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Kolumne LandmännerAuf den Hund gekommen

Da ringt man jahrelang um die Homoehe - und am Ende wollen alle doch bloß eine Hundesteuermarke haben...

E s gibt Menschen, die sagen, der Grand Prix sei in Deutschland seit Lena eine heterosexuelle Veranstaltung. Ich kann aber zunächst nur erklären, warum mein Mann und ich einer eigentlich rein homosexuellen Eurovisions-Public-Viewing-Party in Berlin fernblieben: Der Gastgeber hatte die Veranstaltung kurzfristig abgesagt, weil sein gerade angeschaffter Hund mit so vielen Gästen überfordert gewesen wäre. Den Hund wiederum hat er sich bloß angeschafft, weil es mit der künstlichen Insemination bei einem befreundeten lesbischen Paar nun schon zum fünften Mal nicht geklappt hat.

Die Party, an der wir nicht teilnahmen, wurde nun wegen des jungen Hundes in einen heterosexuellen Kontext verlegt, was zu ungeahnten Konflikten führte: Die Hetero-Typen auf der Grand-Prix-Party führten sich laut Auskunft unserer Freunde schlimmer auf, als es beim WM-Public-Viewing erlaubt ist, und pöbelten vereinzelt ausgelassen tanzende Homos an, die daraufhin die Party frühzeitig verließen - und das in Berlin-Mitte.

Die vergraulten Homos gingen danach in eine kleine schwule Kellerbar in dem eben genannten Stadtteil, um unter sich zu sein. Was aber nicht möglich war, weil überall überdimensionierte Hunde herumstanden oder lagen. Es ist alles ein Durcheinander und niemand weiß mehr so richtig, wo sein Platz ist.

Bild: taz

Martin Reichert ist Redakteur der sonntaz.

In meiner Zeitung zum Beispiel schreiben nun die Heteros raumgreifend über den Eurovision-Song-Contest, während die WM-taz von einem Homo verantwortet wird. Eine Zunahme von Hunden in der Redaktion konnte ich jedoch bislang nicht feststellen.

Das mit der Eurovision hat ja nun bei meinem Mann und mir nicht geklappt, doch Gott sei Dank hat die schwule Saison gerade erst begonnen. Als es aber um einen gemeinsamen Termin für den Besuch des schwul-lesbischen Stadtfestes in Berlin-Schöneberg ging, erhielt ich aus dem Freundeskreis die Ansage, dass man an diesem Wochenende zu Peter fahre, der mit seinem neuen Hund (!) auf dem Lande eine Party gäbe. Mit WM-Public-Viewing. Was kommt denn bitte als Nächstes? Fällt der CSD aus, weil Deutschland gegen Litauen spielt?

Das wäre übertrieben. Eher kommt niemand zum CSD, weil die laut wummernde Musik nichts für empfindliche Hundeohren ist und man auch nicht möchte, dass sich einer der vierbeinigen Gefährten während der Parade einen Glassplitter in die Pfoten läuft. Wenn das so weiter geht, verpassen mein Mann und ich in diesem Jahr sämtliche Großveranstaltungen und verlieren zudem den Anschluss in Fragen zeitgemäßen Tierbesitzes. Das würde bedeuten, das wir einsam auf dem Land hocken und unleidlich unsere Katzen streicheln. Den Heteros gehört der Grand Prix, die Homos gucken stattdessen WM und sind dermaßen auf den Hund gekommen, dass man auf Facebook glaubt, einen Online-Versandhandel für Welpen betreten zu haben.

Man ringt jahrelang um die Homoehe, und am Ende wollen sie bloß eine Hundesteuermarke. Und machen einen größeren Bohei um ihren Hundenachwuchs als drei Spätgebärende aus dem Frühförderungskurs.

Rettend war da nur die Party-Einladung eines Freundes, der als Modeschöpfer arbeitet, einen Papagei hat und sich zum Geburtstag keine Fußballschuhe wünscht, sondern solche aus Krokolederimitat. Das hat etwas Verlässliches.

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10 Kommentare

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  • F
    freidenker

    Also nun mal ganz ruhig,

    was kann ich denn nur schreiben, ohne gleich wieder totale Entrüstung zu provozieren ?

     

    Ihr Homos habt viel erreicht, das ist auch gut so. (Nicht hämisch gemeint). Aber ist es jetzt nicht mal gut ? Mensch muss auch mal mit dem Erreichten zufrieden sein, ohne gleich weiters zu fordern.

     

    Wasw wollt ihr noch mehr ? Erstaunlich, dass ihr auch nur den gleichen Bürgerscheiß leben wollt wie die sogenannten Normalos.

     

    Ich sags nur nochmal: als Homo wäre ich mal etwas vorsichtiger.

     

    Und ich mein damit nicht, dass ihr euch das selbst zuzuschreiben habt. Gewalt und sonstiges in der Richtung ist absolut nicht okay. Ist das jetzt klar?

     

    Und übrigens ich spreche über mein Sexualleben eigentlich nie, weil ich das für eine Privatangelegenheit halte. (Ach so, der ist verklemmt).

     

    Hetero ist keine Lebensart und Homo auch nicht.

     

    @ Pete hier die Antworten

     

    P:warum hast du den artikel denn überhaupt gelesen,

    wenn dich das thema nervt?

     

    F:ich bin vielseitig interessiert.

     

    P:noch eine frage:

    willst du nur schwulen verbieten über sex zu

    schreiben oder auch heten?

     

    F:will ich nicht, wie auch ?(verbieten ist deine

    interpretation)

     

    P:und zu guter letzt:

    warum denkst du, dass es hier jemanden

    interessiert, dass du max goldt schätzt?

     

    F: nur so dazugefügt, um zu zeigen, das ich zuerst

    den menschen sehe. und was weiss ich, ob hier

    jemanden interessiert was ich hier schreibe.

     

    So mehr kommt nicht mehr ohne Konsultation meines Anwaltes.

  • P
    Pete

    @freidenker:

     

    dein nicht beantworten von fragen zeigt bereits alles:

     

    -> keine argumente

     

    aber ein recht einfordern, was du anderen nicht zugestehst indem du schreibst: "für DICH immer noch sie."

  • KF
    Klaus F.

    der "freidenker" bringt hier den aktuellen stand der homophobie auf den punkt: es wird wohl oder übel akzeptiert, dass es schwule und lesben gibt; sobald sie es aber wagen, über ihr leben genauso selbstverständlich zu sprechen wie das heterosexuelle auch tun, ist es mit der akzeptanz aber auch schon wieder vorbei.

     

    der leitspruch scheint hier zu sein: ich hätte nichts gegen homosexuelle, wenn sie nur nicht so furchtbar homosexuell wären.

     

    was heterosexuelle ganz selbstverständlich tun, nämlich einfach über ihr leben sprechen, ihre beziehungen zu leben und zu zeigen, das gilt bei schwulen und lesben immer noch als "provokation". das ist zunächst einmal einfach nur dumm und unreflektiert. unverschämt wird es aber, wenn dabei lesben und schwulen auch noch selber die schuld für homophobobie in die schuhe geschoben wird.

     

    homophobie ist nicht das problem der homosexuellen, sondern das der menschen, die menschliche vielfalt nicht ertragen. und das einzige rezept gegen homophobie ist nicht unsichtbarkeit, sondern das genaue gegenteil.

  • F
    freidenker

    @Dirk

     

    Und gleich ist man ein Nazi, oder was soll das heißen ?

     

    @Pete

     

    Für dich immer noch Sie.

     

    @Gert

     

    Ich finde Leute anpöbeln überhaupt nicht okay.

  • D
    David

    Schöner Artikel, habe sehr gelacht!

     

    Wenn's NICHT nur um den Spaß geht sind GrandPrix und WM m.E. sowieso überbewertet...

     

    P.S. Neulich gelesen: "Wenn alle Hetero sind ist das doch auch irgendwie Homo." Von wem es stammt hab ich mir leider nicht gemerkt.

  • P
    Pete

    @freidenker:

    also dass du homophob bist brauchst du wirklich nicht mit diesem artikel zu begründen.

    warum hast du den artikel denn überhaupt gelesen, wenn dich das thema nervt?

    das thema scheint dich doch irgenwie zu interessieren, sonst hättest du den artikel wohl kaum gelesen.

    oder hast du nur den kommentar drunter geschrieben?

    noch eine frage:

    willst du nur schwulen verbieten über sex zu schreiben oder auch heten?

    und zu guter letzt:

    warum denkst du, dass es hier jemanden interessiert, dass du max goldt schätzt?

  • G
    gert

    @ freidenker

    bezogen auf den einzigen im Artikel erwähnten homophoben Vorfall kann Ihr Statemen ja nur heißen, dass Sie es voll in Ordnung finden, dass Schwule, die grade einfach nur tanzen wollen, angepöbelt und vergrault werden.

    Und damit wollen S.ie wahrscheinlich auch noch ernst genommen werden

  • D
    dirk

    Schön, mal wieder was von den Landmännern zu hören. Ich habe sie schon vemisst.

  • F
    freidenker

    Wundern Sie sich eigentlich über die größer werdende Homophobie ?

     

    Ich kann Ihnen sagen, warum das so ist. Eure Dauerpräsenz nervt. Habt ihr Berufshomos eigentlich noch andere Gedanken, als über eure Sexualität. Ich kann als Hetero nur sagen: man wills nicht dauernd hören, was ihr tut und was sollen diese bescheuerten Paraden mit dem Rumgeplärre auf die Art "Seht her wir sind schwul".

     

    Ja wir wissen das es euch gibt, aber wir wollens nicht dauernd hören !!!

     

    Anfang der 90er hat sich übrigens mal ein Max Goldt über dieses Berufshomogetue in der Titanic beschwert.

     

    Den schätze ich übrigens sehr.

  • A
    Angelika

    Moin, aus Hamburg.

    Die Ironie ist mir schon klar in der Geschichte.

    Ich find es eher traurig, dass die Sehnsucht nach einem Kind in dem Besitz eines Hundes mündet.

    Zumal es eine Menge Kinder gibt die gern eine Familie hätten.

    Beste Grüße

    Angelika