piwik no script img

Kolumne MännerWarum Männer ermatten

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Was denken Männer nach dem Sex? Das wollen Sie gar nicht wissen.

M anchmal habe ich Sex. Darüber freue ich mich dann sehr. Diese Begeisterung ist unabhängig davon, ob ich in einer Beziehung bin oder nicht. Oder davon, wie genau die charmanten Handgreiflichkeiten aussehen. Dazu amüsiert es Männer viel zu sehr, dass sie überhaupt mitmachen dürfen. Die Formel vom "schlechten Sex" hat bestimmt kein Kerl erfunden. Sie nehmen es wie echte Amateure: Dabei sein ist alles.

Direkt nach dem Sex aber sind sie nicht mehr recht bei der Sache. Frauen kennen das. Noch immer wabert das Klischee vom stoffeligen Typen durch Frauenzeitschriften, der den berechtigten Wunsch nach "Nachspiel" ignoriere. Dabei könnte Frauen klar sein, dass schon das Wort "Nachspiel" abschreckt.

Im Rahmen einer US-Studie, berichtet das Fachmagazin Glamour, sollten College-Studenten entscheiden, was ihnen am wichtigsten beim Sex ist: Vor-, Nachspiel oder eigentlicher Akt? Frauen votierten mehrheitlich fürs Vor- und Nachspiel. Kein einziger Mann wählte das Nachspiel.

Bild: taz

Matthis Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.

Die maskuline Ermattung hat klar benennbare physiologische Gründe: Männer haben im Schnitt mehr Muskelmasse als Frauen, weshalb sie Sex stärker anstrengt. Die Strapaze jagt den Blutzuckerspiegel in den Keller. Zudem sorgen Hormone wie Proctalin für einen Zustand, den Männer sonst nicht kennen: vollständige, selige Zufriedenheit. Für etwa fünf Minuten.

Diese kurze Zeitspanne kann also eine Antwort auf die Frage geben: Woran denken Männer, wenn sie glücklich sind? Als guter Journalist war ich mir nicht zu schade, bei Gelegenheit selbst zu recherchieren. Meine Notizen lauten folgendermaßen:

Erste Minute: "Jeppah! Puh. Ah, auf den Rücken legen, sehr gut. Durchatmen. Erst mal alle Glieder, so weit möglich, von mir strecken. Pfffrrpffff: ,Glieder'. Ich mag plumpe Wortwitze. Zum Glück kriegt das keiner mit."

Zweite Minute: "Mein linker Fuß ist kalt, unter die Decke damit. Noch mal durchatmen. Ich muss einen Weg finden, meine Steuererklärungssoftware-CD auf mein Netbook zu übertragen, das hat ja kein CD-Laufwerk. Warum denke ich an so was?"

Dritte Minute: "Ich brauche ein neues Fahrrad, das alte ist viel zu klein und eh kaputt. Habe ich Mundgeruch? Warum ist das wichtig? Ach so, da liegt ja noch ein netter Mensch neben mir. Na, wo warst du denn die vergangenen drei Minuten?"

Vierte Minute: "Die Nackenschmerzen, die ich den ganzen Tag hatte, sind futsch. Marvin Gaye soll vorm Schreiben einer seiner Platten ja etliche Male masturbiert haben, damit nicht schon wieder Sexsongs rauskommen. War es ,Whats going on?', sein Anti-Vietnamkriegs-Epos? Mensch, Sex ist echt ne praktische Sache: gut gegen Krieg und Nackenschmerzen."

Fünfte Minute: "Vielleicht kann man mit Sex ja Geld verdienen. Die Idee ist nicht so originell, wie du gerade denkst, mein Freund. Wo war ich? Ah, ja: Sex! Wann gibts wieder welchen?"

Das Ergebnis meiner Recherche lässt mich ernüchtert zurück: Männer sind glücklich, wenn sie nicht an Sex denken. Glückseligkeit aber ist, genauer betrachtet, ziemlich langweilig. Zum Glück habe ich nur manchmal Sex.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

16 Kommentare

 / 
  • H
    heisseherdplatt

    ....ich m 62.... das jucken dauert doch nur 10 sekunden und dafür vorher so viel Aufwand treiben...ich habe viele unnütze Kalorien verbraucht.. im Alter wird man "schlauer"

  • V
    vocivoci

    Wie verhielt sich denn die/der Mitspielende nach seinem (!) Höhepunkt: nachspielsuchend, -führend? In welcher Reihenfolge sind beide 'gekommen'? War das Duett gleichberechtigt nach Kraftaufwand, oder war bloß der Autor klassisch Rammler?

    So könnte man evtl. die 'Ruhe danach' für jemanden berechtigen ;)

    .

    Der eigentliche Akt wird heimlich immer noch nach altweiberlichem Gezieme dem Manne überlassen. Vor- und Nachspiel bleiben so der Frauen Spielfeld.

    Sie 'genießt' doch lieber, sagt sie anonym in Umfragen, und ist doch vllt nur immer noch gebunden an der ansonsten äußerlich getragenen scheinbar 'feinen Fassade' anerzogenen Frauenbildes geschlechtlicher Zurückhaltung, von Dämlichkeit.

    .

    Es gibt solche und solche. Und manchmal auch andersrum.^^

  • S
    suswe

    Und ich armes Teil dachte immer, das Nachspiel nach dem Sex kommt erst beim Artzbesuch... oder am Arbeitsbeginn nach der Betriebsfeier...

    Warum fällt mir jetzt ein, dass im Görlitzer Park letzten Sommer eine Band das Lied "Kein Sex ohne Psychokacke" gespielt hat?

  • DP
    Daniel Preissler

    @"Anonyma"

    unter diesem Pseudonym etwas zum Thema Sex zum Besten zu geben, finde ich ziemlich pietätlos.

  • H
    Hausmann

    Abgesehen von dem eigentlichen Inhalt werden hier leider die Hausmänner diffamiert. Bitte im Zuge der Gleichberechtigung in der Auflistung auch diese Randgruppe nicht vergessen...

  • W
    Waage

    Hi hi, der Lohre - der is noch jung - der traut sich was!

     

    Ich glaub auch gar nicht, dass der Matthias so selten Sex hat, kommt ihm höchstens so vor.

     

    Wenn man älter ist sieht die Sache anders aus, da muss man schon aufpassen, dass man sich nicht allzu blöde anstellt, sonst gibts so schnell kein nächstes Mal!

     

    Apropos Vor- und Nachspiel:

     

    Das "Drumherumm" wird im Alter auch wichtiger, da heißt es auch mal die Spülmaschine auszuräumen auch wenn man grade nicht dran ist. Seiner Frau freudenstrahlend zur Haustür entgegenkommen und ihr dann die Einkäufe hochtragen.

     

    Und ganz wichtig: möglichst nichts (leere Joghurtbecher, halbvolle Kaffetassen, auseinandergerissene Wochenendausgaben der taz oder Zeit) hinter sich liegenlassen!!!

     

    Und der Superbonus: unerwartet Badezimmer schruppen (incl. Duschwände und Armaturen entkalken) oder selber Winterreifen wechseln!

     

    Was fehlt noch? - ach ja: ab und zu mal Wäsche hängen und Einzelsocken jagen...

  • Z
    Zuckerschnute

    Danke @Anonyma, mir lag das Gleiche auf der Zunge. Nur das "viele" hätte ich weg gelassen...

    Der Autor reproduziert hier Klischees - und ist offenbar selbst eins.

  • SI
    So ist das!

    DANKE!

     

    Und richtig gut wird es, wenn man es schafft, danach auch die Steuer-CD, Marvin Gaye und das Fahrrad zu verdrängen und sich in budhistische Selbstversenkung zu begeben.

    Und die mit Abstand besten Frauen sind die, die das auch können. Mit denen ist auch der Teil vor der Versenkung der Beste! Warum das so ist, könnte ich auch noch ausführen, aber schließlich sind Sie es, der für so was bezahlt wird, also ran!

  • G
    grunz

    Alter was mit dir los?

    trink maln bier und komm runter, is ja echt postcoital wie du drauf bist..... grrrrr

  • K
    Krampe

    Ich kann die Mär vom angeblich immer guten Sex für Männer nicht mehr hören - wie oft haben das die Weiblein als fadenscheinige Antwort beim Qualitätscheck angegeben!

    Richtiger ist eher: Aus Angst vorm Nichtmitmachendürfen wagen viele Männer gar nicht erst, fehlende Güte einzuklagen und schützen sich in vorauseilende Beteuerungen wie die, dass der Sex eben immer gut ist solange er stattfindet.

  • A
    Anonyma

    Komisch, ich hatte schon oft Sex mit Männern, die danach durchaus in der Lage waren, Nähe zuzulassen oder auf meine noch nicht erfüllten sexuellen Bedürfnisse einzugehen. Vielleicht sollten sie noch etwas üben, Herr Lohre, nach dem Artikel zu urteilen scheinen Sie auf dem sexuellen Erfahrungsstand eines 16jährigen zu sein. Wenn sie es selbst besser können, werden Sie dann auch den Unterschied zwischen gutem und schlechtem Sex einschätzen lernen ;)

  • V
    vic

    Was denkt Mann nach dem Sex.

    Tja, weiß nicht. Ist schon so lange her...

  • M
    meier

    Es fehlt schlicht die Resonanz, die eine Beschäftigung mit der Partnerin weiterführen könnte. Da ist nichts (oder nur in seltenen Fällen) auch als lost Penus Syndrom bekannt.

    Ich glaube das Ergebnis ist unbewusste Enttäuschung, die während des Aktes von der Erregung überdeckt wird.

    Mein Dank gilt den Frauen die einen Resonanzkörper abbilden.

  • EF
    Eine Frau

    Danke schön, Mann. Gut zu wissen so zwecks stabiler Beziehungen. Bis zur nächsten Kolumne, eine Frau.

  • O
    oranier

    A so an Schmarren a so an damischer! Da lobe ich mir doch die Journalisten, die sich nicht selber in ihrem Artikeln für gut erklären, sondern das Urteil den mündigen Lesern überlassen. Und die überdies die Finger von so einem abgefgriffenen Thema lassen, es stattdessen den ebenfalls abgegriffenen trivialen Frauenzeitschriften überlassen.

     

    Als Satire taugt der Artikel nichts, dafür kommt er zu ernsthaft daher und gänzlich ohne Witz aus, als ernsthafter Artikel taugt er nichts, dafür ist er zu generalisierend und der Schreiber zu selbstgewiss. Männer sind wie andere Menschen auch, nämlich unterschiedlich, und wo ihr Verhalten und ihre Reaktionen nichts als eine biologische Funktion wären, wären solche Artikel so überflüssig und so peinlich wie Artikel über das Rülpsen nach dem Essen.

  • J
    John

    "Zudem sorgen Hormone wie Proctalin für einen Zustand, den Männer sonst nicht kennen"

     

    Was für ein Hormon soll das denn sein?

    Ich hoffe, Herr Lohre hat nicht bei der BZ (http://tinyurl.com/6nbteho) oder bei shortnews (http://tinyurl.com/6tn7ca5) abgeschrieben. Bitte um Quelle für dieses Wortgebilde ;)

     

    Was hier gemeint ist, ist wohl "Prolaktin" (http://tinyurl.com/8286uy5), dass aber wohl weniger für das Hochgefühl, als für die "postkoitale Müdigkeit" verantwortlich ist...