Kolumne Olympia-Krieg: Blutiges Garmisch
Die Münchner Olympiabewerber haben ihre schärfsten Gegner nicht in Asien und auch nicht in Frankreich. Sondern sie leben auf der Alm - vor der Haustür.
S kispringen ist halt nicht Halma!" Sven Ottinger hat das gesagt, der Vorsitzende des Skiverbands Oberbayern, nachdem der dänische Sprungläufer Åge Sørensen beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen so schwer gestürzt war, dass er schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Schlimm war der Absturz des dänischen Exoten dennoch auch für Ottinger, der zu denjenigen gehört, die den ganz großen Sport in die Gemeinde am Fuß der Zugspitze holen wollen. Denn Jacques Rogge, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, war als Ehrengast geladen und sollte eigentlich bestaunen, wie toll der Ort, der sich für die Winterspiele 2018 beworben hat, eine Skisprungveranstaltung organisieren kann. Und jetzt das! War es das mit Olympia im bayerischen Oberland? Jacques Rogge wollte sich zunächst darüber nicht äußern, zu sehr war er in den Genuss einer der von ihm so geliebten Thüringer Bratwürste vertieft.
Als der Däne vom Himmel gefallen ist, wusste noch niemand, dass er Opfer eines Anschlags geworden war. Mit einer Laserkanone war Sørensens Ski derart beschossen worden, dass dieser die Kontrolle in der Luft einfach verlieren musste. Wochen brauchte die Mordkommission, um das herauszufinden. Und einer der Täter wurde eher zufällig ermittelt. Seine Leiche war zusammen mit einem anderen Mordopfer - blutige Zeiten sind das in Garmisch - mit Beton aufgeschüttet. Und jener dabei entstandene Quader war der Stein, den der Wasl Wuni im Garmischer Festzelt beim traditionellen Steinlupfen zur Siegerhöhe von 105 Zentimetern lupfte - weit über die Halterung hinaus. Ein gezieltes Absetzen war nicht mehr möglich, und so knallte der Betonquader auf einen gusseisernen Sockel und zerbarst. Nicht schlecht gestaunt haben da die Menschen im Festzelt. Zwei einbetonierte Leichen, eine Garmischer und eine asiatische, hatte zuvor noch keiner von ihnen gesehen.
Den Doktor Steinhauer, den kannte man im Ort als einen guten Arzt und Menschen. Der andere, Xun Yü, das war einer der Bösewichte, die sich das mit dem Laserbeschuss des Skispringers ausgedacht hatten. Den Auftrag hatten sie von denen aus Chaoyang, die unbedingt verhindern wollten, dass Garmisch-Partenkirchen die Olympischen Spiele austragen darf. Denn auch Chaoyang hat sich um die Austragung der Wettkämpfe 2018 beworben. Die Vergabe der Olympischen Spiele ist ein wahrer Krimi. Geschrieben hat ihn Jörg Maurer, ein musikalischer Lustkomiker aus Garmisch. "Hochsaison" heißt sein zweiter Alpenkrimi. Erschienen ist er Ende des vergangenen Jahres.
Andreas Rüttenauer ist Sport-Redakteur der taz.
Da war noch nicht klar, dass die Münchner Olympiabewerbung ihren schärfsten Gegner nicht in Asien hat, wo sich das südkoreanische Pyeongchang zum dritten Mal in das Bewerbungsrennen begeben hat. Und auch nicht im französischen Annecy, das die winterliche Sportjugend 2018 ebenfalls gern beherbergen möchte. Einen Bergbauernkrimi hätte Jörg Maurer schreiben müssen. Vielleicht mit der Nebenerwerbslandwirtin Veronika Bartl als Protagonistin, die den Weidegrund für ihre fünf Milchkühe der arroganten Münchner Keilhosen- und Lodenmantelschickis nicht überlassen möchte für ein olympisches Dorf, für das sich die Großkopferten aus der Großstadt den urbayerischen Namen Snow Village haben einfallen lassen.
Für die Berufsgrinserin Kati Witt würde sich eine Nebenrolle anbieten. Die offizielle Botschafterin der Münchner Bewerbung soll nun tatsächlich in Garmisch hergezeigt werden, um die Bauern von ihrer Verweigerungshaltung abzubringen. Veronika Bartl hat der Wochenzeitung Die Zeit schon einmal gesagt, wie sie das findet: "Die hat doch schon mit dem Honecker herumgeschmust." So etwas wäre vielleicht nicht einmal Jörg Maurer eingefallen, der ansonsten keine Probleme hat, einen wirklich schönen Schmarrn zusammenzuschreiben.
In seinem Alpenkrimi bringt sich letztlich Dubai als Ausrichter der Winterspiele 2018 ins Rennen. Die große Schanze ist so gut wie fertig, die Nasa weiß, wie man die Wüste beschneien kann, und Jacques Rogge kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, als er den arabischen Wintersportort sieht, den der Geschäftsmann Kalim al-Hasid hat errichten lassen: "Ich will alles echt haben", sagt der. "Hellbraune Milchkühe, Bauerntheater, Föhn. Alpenländischer als im Alpenland selbst." Und ganz glücklich ist der IOC-Präsident, als er mitten in der Alpenwüste auch noch eine Thüringer Rostbratwurst bekommt.
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