piwik no script img

Kolumne Press-SchlagEinen Riegel für den Schlund

Gier hat Dortmund zum Meister gemacht und alle finden das toll – bis auf Walter und Gabi. Im alltäglichen Leben finden die beiden Nimmersatte gar nicht toll.

Walter findet, Kloppo ist ein Depp, weil er für den falschen Klub arbeitet. Bild: dpa

D er Walter wäre neulich beinahe verreckt, weil er seine Leberkäsesemmel zu schnell gegessen hat. Ohne zu kauen hat er sie im Ganzen runtergeschluckt. Der Norarzt hat sie ihm dann wieder rausgeholt. Die Gabi hat ihn hernach als Gierschlund bezeichnet. Da ist der Walter stinkauer geworden. Dass er schon öfters eine Leberkäsesemmel im Ganzen runtergeschluckt hat, wenn er Hunger gehabt habe, hat er gesagt.

Und mit Gier habe das rein gar nichts zu tun, weil er habe aus Not heraus die Brotzeit heruntergesschlungen und nicht weil er mehr haben wollte, als er brauchte. Und nur das könnte man als Gier bezeichnen, wenn überhaupt. Weil die Leberkäsesemmel gerade einmal zwei Euro gekostet habe und wenn es um Gier geht, das wisse man doch seit der Finanzkrise, dann gehe es um Millionen und Milliarden.

Richtig in Rage hat er sich geredet, der Walter. Und es hat sich rentiert, weil die Gabi am Ende zustimmend genickt hat. Und dann hat sie sich selbst in eine Rage hineingeredet. Sie könne sich noch gut daran erinnern, wie das damals war und dass die Renate ihren Job verloren hat wegen der Krise.

Die arbeitslose Renate

taz
Andreas Rüttenauer

ist Redakteur im Sportressort der taz.

Ungerecht sei das gewesen, wie der Weltmarkt damals zusammengebrochen sei, nur weil ein paar Deppen zu gierig waren und irrsinnige Summen auf irgendetwas gewettet haben, was es eigentlich gar nicht gibt, ein Ernte, die ausfällt, zum Beispiel. Und dann habe keiner mehr der Firma was abkaufen wollen und die Renate war ihre Arbeit erst mal los.

Den Gierschlund hat die Gabi zurückgenommen. Sie hat es eingesehen, dass der Walter kein Arschloch ist, wie die Händler in den Banken welche waren, was sogar der Köhler Horst damals gesagt habe, als er noch Präsident gewesen sei, und außerdem wollte sie an diesem Tag jeden Streit vermeiden. Der Walter und die Gabi hatten ja noch eine lange Autofahrt vor sich. Nach Berlin sind sie gefahren - zum Pokalfinale am nächsten Tag im Olympiastadion.

Und so eine Autofahrt zu zweit kann schlimm sein, wenn man sich nicht riechen kann. Sie wissen das aus mehrfacher eigener Erfahrung. Dass sie irgendwie auch Glück gehabt haben, hat der Walter dann gemeint, als sie im Auto saßen. Hätte der Notarzt die Leberkäsesemmel nicht so schnell herausbekommen, dann wäre es gar nichts geworden mit der Fahrt zum Finale. Und schon waren sie wieder beim Thema Gier.

Und die Gabi hat den Walter gefragt, ob er den Jürgen Klopp für ein Arschloch halte. Ein Depp sei er auf jeden Fall, hat der Walter gesagt, weil er für den falschen Klub arbeiten würde, aber ein Arschloch, das wisse er nicht, den Klopp würden doch alle so sympathisch finden.

Köhler Horst würde das genauso sehen

Woraufhin die Gabi gesagt hat, dass der Klopp ein Gierschlund ist, was ja dann schon dafür sprechen würde, dass er ein Arschloch ist. Der Köhler Horst würde das sicher genauso sehen. Der Walter hat die Gabi mit ganz großen Augen angesehen, hat tief Luft geholt und ganz laut gesagt, dass das ein Wahnsinn sei, was die Gabi da gesagt habe.

Die Bayern müsste unbedingt verhindern, dass die Dortmunder den Pokal holen. Wenn die Schwarz-Gelben wirklich gewinnen würden, wäre das ja schon wieder ein Sieg der Gier, welche - und da versicherten sie sich noch einmal, dass sie da einer Meinung sind - einfach scheiße sei und der Renate den Arbeitsplatz gekostet habe. Und dann wunderten sie sich gemeinsam darüber, dass die Gier plötzich wieder so in ist.

Der Klopp habe es selber gesagt, wie cool die Gier sei, die seine Mannschaft habe und in der Sportbild sei das dann auch so gestanden und der Kölner Trainer habe vor dem letzten Spiel gesagt, seine Mannschaft müsse gierig sein, dann werde alles gut, und dann habe auch noch der Spiegel im Internet ein Loblied auf die Gier gesungen und sogar in der FAZ war von der guten Gier die Rede.

An der Raststätte

Das habe sie vom Hans gehört, der könne solche Zeitungen verstehen, weil er in der Nähe von der Uni wohne. Der Hoeneß Uli sei doch immer schon ein ganz sozialer Typ gewesen, hat der Walter dann gemeint, und wenn er der Gier einen Riegel vorschieben würde, dann wäre das sein größtes Werk.

Der Köhler Horst, meint die Gabi, würde es dem Uli danken, wenn er noch einer wäre, dem man zuhören würde. Da ist dem Walter eingefallen, dass er ja eigentlich noch immer Hunger hat, weil die Leberkässesemmel nie unten angekommen ist. Sie haben dann an einer Raststätte eine Pause gemacht und der Walter hat sich Geschnetzeltes mit Reis bestellt. Zur Sicherheit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • T
    Teermaschine

    Ja, schrecklich diese Gier nach Erfolg, dieses Streben nach Perfektion. Da wünscht man sich allerorten etwas mehr Lässigkeit. Bei Fussballern, bei Bänkern...bei Ärzten, bei Krankenschwestern, Feuerwehrleuten, bei den Steuermannschaften kerntechnischer oder chemischer Anlagen, bei LKW-Fahrern undundund. - Wie weit muss man sich von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernen, um einen solch dümmlichen Beitrag zu verfassen. Was spricht dagegen, eine gestellte Aufgabe bestmöglichst erfüllen zu wollen? - Nicht die Gier der Banker hat uns die Finanzkrise beschert, sondern eine Politik, die der Gier keine Grenzen setzte.

  • E
    elmar

    schoen, schoen . . .

     

    äh, was ist eigentlich dortmund?????