabei trat das Ensemble des ehrgeizigen Katalanen zuletzt tatsächlich mit einer Aura der Unbesiegbarkeit auf, sie schossen drei Tore pro Partie und ließen im Schnitt nur 0,46 vom Gegner zu. Alles war darauf ausgerichtet, die Rekordwerte der Vorsaison auszuhebeln, als sie nicht nur 19 Punkte vorm Zweiten, Manchester United, ins Ziel kamen und damit einen ManU-Rekord brachen (18 Punkte Vorsprung im Jahr 2000), sondern die Spielzeit auch mit der fabelhaften Tordifferenz von 106:27 beendeten. Citys 100 Punkte markierten natürlich auch eine neue Bestleistung; fortan durften sie sich „Centurions“ nennen.
Pep ein wenig entzaubert
Am meisten freuten sich wohl die Macher eines Dokumentarfilms über die Meisterschaft von Manchester City. Er läuft in der Reihe „All or Nothing“ bei Amazon Prime, wo zum Beispiel auch Nahaufnahmen der Dallas Cowboys aus der NFL zu sehen sind.
So viel Glück, ein Team beim Siegeszug durch eine Liga begleiten zu dürfen, hat man als Journalist selten, aber nebenbei bemerkt: Während durchaus beeindruckende Porträts von Altstars wie Yaya Touré oder Vincent Kompany entstanden, bleibt Pep Guardiola in den acht Folgen der Miniserie merkwürdig eindimensional. Er hat nicht nur immer das gleiche an, einen grauen Wollpulli zur dunklen Hose, er sagt auch immer irgendwie dasselbe.
Das tut er zwar mit einer gewissen Emphase und Überzeugungskraft, aber dieser Streifen entzaubert den Großtrainer aus Barcelona doch ein wenig, und das liegt nicht nur an seinem nahezu unverständlichen Englisch mit katalanischem Nuscheleinschlag, also an seinem Katenglisch, mit dem er die überaus zahlreichen Mitarbeiter und Spieler traktiert, nein, das liegt auch an seinen Motivationsreden, die kaum besser sind als die des Businessmenschenbespaßungskaspers Jürgen Höller.
Auch City ist schlagbar
Trotzdem: Pep Guardiola hat sein Team – schöner Gruß nach München! – komplett im Griff. Die Hierarchie stimmt, und es ist so was von klar, wer der Boss ist: Pep ist König im Reich des Scheichs, der Pepismus Staatsreligion.
Vielleicht haben die Spieler des FC Chelsea den Dokfilm ja auf Anraten ihres vergleichsweise unglamourösen Trainers Maurizio Sarri angeschaut und begriffen, dass da keine Überfußballer ihre Schuhe schnüren. Die Cityzens sind ein Team, das unter bestimmten Umständen schlagbar ist.
Es muss allerdings einiges zusammenkommen. Zunächst einmal muss Citys Gegner stressresistent sein, das impertinente Pressing der Hellblauen ertragen können und geschickterweise die Zone dieser permanenten Unruhe mit klugen langen Pässen in die Spitze überwinden.
Wenn dann auch noch Spieler wie N’golo Kanté, Cesar Azpilicueta oder David Luiz einen grandiosen Tag erwischen, ja, dann ist auch ein Pep Guardiola nur ein ganz normaler Trainer in Erklärungsnöten.
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