Kolumne Macht: Hollywoods Rechtsradikale

Hoover, Thatcher – folgt demnächst ein Heldenepos über den gemeingefährlichen Republikaner Rick Santorum?

Großartige Schauspielerin, fabelhafte Maske, alles wahr, alles richtig. Und trotzdem kann ich den Wunsch immer schwerer bezwingen, aufzustehen und Margaret Thatcher ihrem schweren Schicksal zu überlassen. Die Luft im Kino ist schwül, es wäre schön, draußen durchzuatmen.

Dabei mag ich Meryl Streep, die Hauptdarstellerin des Films. Ich mag auch Leonardo di Caprio, und er hat den FBI-Gründer J. Edgar Hoover sehr eindrucksvoll gegeben. Aber die politische Weichzeichnung von beinharten Reaktionären und den Versuch, sie dem Publikum menschlich näherzubringen, halte ich nur in kleinen Dosen aus.

Hollywood hatte stets ein sehr präzises Gespür für den Zeitgeist. So albern und beliebig einzelne Filme auch sein mögen: Die Gesamtheit der Produktionen einer jeweiligen Ära bildet das politische Klima der Zeit ab. Mainstream ist ja nicht zufällig Mainstream, sondern deshalb, weil ein großer Teil des Publikums seine Wünsche, seine Ängste, seine Hoffnungen darin wiederfindet. Angesichts dieser Erkenntnis kann einem angst und bange werden.

Die Regisseurin des Films „The Iron Lady“ behauptet, der ehemaligen britischen Premierministerin Thatcher kritisch gegenüberzustehen. Das hat sie geschickt verborgen. Die Botschaft ist unmissverständlich: In wirtschaftlich schweren Zeiten sind harte soziale Einschnitte unumgänglich, nur Kleingeister und Egoisten stellen sich dem in den Weg. Was gebraucht wird, sind Visionen. Die Griechen werden begeistert sein.

J. Edgar Hoover, dessen Verfolgung politisch Andersdenkender den Rechtsstaat in seinem Kern bedrohte, war eigentlich auch ein ganz netter Kerl. Er hatte es halt schwer im Leben, vor allem wegen seiner Homosexualität. Und dass man nicht zimperlich sein darf, wenn man Terroristen bekämpft, muss nun wirklich jedem einleuchten. Oder?

Beide Filme, sowohl der über Thatcher als auch der über Hoover, füllen in Deutschland die Kinos. Die Vorwahlen der Republikaner in den USA stoßen hingegen bisher nur auf mäßiges Interesse. Der Zweikampf eines mormonischen Multimillionärs gegen einen gemeingefährlichen Rechtsradikalen ist nicht so sexy wie der zwischen einer weißen Frau und einem schwarzen Mann. Zugegeben. Aber er kann viel dramatischere Folgen haben.

Es gibt gute Gründe, von Barack Obama enttäuscht zu sein. Es gibt gute Gründe, Erleichterung darüber zu empfinden, dass Hillary Clinton nicht Präsidentin der USA geworden ist. Aber beide sind zumindest etwas: nämlich halbwegs berechenbar. Es ist zu bezweifeln, dass dies auch für Rick Santorum gilt.

Der Mann sieht in Muslimen grundsätzlich Feinde der Demokratie, er hält Maßnahmen gegen den Klimawandel für Teil einer linken Verschwörung, er kritisierte die Verurteilung eines tödlichen Bombenanschlags auf einen iranischen Nuklearwissenschaftler durch die Regierung Obama und meinte, man hätte zu dem Vorfall besser schweigen sollen. Um nur einige seiner kruden Stellungnahmen zu zitieren.

Noch ist es unwahrscheinlich, dass Santorum der nächste Präsident der USA sein wird. Aber es ist nicht mehr so unwahrscheinlich wie noch zu Jahresbeginn. Und, bei Gott, der christliche Fundamentalist hat Visionen. Jede Menge. Ist also echtes Material für einen Blockbuster der Zukunft. Ich fange an, mich vor Hollywood zu fürchten.

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Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

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