Kolumne Press-Schlag: Auf nach Fernost!
Warum die Deutsche Fußball-Liga nicht den FC Bayern München nach China schickt, sondern Energie Cottbus.
Die Stadt Cottbus, am ostdeutschen Rand gelegen, beherbergt einen Fußballverein, der eine große Mission zu erfüllen hat. Der Tabellenletzte der Bundesliga wird bald schon in China aufspielen. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat nicht etwa den FC Bayern als Botschafter des Runden und Guten in das Reich der Mitte entsandt, nein, die Lausitz-Kicker aus dem Spreewälder Gurkenparadies werden auf große Reise gehen, um den Chinesen zu zeigen, was ein Hackentrick respektive ein Doppelpass ist.
Neben den Energetikern dürfen die ruhmreichen Bielefelder nach Wuhan am Jangtse fliegen. Cottbus spielt in den Metropolen Guangzhou und Foshan gegen das chinesische Nationalteam und die Olympiaauswahl. Chinas Fußballfreunde stürmen bereits die Ticketschalter, sie bringen die Internet-Repräsentanzen der Arminen und Cottbuser zum Absturz, weil sie im Trikot der deutschen Großvereine ins Stadion gehen wollen. Auf die grandiose Idee, die Hintersassen der Liga ins Rennen um die fernöstliche Gunst zu schicken, ist, wie gesagt, die Ligaleitung gekommen. "Asien ist schon heute ein wichtiger Markt für uns, deshalb werden wir dort auch gezielt tätig", erklärt Jörg Daubitzer. Er nennt sich Direktor Rechte-und Lizenzvertrieb bei der DFL. Dass sich etwas tun muss, darüber sind sich sämtliche Vermarkter einig. Die Bundesliga nimmt ja nur etwa 16,5 Millionen Euro aus der Auslandsvermarktung ein. Die englische Premier League kassiert hingegen rund 230 Millionen Euro. "In den internationalen TV-Märkten steht die Bundesliga vor allem in einem Verdrängungswettbewerb mit der spanischen Primera Division und der italienischen Serie A", weiß Daubitzer.
Ohne die spielerische Klasse von Energie Cottbus auch nur irgendwie schmälern zu wollen: Der Klub kann ungefähr so viel spanische Klubs verdrängen wie Rot-Weiß Erfurt oder der FC Augsburg. Und mit ein bisschen Pech spielen sie in der kommenden Saison in Liga zwei, was den Werbewert für China noch einmal beträchtlich erhöhen dürfte. Die DFL, die kürzlich einen hanebüchenen TV-Vertrag mit dem wiederauferstandenen Pleitier Leo Kirch geschlossen hat, ficht das nicht an. "Cottbus ist keine Notlösung", behauptet Daubitzer - und verweist auf den Lausitzchinesen Jiayi Shao, der für Asien insgesamt sehr interessant sei. Doch Shao ist derzeit verletzt. Man weiß nicht genau, wann er genesen wird.
Am Samstag haben die Cottbusser gegen Werder Bremen gespielt, gegen ein echtes Spitzenteam. Energie hat zu Hause mit 0:2 verloren. Könnte daran gelegen haben, dass der Druck zu groß ist, jetzt, da die Lausitzer nicht mehr nur ein stinknormaler Abstiegskandidat sind, sondern der Hoffnungsträger des deutschen Fußballs auf dem größten Markt der Zukunft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!