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Kolumne ÖkosexAtomstrom unplugged

Kolumne
von Martin Unfried

Wetten, dass ich bis zum 5. September Millionen Vattenfall-Kündigungen einsacken kann?

K rümmel, immer wieder Krümmel. Nicht schön für Leute, die da in der Nähe wohnen. Für Angela Merkel ist das objektiv gesehen auch nicht schön. Darum spiele ich fair. Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, ich würde das kleine Vattenfall-Missgeschick ausnutzen, um gegen Atom Stimmung zu machen. Oder ein bisschen Wahlkampf, wie der verehrte Bundesumweltminister.

taz

Martin Unfried, Jahrgang 1966, arbeitet als Experte für europäische Umweltpolitik in Maastricht. Er liebt die solare Effizienzrevolution, kauft sich hemmungslos Klimaschutzprodukte und will damit bis 2012 raus sein aus der fossilen Welt. Er singt auch bei Ökosex, der ersten Kolumnenband der Welt.

Nein, es wird höchste Zeit, die Ökosex-Idee der Massenkündigung wieder aus dem Schrank zu holen. Ich schlage vor, den 5. September zur Volksabstimmung in Sachen Atom zu machen. Am 5. September steigt nämlich in Berlin eine große AKW-Demo (www.Anti-Atom-Treck.de), und bis zu diesem Tag sollten ein paar Millionen Kündigungen an die großen Atombetreiber Vattenfall/Eon/RWE/EnBW geschickt werden. Ein paar Millionen. Und nicht nur die kläglichen Wechselzahlen, die wir bis jetzt haben. Hallo, verehrte MitbürgerInnen mit einer gewissen Skepsis in Sachen Atomspaltung: im Kollektiv macht Kündigen mehr Spaß. Jetzt platzt auch bei euch der Knoten. Massenkündigung, das klingt nach Sommer und Meer! Klingt nach Abstimmung mit den Füßen. Nach republikanischen Tugenden. Endlich direkte Demokratie wagen ein paar Tage vor der Bundestagswahl. Das Tolle: die Wahlzettel für dieses Referendum sind überall verfügbar. Das sind nämlich die Anmeldebögen von unabhängigen Stromversorgern (atomausstieg-selber-machen.de). Also braucht es gar keinen Bundeswahlleiter und keine CSU, die eine Volksabstimmung fordern. Das wird ein Akt bürgerschaftlicher Emanzipation mit sportlichem Aspekt. Anti-AKW Deutschland kommt damit international ganz groß raus. Germany, das Land, an dem an einem Tag Millionen Menschen lachend den Stecker aus den Atom-Konzernen gezogen haben. Ich erinnere daran, dass der Vegetarier auch nicht jeden Tag zum Metzger geht. Warum sollte ein atomkritischer Mensch also Geld an einen Atomkonzern überweisen? Schätzungsweise 15 Millionen 324 tausend eisenharte Atomkraftgegner machen das noch jeden Tag. Aber nicht mehr lange. Um das medial aufzubereiten, werde ich gegen Thomas Gottschalk, der ja bekanntlich mit dem Atomstromkonzern Eon zusammenarbeitet, eine schöne Wette eingehen. Lieber Thomas, wenn ich es schaffe, am 5. September in Berlin eine Million Kündigungen einzusammeln, dann darf ich in der nächsten "Wetten, dass…?"- Sendung mit den Toten Hosen "Watn Knall bei Vattenfall" singen, den alten Ökosex-Gassenhauer (auf oekosex.eu). Wir Atomkraftgegner haben nämlich nicht nur die besseren Argumente, sondern auch die besseren Lieder.

Ich konnte die Wirkung vor wenigen Wochen sogar direkt vor einem Atomkraftwerk testen bei der tollen Demo in Neckarwestheim. Dufte. Die Songs vom Unfried seien so schlecht, schrieb ein Augenzeuge im Internet, das sei eventuell schon wieder gut. Das hat mir Mut gemacht.

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5 Kommentare

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  • A
    alcibiades

    @christian g:

    ich bin notorischer fahrradfahrer, jawollja. ich *hasse* müsli. bei steinzeittechniken wie der atomkraft bin ich überhaupt nicht tolerant. und wenn die dreckschleudern aus sind, wird kein mensch bibbern. falls der strom nicht reicht, schalten wir nämlich *deinen* fernseher aus.

  • CG
    Christian G.

    Ich freue mich schon wenn alle hoch gebildeten Grünen-Anhänger mit ihrem unheimlich gut ausgeprägten Wissen über Kernenergie und alle Müsli-Essenden ach so toleranten Fahradfahrer zu sog. Öko-Stromanbieter wechseln.

    AKW und KKWs können ja dann "angeblich" komplett vom Netz gehen, da ja dann der Ökostromanteil von zur Zeit ca. 15% ja auf einmal für alle reicht!

     

    Ich werde dann einfach ein AKW leasen, den Strom für 20Cent die Stunde verkaufen und mich über die bei an- und ausgehenden Lampen und bibbernden (moderne Heizungen brauchen heutzutage auch Strom) Ökostromkunden freuen, die obendrein 2€/ kWh zahlen und obendrein arbeitslos sind, da für den Hochindustriestandort Deutschland nicht mehr ausreichend Energie der Industrie zur Verfügung steht.

     

    Andereiseits werde ich mich jeden Tag an den Demonstrationen der Umweltschützer gegen den Neubau von Windkrafträdern erfreuen und die ständig liegengebliebenen Züge der Deutschen Bahn bei Windstillstand bedauern.

     

    Ich finde das sind lustige Aussichten für alle gescheihten Menschen die nicht plakativen volksverdummenden Aussagen nacheifern :-)

  • MB
    Michael Beczkowiak

    Möglicherweise fehlt mir ja der Humor, aber ist das Thema nicht zu ernst für diese Art, damit umzugehen?

    Im übrigen wäre es interessant, die Reaktion der Ökostrom-Anbieter zu sehen, wenn wirklich eine Million neue Kunden kämen. Da hilft dann wohl nur noch, den Atomstrom grün zu färben.

  • V
    vic

    Das weiß vielleicht nicht jeder und man kann es nicht oft genug sagen.

    Die können Laufzeiten verlängern wie sie wollen. Wenn WIR uns dagegen entscheiden, wenn WIR zu Ökoanbietern wechseln, wird die Nachfrage in den Keller stürzen.

    Ohne Mindestauslastung kann niemand ein AKW gewinnbringend betreiben. Ergo wird es abgeschaltet, weil das günstiger ist. Wenn sich AKWs oder KKWs ökonomisch nicht rentieren, dann haben wir sie los. Der Strahlenmüll wird allerdings bleiben, er wird nur nicht mehr.

  • V
    vic

    Ich bin exakt am 20 Jahrestag des Tschernobyl GAUs zu Lichtblick (es gibt auch andere)gewechselt. Ich frage mich und schreibe ständig dagegen an, weshalb einerseits angeblich so viele Verbraucher gegen Dreck- und Giftstrom sind, andererseits aber so wenige wechseln.

    Vielleicht helfen ja die permanenten "Vorfälle" bei der Entscheidungsfindung.