piwik no script img

Kolumne LustobjekteDas Tassenorakel

Wer Süßstoff in den Kaffee kippt, ist faul und eitel. Schwarztrinker hingegen sind konsequente Puristen. Wie ich.

W enn man einen Menschen kennen lernt, möchte man gemeinhin so viel wie möglich über ihn wissen, und das in kurzer Zeit. Zu diesem Zweck kann man verschiedene Maßnahmen ergreifen. Erstens: die Bekanntschaft googeln. Zweitens: anhand des ergoogelten Geburtsdatums das Sternzeichen ermitteln und analysieren. Drittens: genau hinschauen, wie besagte Person ihren Kaffee trinkt.

Meine Freundin Nora hat letzte Woche mit einem Süßstoffmann angebandelt. Das machte ihr zu schaffen, denn Nora trinkt ihren Kaffee schwarz. Sie schrieb ihm eine SMS und bat um Aufklärung. Seine Antwort: "Die nächste Bikinisaison kommt bestimmt und ich muss weniger spülen." Etwas ratlos dachten wir über diesen Satz nach.

Dann sagte ich: "Ein Mann, der beim Kaffeetrinken auf seine Figur achtet, ist offenkundig eitel. Und wer das Wort Bikinisaison verwendet, zupft sich auch die Augenbrauen. Brrr." Nora sah das anders: Von seinem gestählten Körper habe sie schließlich auch etwas, und dass er keine Löffel spülen wolle, zeige nur, dass er haushalten kann. "Eine wirklich gute Eigenschaft."

Wenn man jemanden nach seinen Trinkvorlieben analysiert, ist es wie bei allen anderen orakelhaften Methoden auch: Jeder interpretiert hinein, was er will. Nehmen wir meine Freundin Martha. Sie trinkt ihren Kaffee folgendermaßen: ein Drittel Kaffee, zwei Drittel Milch, natürlich geschäumt und auf gar keinen Fall darf sie kochen. Schwierig im Umgang, konservativ in der Struktur. Wie Martha.

Bild: privat
FRANZISKA SEYBOLDT

ist Redakteurin im Onlineressort der taz.

Vor ein paar Tagen kam sie wieder einmal zu Besuch. Als ich gerade mit einem Topf Milch hantierte und währenddessen die Kaffeepadmaschine anwarf, stieß Martha einen Schrei aus. "Ich trinke keinen Kaffee, das weißt du doch! Nur Espresso." Nun ist meine Espressokanne schon seit Monaten kaputt. Martha war seither oft bei mir gewesen und hatte Kaffee getrunken. Ohne es zu merken. Martha schwieg. Es war kein angenehmes Schweigen. Ich musste an Abraham Lincoln denken, der einmal gesagt hatte: "Sollte dies Kaffee sein, bringen Sie mir bitte Tee. Sollte dies Tee sein, bringen Sie mir bitte Kaffee."

Während ich liebevoll die Kekse drapierte, äußerte ich meine Theorie: Menschen, die ihren Kaffee schwarz trinken, sind unkompliziert. Wie ich. Puristen, die sich ausschließlich auf das Wesentliche konzentrieren, keine Schaumschläger. Martha verschluckte sich vor Lachen an ihrem Milchschaum. "Du bildest dir doch nur ein, dass du eine Laktoseintoleranz hast", sagte sie nicht ohne Häme. "Von wegen unkompliziert."

Mag sein, dass es empfindlich wirkt, wenn man seinen Gast vor die Tür setzt. Eigentlich ist es aber nur konsequent. Eine weitere wunderbare Eigenschaft von Menschen, die ihren Kaffee schwarz trinken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz am wochenende
Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • JP
    Jean-Luc Picard

    Du meinst so richtig schön heißer leckerer schwarzer Kaffee? Ja astrein Junge.

  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    Schwarztrinker sind Schwarzfahrer und verwalten Schwarzkassen, sind zudem Schwarzseher und bevorzugen schwarze Kleidung, aber dennoch ist der Blick eines Schwarztrinkers getrübt so als wäre ein Schuss Milch in die Tasse schwarzen Kaffees gelangt.

     

    Bei Kaffee-Pat TrinkerInnen, sehe sogar ich Schwarz für die Umwelt-Sau und Zusatz Müll ProduzentInnen und Euronen-Konsum-SchleuderInnen.

    Obwohl ich Kaffee-Ole bevorzuge deren Milch von einer Öko_Kuh entstammt und bei einem Öko-Bauer vor Ort bezogen wird der sich aber wiederum Schwarzärgert weil ich immer um den Preis feilsche. Warum? Weil dieser immerhin Subventionen einer Schwarzen Regierung erhält, gelb mal ganz bewusst außen vor gelassen, weil es Gott sei Dank noch keine GelbtrinkerInnen geben tut, oder doch???

     

    Wenn ja, dann würde ich absolut Schwarz sehen!!!

     

    Aber Gott sei Dank trinke ich meinen Kaffe-Ole,

    der mir ein wenig den Blick für das Kleine Schwarze trübt, damit ich völlig ins Schwarze treffe.

     

    Schwarz, schwärzer, am schwärzesten von allem

    ist Schwarz.

    Und Schwarz ist die Abwesenheit von WEIß WASch ICH NICHT NOCH ALLES mit dem Weißen Riesen!!!

     

    Soviel zur Inhaltsangabe zum Artikelthema!!! ;O)

  • H
    holtz

    Wer ist eigentlich Ihr-e 'Gastgeber-in' bei der taz ?;

    Schon mal ausgemurmelt,

    ob die/der den Kaffe noch schwärzer trinkt ?!

    Sollte dies eine Lustobjekte-Kolumne sein,

    bringen sie mir bitte einen Strick.

     

    @ Nick Hauskeller

    Und "wir"(!) betonen: "....-schlag" !

  • W
    Waage

    Wer seinen Kaffe schwarz trinkt zeigt damit, dass er/sie nicht in der Lage ist sich im irdischen Jammertal halbwegs gemütlich einzurichten.

     

    Das Schlimmste ist aber: SchwarztrinkerInnen sind ebenfalls oft nicht in der Lage, spontanen Gästen Milch für ihren Kaffe anzubieten.

     

    Weiterhin ist mir aufgefallen, dass SchwarztrinkerInnen nur selten Versuche unternehmen ihren Kaffee heiß zu brühen oder warm zu halten z.B. durch zuvor heiß ausgespülte Thermoskannen.

    Meist stellt SchwarztrinkerIn die Glaskanne von einer Billigkaffemaschine direkt auf den Tisch wo der Kaffee sich dann weiter abkühlt und dann lauwarm bis kalt getrunken wird.

     

    Dazu wird dann geraucht.

     

    Schwarztrinken ist für mich daher das genaue Gegenteil von "savoir vivre" und belastet die Beziehung zu meinem besten alten Freund bereits seit über 20 Jahren.

  • H
    heidi

    süß - mehr aber nicht.

  • NH
    Nick Hauskeller

    Ein Hoch auf alle Schwarztrinker, wie mich. Wir sind schon ein toller Menschenschlag.