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Kolumne MännerDer Jasager

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Warum schrumpfen viele Männer bei ihrer Hochzeit zum bloßen Accessoire?

W arum sollte ein Mann heiraten? Die Sache wird einem Herren wie mir – der Gerüchten, er habe einen Hang zur Eitelkeit, nicht harsch widerspricht – ja nicht gerade schmackhaft gemacht.

Unbedarfte Beobachter könnten auf die Idee kommen: Eine Hochzeit ist eine Art Firmung oder Konfirmation für erwachsene Frauen. Fast ausschließlich geht es um vermeintliche oder tatsächliche Wünsche von Frauen. Vom Drumherum lebt eine ganze Industrie: Konditoreien, „Romantische Komödien“ und Magazine wie Freundin Wedding und Hochzeitsplaner (plus Extraheft „Brautsträuße“). Ein Extraheft „Bräutigam“ ist mir nicht bekannt. Wozu braucht man den, wenn Hochzeitsplaner.de verspricht, es sei „The Bride’s Best Friend“?

In Kinofilmen taucht der Bräutigam zumeist als Zerrbild der Karikatur eines Mannes auf: Er ist ein Schussel, der durch seine unbedachten Taten den schönsten Tag seiner überraschend resoluten Liebsten zu ruinieren droht. Am Ende geht natürlich alles gut: Der Bräutigam schafft es, wie bei „Hangover I“ und dem baugleichen „Hangover II“, nach vielen Katastrophen gerade noch rechtzeitig vor den Altar, wo die erzürnte Braut ihrem großen Jungen noch mal vergibt. Konsequent geht die charmante Komödie „Brautalarm“ noch einen Schritt weiter: Der Bräutigam spielt in der Geschichte einer Frauenclique im Hochzeitsstress gar keine Rolle. Den stummen Part übernimmt ein Statist, der aussieht wie das Michelin-Männchen, nur nicht so menschlich.

Bild: privat
Matthias Lohre

ist Reporter der taz und sieht in seinem Smoking umwerfend aus.

Aus irgendeinem Grund gilt die Eheschließung also vor allem als großer Tag der Gattin. Stets wird ihr Kleid pflichtgemäß für „umwerfend“ befunden und wider besseres Wissen behauptet, die darin befindliche Frau sei „wunderschön“. Der Job des Bräutigams besteht darin, farblich zum Brautkleid zu passen.

Woran liegt das? Sind Hollywoodfilme schuld, die uns einbläuen, eine Eheschließung habe gefälligst „der schönste Tag des Lebens“ zu sein? Findet denn niemand, dass das nach einer Drohung klingt? Wer sollte sich auf einen Tag freuen, nach dem es, sofern alles klappt, nur noch bergab geht?

Eine unrepräsentative Umfrage zum Thema „Männer & Hochzeiten“ unter meinen Facebook-Kumpanen ergab: Nur Frauen interessiert diese Frage. Eine dieser koedukativ erzogenen Frauen mit Universitätsabschluss beschied mir: Der Mann habe zu kapieren, dass die Hochzeit „ihr Tag“ sei, nicht seiner. „Und in der Ehe ist ja eh klar, wer der Chef ist, wie am Hochzeitstag selbst auch“, schrieb sie ohne messbare Ironie. „Ist wie im Berufsleben: Ja-Sager kommen weiter.“

Wer fände einen Mann sympathisch, der von sich behauptet, er sei der „Chef“ in seiner Ehe und wünsche sich eine „Jasagerin“ als Partnerin? Erstaunlich, dass manche Frauen Emanzipation verwechseln mit der demonstrativen Vereinnahmung der schlechtesten, Männern zugeschriebenen Eigenschaften.

Trotzdem gehe ich gern auf Hochzeiten. Schließlich sehe ich in meinem Smoking, der stets auch farblich zum wunderschönen Brautkleid passt, umwerfend aus.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

10 Kommentare

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  • K
    Kluchscheißer

    Es zeigt sich mal wieder, dass die Schwuppen die besser emanzipierten Männer sind. Als mein Man und ich, na gut nicht geheiratet, sondern VERPARTNERT haben, war es jedenfalls UNSER Tag. Und nicht seiner oder meiner.

  • 3
    37Jahre_verheiratet(m)

    Worum geht`s? Egal. Weiter so.

  • 3
    38Jahre_verheiratet

    Sehr geehrter Herr Lohre, sollte es nicht richtigerweise heißen "wider besseren Wissens"? - ansonsten sehr gut beobachtet, mit Hintersinn, Witz und Leichtigkeit geschrieben. Schade, dass so viele Männer (in den Kommentaren) keinen Humor haben und dadurch den Ernst, der im Artikel steckt, moralinsauer kaputtpredigen. Gruß an Sie Herr Lohre + weiter so

  • EU
    einmal und nie wieder

    kann ich voll aus eigener Erfahrung bestätigen.

     

    Praktischerweise wurde die Hochzeit voll vom damaligen Schwiegervater finanziert.

     

    Nach der Scheidung inkl. voller Entsorgung als Vater und nach einem sechsstelligen Aderlass für Anwalts-, Gerichtskosten und dauerhaften Zahlungsverpflichtungen für Unterhalt für die Ex und die Kinderschar, bin ich von weiteren Eheschliessungen und Kinderzeugungen auf Dauer geheilt.

     

    Dumm ist nur der, der aus seinen Fehlern nicht lernt..

  • J
    Jassyka

    Warum ein Mann heiraten sollte?

    Um steuerlich besser dazustehen natürlich.

    Das wäre übrigens auch der einzige Grund, wieso ich als Frau mit überaus gesundem Einkommen einen Mann heiraten würde. Wenn er dann noch gut saubermachen und kochen könnte, hätte sich die Angelegenheit mit der teuren Haushaltshilfe auch erledigt.

  • G
    Goofos

    Herr Lohre, wie Sie schon treffend schreiben, nach der Hochzeit gehts eigentlich nur noch bergab. Zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit für den Mann. Der Fehler liegt darin den letzten Tag der Frau zu überlassen. Stattdessen sollte man sich gerade als Mann diesen allerletzten Tag in Freiheit an sich reißen und daraus _seine_ Hochzeit machen.

  • CJ
    Carl Jung

    Hervorragender Artikel!

     

    Das Problem: Die moderne Frau möchte Hochzeit feiern, möchte aber keine Ehefrau sein.

     

    Sie möchte einen dominanten Mann, der sich dann aber in der Ehe wie ein Pudel verhält.

     

    Sie möchte einen Mann mit großem Einkommen, der aber viel Zeit hat, sie im Haushalt zu entlasten.

     

    Der moderne Mann ist gut beraten, die moderne Frau nicht zu heiraten.

     

    Carl Jung

  • ND
    Na danke ;)

    Na danke, und ich feiere nächste Woche meine Hochzeit..

     

    Aber natürlich ist es genau so, wie im Artikel beschrieben: Ich bin "auch dabei", aber sie entschied, welches Restaurant danach dran ist (ich durfte die Tische reservieren), sie entschied, was es Abends zu essen geben wird (ich durfte das Buffet bestellen) und 80% der Gäste werden von ihr eingeladen.

     

    Eigentlich bin ich ihr dankbar, die paar Telefonate habe ich doch gerne geführt.. ;)

  • M
    Michael

    Ich habe auch nichts gegen Hochzeiten.... solange es nicht die Eigene ist.

     

    Jetzt mal ernsthaft: Ob davor, während oder danach, man wird bestenfalls geduldet und zwar nur solange man sich als nützlich erweist.

     

    Why bother?

  • N
    Naja

    Bravo Herr Lohre, Sie bringen es wie so oft in Ihren Kommentaren direkt und ohne Umwege zum Punkt.

    Hinzu kommen noch diese unendlichen vielen männlichen Zeitgenossen die gar nicht tief genug den Weibchen in den Allerwertesten kriechen können.

    Warum ist das so? Warum sagen nicht mehr Männer: "Du mich auch...." und gut ist? Weil er dann ein "Macho" wäre, ein weibliches Pendant zum Macho gilt als selbstbewusst und zielstrebig und wird eben nicht abgewertet, im Gegenteil, diese Frauen gelten als "Powerfrauen".

    Gruß,

    und bitte bleiben Sie weiter dran, Herr Lohre...