Kolumne Leipziger Vielerlei: Juristischer Fatalismus
Durch die Woche in Leipzig mit Legida beim Angeln, Unister vor Gericht und einem Anwalt, den man sich nicht aussuchen kann.
M ieser Geburtstag. Anlässlich des zweiten Jahrestages hat Legida am Montagabend verkündet, dass die monatlichen Versammlungen in der Stadt ab sofort eingestellt werden. Angesichts der allgemeinen Terrorgefahr müsse man nun an die ohnehin belasteten Polizeikräfte denken. Die sollen wieder mehr Zeit für ihre Familien haben.
Doch auch für Legida-Mitorganisator Arndt Hohnstädter bedeutet dieses Ende wieder mehr Freiraum für andere Hobbys: Angeln gehen an der Pleiße, Tauben füttern, einen Hundewelpen adoptieren, sein Job als Anwalt.
Verschiedene NPD-Kader standen bereits bei Arndt Hohnstädter auf der Mandantenliste. Seit Kurzem vertritt er außerdem einen der drei Exmanager des Online-Reisevermittlers Unister und der dazugehörenden Tochterfirma Travel24. Am Mittwoch war Prozessauftakt am Leipziger Landgericht. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft den Männern Betrug, Steuerhinterziehung und unerlaubtes Betreiben von Reiserücktrittsversicherungen vor.
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de
Für ein normales Unternehmen wäre das bereits verwerflich genug. Weil bei Unister aber alle Vergehen Hollywooddimensionen haben müssen, reicht das selbstverständlich noch lange nicht. Eine Recherche der Zeit und der Sächsischen Zeitung aus dem letzten Sommer legt nahe, dass der nun angeklagte Unister-Mitbegründer und Exfinanzchef Daniel Kirchhof gute Beziehungen zum rechtsextremen Reinhard Rade pflegte.
Wie eng diese Beziehungen tatsächlich waren, konnte nie eindeutig nachgewiesen werden. Vielleicht war alles nur ein Zufall, eine Freundschaft gewachsen aus Unwissenheit. Kirchhof beschreibt sich selbst als neutral. Warum er jetzt ausgerechnet von Arndt Hohnstädter vertreten werde? Der sei nun mal sein Pflichtverteidiger. Einen teureren Anwalt könne er sich nicht leisten. Politisch habe er mit seinem Verteidiger nichts gemeinsam. Manchmal kann man es sich halt einfach nicht aussuchen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es missverständlich, Rechtsanwalt Arndt Hohnstädter habe drei Exmanager des Online-Reisevermittlers Unister und der dazugehörenden Tochterfirma Travel24 vertreten. Pardon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag