Kolumne Männer: Grumpy Old Men
Seit ich bei den Grünen war, weiss ich, dass "Männer" ein Schimpfwort ist. Zum Glück bin ich wenigstens nicht alt.
D as Folgende ist nicht cool, nicht hip, nicht "flavoured with Dragon Fruit". Oder finden Sie es etwa sexy, von Renate Künast über Horst Seehofers erotische Präferenzen informiert zu werden? Was, das finden Sie? Dann dürfte Sie das Folgende interessieren.
Am vergangenen Wochenende war ich beruflich auf dem Bundesparteitag der Grünen. Die Laune war prächtig, so weit Grüne sich so etwas erlauben. Die Antragsteller sorgten sich um "CO2-neutrale" Sportveranstaltungen und Friedenschancen im Nahen Osten. Und die Delegierten schickten auf eine Übertragungsweise, die nur sie verstehen, klatschend "solidarische Grüße" von Freiburg zu einer Demonstration in Berlin.
Dann trat Renate Künast ans Rednerpult und polterte routiniert. Die Entscheidung der CSU, in den eigenen Funktionärsreihen eine Frauenquote einzuführen, kommentierte sie so: "Uns reicht nicht, dass Horst Seehofer sich entschieden hat, sich mit noch mehr jungen Frauen zu umgeben." Applaus und Ho-ho-ho-Lachen. Gemeint ist nicht ein Hoch auf Ho Chi Minh. Sondern der Laut, den Menschen äußern, wenn sie finden, jemand traue sich da aber mal was, das nicht so nett ist, aber richtig.
Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.
Dazu muss man wissen, dass der bayerische Ministerpräsident eine Beziehung neben seiner Ehe hatte. Die Bild-Zeitung brachte Geschichten, Seehofers sogenannte Geliebte ein Kind zur Welt. Künast schien diese Verletzung des Ehesakraments auch nach Jahren skandalös zu finden. Zumindest nutzte sie sie für politische Zwecke.
Gerne hätte ich Künast beiseite genommen und ihr eine geänderte Version des alten Kinderliedes ins Ohr gesungen: Heile, heile Gänsje, es is bald wieder gut. Et Kätzje hat e Schwänzje, und Seehofers erotische Interessen gehen dich gar nichts an. Heile, heile Mausespeck, Frauen, die sich in Seehofers Nähe aufhalten wollen, sind selbst verantwortlich für ihren schlechten Geschmack.
Ich unterließ das Ständchen, denn es reimte sich nicht. Außerdem war ich damit beschäftigt, weitere Merkwürdigkeiten zu notieren. Ein Delegierter machte seinem Abscheu gegen politische Kungelrunden Luft, indem er von Entscheidungen in "Männer-Hinterzimmern" sprach.
"Männer", vermutete ich, ist unter Linken also ein Schimpfwort. Die taz titelte im August: "Alte Männer für Atomkraft". Es ging um Folgendes: 40 "ältere Männer", Manager und Politiker, hatten sich in Anzeigen für den Weiterbetrieb deutscher AKW ausgesprochen. So so: Es ist also irgendwie "evil" oder "super bad", ein Mann zu sein. Wenn diese Person auch noch vor recht langer Zeit geboren worden ist, wird diese Nachricht Titelzeilen-tauglich. Ich hingegen fand diesen Umstand ungefähr so aufregend wie die ICE-Durchsage, soeben sei der mobile Brezelverkäufer zugestiegen.
Vielleicht macht die Deutsche Bahn ja etwas falsch. Sie könnte weit mehr Aufmerksamkeit für ihre Mitarbeiter erreichen, wenn sie anders für sie würbe: "Soeben ist ein älterer, heterosexueller Mann zugestiegen, der bayerische Teigwaren verkauft. Vielleicht handelt es sich sogar um Horst Seehofer. Wir schicken Ihnen solidarische Grüße."
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